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Die frühere CCS-Pilotanlage in Ketzin.

© dpa/Nestor Bachmann

Neue Debatte um umstrittene Technologie : CDU-Chef Redmann fordert Kohlenstoffdioxid-Pipeline durch Brandenburg

In Ostbrandenburg sollte Kohlendioxid unterirdisch gelagert werden. Nach Protesten wurde das Projekt gestoppt. Nun debattiert die Politik erneut über die Technologie.

Die CDU drängt die eigene Kenia-Landesregierung aus SPD, Union und Grünen, für eine Anbindung Brandenburgs an die geplante Kohlendioxid-Pipeline vom Leunaer Chemiedreieck nach Norden zu sorgen. „Es darf nicht passieren, dass diese Leitung an Brandenburg vorbei nur durch Sachsen-Anhalt führt“, warnte CDU-Fraktionschef Jan Redmann am Mittwoch im Landtag.

An die Adresse des SPD-geführten Wirtschaftsministeriums im Land sagte Redmann weiter: „Ich würde mir da ein bisschen mehr Geschwindigkeit wünschen, wie es anderswo in Europa und Deutschland der Fall ist.“ So würden in Sachsen-Anhalt Trassenplanungen längst vorangetrieben, von Leuna über Magdeburg auf kürzestem Wege (428 km) zum Hamburger Hafen. Die Alternative wäre eine 550 Kilometer lange Trasse über Brandenburg – etwa über das Zementwerk Rüdersdorf – zum Rostocker Hafen. Es geht darum, künftig Kohlendioxid künftig zu Lagerstätten etwa in Norwegen zu transportieren.

Umstrittene Technologie

Es gehe um Brandenburgs Zukunft als Industrieland, so Redmann. Die Aktuelle Stunde, Brandenburg „mit CCU/CCS-Technologie - und Infrastruktur zum zukunftssicheren Industrieland“ zu machen, hatte die Union beantragt. Redmann warb erneut eindringlich für die umstrittene Technologie (Carbon Capture Storage) für die Abscheidung, den Abtransport und die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid, die der Kenia-Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode allerdings strikt ausschließt.

Doch das Thema ist in der CDU schon länger Chefsache. Redmann hat es mit Blick auf die Landtagswahl als Profilierungsthema entdeckt. Er verwies erneut darauf, dass Zementwerke wie in Rüdersdorf, aber auch Stahl- und Chemiebranche mit technisch nicht reduzierbaren Kohlendioxidemissionen nur damit eine Überlebenschance hätten.

Wir brauchen keine Schnellschüsse, aber auch keine Dominanz der Bedenkenträger.

 Helmut Barthel, SPD-Abgeordneter in Brandenburg

Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen hätten anders als Brandenburg längst eine Carbon-Management-Strategie, so Redmann. Er betonte, dass es nicht mehr darum gehe, Kohlendioxid im Land selbst unterirdisch zu lagern. „Das ist vorbei. Kommen wir raus aus den Schützengräben“, sagt er. Für frühere Regierungen im Land war es ein Trauma. In Brandenburg waren unter dem damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) in den Jahren nach der Jahrtausendwende CCS-Projekte vorangetrieben worden, etwa mit einer Pilotanlage in Ketzin, einem Kraftwerksprojekt in der Lausitz, aber auch Plänen für unterirdische Speicher in Ostbrandenburg, wurden dann aber nach massiven Widerständen in der Bevölkerung gestoppt.

Auch vor diesem Hintergrund hatte sich nach ersten CCS-Vorstößen Redmanns Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Ende 2022 skeptisch bis ablehnend geäußert. Nun erinnerten der SPD-Abgeordnete Helmut Barthel und Wirtschaftsstaatssekretär Henrik Fischer zwar an das Veto im Koalitionsvertrag, schlugen aber zugleich offenere Töne an. 15 Jahre nach der damaligen CCS-Debatte müsse die Frage „ergebnissoffen neu diskutiert werden“, sagte Barthel. „Wir brauchen keine Schnellschüsse, aber auch keine Dominanz der Bedenkenträger.“ Für eine unterirdische Speicherung in Deutschland seien bundeseinheitliche Regelungen notwendig.

Fischer hält eine unterirdische Speicherung politisch nicht für durchsetzbar

Fischer machte deutlich, dass er eine unterirdische Speicherung von Kohlendioxid in Brandenburg politisch nach wie vor nicht für durchsetzbar hält. Gleichwohl könne CCS ein Baustein für eine klimaneutrale Industrie sein. In die Diskussion sei Bewegung gekommen. Als Land begleite man das, was auf Bundesebene passiere, sagt Fischer.

Dagegen sprach sich Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter strikt gegen jedweden Neuanlauf aus, CCS in Brandenburg zu verfolgen. Es werde von einer „fossilen Lobby“ betrieben, zu deren Sprecher sich Redmann mache, sei aber keine Lösung, so Walter – und fragte den CDU-Fraktionschef: „Wenn CCS angeblich so sicher ist, warum verpressen Sie es dann nicht in Brandenburg und sparen die Transportkosten?“ Schon für atomare Endlager und Giftmülllagerung in Salzstöcken zahle der Staat Milliarden, was sich mit CCS nicht wiederholen dürfe. Das Geld würde für wirklichen Klimaschutz gebraucht, sagt Walter. Redmann konterte, dass selbst SED-Wirtschaftslenker Günter Mittag technologieoffener gewesen sei, die Linke die Belegschaften in der Zement- oder Chemieindustrie aufgebe.

Für die Grünen schloss der Abgeordnete Clemens Rostock einen Einsatz von CCS zwar nicht aus, den auch das Bundeswirtschaftsministerium unter Grünen-Minister Robert Habeck vorbereitet. „Doch es bleibt ein Nebenschauplatz“, sagte Rostock. Die Hauptaufgabe sei die Absenkung der Treibhausgasemissionen in allen Bereichen. Die AfD vertrat in der Debatte widersprüchliche Positionen. Während AfD-Fraktionschef Christoph Berndt die Notwendigkeit von Klimaschutz rundweg abstritt, bedauerten andere AfD-Abgeordnete das damalige Scheitern der CCS-Technologie in Brandenburg, „mit der das Land hätte Technologieführer werden können“, sagt der Abgeordnete Kubitzki. „Weltweit gibt es viele funktionierende Anlagen, nur in Brandenburg nicht.“

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