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Teilnehmer einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen am 28. November 2020 in Frankfurt (Oder). 

© Patrick Pleul/dpa

Maskenpflicht bei Anti-Corona-Demos: Polizei und Gesundheitsämter prüfen fragwürdige Atteste

Die SPD fordert strengere Auflagen bei Anti-Corona-Demos. Doch CDU-Innenminister Michael Stübgen verteidigt das Vorgehen der Polizei.

Potsdam - Für den Bürger, der sich an die Corona-Vorgaben halte, seien die Bilder von Demonstrationen gegen die Maßnahmen nicht mehr zu verstehen, meint die SPD-Innenpolitikern Inka Gossmann-Reetz. Während seit Dienstag in Brandenburg für Schüler sogar auf dem Pausenhof Maskenpflicht gilt, das Tragen von Mund-Nase-Schutz in öffentlichen Verkehrsmitteln zumindest stichprobenartig kontrolliert wird, machen wie zuletzt vergangenes Wochenende in Frankfurt (Oder) Corona-Skeptiker ihrem Ärger in der Öffentlichkeit zum Teil ohne Maske und ohne Einhaltung der Abstandsregeln Luft. 

„In der Öffentlichkeit darf nicht das Bild entstehen, dass sich Brandenburgs Ordnungskräfte auf der Nase herumtanzen lassen“, sagte die Landtagsabgeordnete am Mittwoch während der wegen der Pandemie komplett ins Internet verlagerten Sitzung des Innenausschusses. „Ein staatlicher Kontrollverlust gefährdet uns alle.“ 

Stübgen weist die Kritik zurück 

Tags zuvor hatte die SPD-Politikerin bereits scharfe Kritik geübt, weil der AfD-Fraktionsvorsitzende Hans-Christoph Berndt am 30. Oktober in Cottbus eine Anti-Corona-Demonstration angemeldet hatte – ohne dass ihm dafür nach Auskunft des Innenministeriums zusätzliche Auflagen erteilt worden sein. Hauptadressat der Kritik: Innenminister und Vize-Ministerpräsident Michael Stübgen (CDU), der gemeinsam mit Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) bei der Vorstellung jeder neuen Eindämmungsverordnung die Gefahr der Pandemie betont – und gleichzeitig für den sicheren Ablauf der Demonstrationen verantwortlich zeichnet. Erst vergangenen Freitag erklärte Stübgen: „Wir haben den rasanten Anstieg zwar gebremst, aber wir bewegen uns auf einem gefährlichen Hochplateau der Infektionen. Es ist unsere Aufgabe, gerade die verletzlichen Bevölkerungsgruppen zu schützen.“ Vor allem diese vulnerable Gruppe, also Ältere und Vorerkrankte, die aus gesundheitlichen Gründen oft keine Maske tragen könnten, müssten bei den Demonstrationen besser geschützt werden, fordert Gossmann-Reetz. 

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Stübgen wies die Vorwürfe am Mittwoch im Ausschuss vehement zurück. „Die Polizei hält sich präzise an geltendes Recht“, so der Innenminister. Die Polizei müsse das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gewährleisten, die Hygieneregeln durchsetzen und dabei stets deeskalierend auftreten. „Diesen schweren Auftrag erfüllt Brandenburgs Polizei seit Anbeginn der Corona-Pandemie stets mit Augenmaß.“ Ein Problem sei in der Tat, dass die Zahl der Demonstranten, die wegen eines Attestes keine Maske tragen, massiv gestiegen sei. Die Polizei lasse sich von Teilnehmer, die keinen Schutz tragen, dieses ärztliche Attest zeigen. „Aber Polizisten sind keine Ärzte“, so Stübgen. Erscheine ein Attest unplausibel oder gefälscht, gehe eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt. Doch diese, das zeigt etwa der Brandbrief der Gesundheitsamtmitarbeiter aus Potsdam, sind schon mit der Nachverfolgung der Kontakte von Corona-Infizierten derzeit am Limit. 

Viele Demo-Touristen auch in Brandenburg 

Auch die von Gossmann-Reetz aufgeworfene Frage, wo die Anti-Corona-Demonstranten denn trotz Beherbergungsverbot übernachten würden, gehe die Polizei nichts an. „Wir sind ein freies Land“, so Stübgen. Bei der Demonstrationen am Wochenende in Frankfurt (Oder) seien aber in der Tat auffällig viele Autos mit Kennzeichen aus Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen gesichtet worden, wo die Querdenker-Szene besonders stark ist. 

Eine Versammlung aufzulösen, sei aus Infektionsgesichtspunkten nicht immer der beste Weg, machte der für Polizeieinsätze zuständige Referatsleiter im Ministerium, Jan Müller, deutlich. Das könne dazu führen, dass die Demonstranten auf zu engem Raum zusammengedrängt wären und dann die Hygieneabstände erst recht nicht mehr eingehalten werden könnten.  „Oft werden Veranstaltungen gerade deswegen nicht aufgelöst, weil sonst ein Risiko für Leib und Leben bestünde“, erklärte auch der CDU-Abgeordnete Björn Lakenmacher, der selbst Polizist ist. Die Polizeiführer vor Ort müssten nach Lage entscheiden. „Das ist kein einfacher Job“, sagte Lakenmacher, der gleichzeitig davor warnte, die Demo-Debatte partei- oder politikgeleitet zu führen. Auch für die Menschen, deren Aussagen man ganz und gar nicht teile, gelte das Versammlungsrecht.

Stohn fordert Begrenzung der Teilnehmerzahl 

Den Verstoß von SPD-Fraktionschef Erik Stohn, die Teilnehmerzahl bei Demos je nach Fläche zu begrenzen, stößt auch bei der oppositionellen Linksfraktion auf Ablehnung. „Der Gedanke ist in keiner Weise mit dem Demonstrationsrecht im Grundgesetz vereinbar“, so Linke-Fraktionschef Sebastian Walter. 

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