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Brandenburg: „Nach wie vor große Defizite“

Zum Tag der Deutschen Einheit sieht Ministerpräsident Woidke weiter erheblichen Handlungsbedarf

Potsdam - 27 Jahre nach der Wiedervereinigung sieht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) immer noch „große strukturelle Defizite bei der Wirtschaftskraft im Osten“. Auch seien Ostdeutsche in deutschen Führungsebenen unterrepräsentiert und es gebe in vielen Bereichen immer noch eine Ungleichbehandlung bei Löhnen und Gehältern, kritisierte der Regierungschef am Sonntag. Zu den Unterschieden zwischen Ost und West sagte er: „Es hat keinen Sinn, das unter den Teppich zu kehren.“ Es gebe noch erheblichen Handlungsbedarf, um die Deutsche Einheit zu vollenden.

Zugleich betonte Woidke aber auch, dass seit der Wiedervereinigung viel erreicht worden sei. Das Land Brandenburg mit einer „rasant gesunkenen Arbeitslosigkeit und seiner guten wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung ist dafür bestes Beispiel.“

Rückblickend auf die Bundestagswahl in Ostdeutschland sagte Woidke, dass es erkennbar viele Protest-Wähler gegeben habe. „Wir müssen alles tun, um wieder an sie heranzukommen und aus der ’Alles-Mist-Ecke’ zu holen.“

Auch aus Sicht der brandenburgischen Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Maria Nooke, ist 28 Jahre nach der Wende die Gestaltung der Einheit nicht so gelungen wie erwartet. Die neue Bundesregierung brauche wieder einen Beauftragten, der sich für die spezifischen Belange der Ostdeutschen einsetze. „Ich halte das für unverzichtbar“, sagte Nooke der Deutschen Presse-Agentur. Dabei gehe es um Angleichung der Lebensverhältnisse. Verfolgte der SED-Diktatur würden noch heute unter den Folgen des in der DDR erlittenen Unrechts leiden. Der oder die neue Beauftragte müsse noch viel stärker auf die politischen Entscheidungen der Bundesregierung Einfluss nehmen. „Wir haben für unsere Freiheit viel riskiert und eingesetzt, dies gilt es in erster Linie zu würdigen“, sagte Nooke.

Ihr sei es wichtig, die positive Erfahrung von 1989/90 immer wieder in das Bewusstsein zu rufen. „Wir Ostdeutschen haben in einer historisch einmaligen Situation friedlich das SED-Regime gestürzt und die deutsche Einheit möglich gemacht“, so die frühere DDR-Oppositionelle. „Darauf können wir stolz sein.“ Unzählige Menschen hätten sich in all den Jahren der Teilung nach dieser Einheit gesehnt.

Die Ereignisse von 1989/90 müssten dauerhaft im kollektiven Gedächtnis verankert werden. Es sei wichtig, deren Bedeutung als Folge der Friedlichen Revolution der Ostdeutschen an die junge Generation zu vermitteln. Schulen – aber auch außerschulische Einrichtungen wie Gedenkstätten und Museen – spielten dabei eine wichtige Rolle, so Nooke. Durch Auseinandersetzung mit der Geschichte würden die Jugendlichen neue Perspektiven erfahren zu dem, was sie aus dem Elternhaus kennen. Sie sollten in der Lage sein, sich selbst ein Bild von der Geschichte machen zu können, sagte die Beauftragte.

Nooke hat im September die Nachfolge der bisherigen Landesbeauftragten Ulrike Poppe angetreten, die aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt aufgegeben hatte. Zuletzt war sie Vize-Direktorin der der Stiftung Berliner Mauer und Chefin der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde

Gudrun Janicke, Anna Ringle

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