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Polizeifahrzeuge stehen am 24. März 2023 vor dem Bahnhof in Guben, wo ein 37-Jähriger im Regionalzug eine Jugendliche mit einer Axt schwer verletzte.

© dpa/Ute Richter

Nach Axt-Angriff im Regionalzug in Guben: Beschuldigter muss in psychiatrische Einrichtung

Im März dieses Jahres hatte ein damals 37-Jähriger eine junge Frau mit einer Axt schwer verletzt. Das Motiv waren Wahnvorstellungen. Jetzt stand er vor Gericht.

Von Sandra Dassler

Diesen Freitag wird die damals 17-Jährige nie vergessen: Kurz nach Mittag befand sie sich mit anderen Fahrgästen in einer Regionalbahn von Cottbus nach Frankfurt (Oder). In Guben stieg ein Mann mit einer Axt zu und verletzte die junge Frau damit am Kopf. Blutüberströmt flüchtete sie aus dem Zug.

Jetzt hat das Landgericht Cottbus entschieden, den Mann in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen. Die darf er nur dann verlassen, wenn ihm die Mediziner eine Besserung seines Zustandes attestieren, sodass keine Gefahr mehr von ihm ausgeht.

Diese Entscheidung des Gerichts sei in gewisser Weise die härteste Maßnahme überhaupt, sagte ein Sprecher des Landgerichts am Mittwoch dem Tagesspiegel. „Wer beispielsweise für einen Mord Lebenslänglich bekommt, ist im Deutschland-Durchschnitt nach 17,5 Jahren wieder auf freiem Fuß. Eine Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung kann hingegen tatsächlich bis ans Ende des Lebens dauern.“

Zwölf Zentimeter lange Wunde

Die Richter der 2. Großen Strafkammer sahen es als erwiesen an, dass der zum Tatzeitpunkt 37-jährige polnische Staatsbürger an jenem Freitag, dem 24. März 2023, am Bahnhof Guben den Zug betreten hat. Dort schlug er mit der Axt, die er bei sich trug, ohne jeden Anlass und ohne Vorwarnung gezielt auf den Kopf der 17-jährigen Reisenden ein. Sie erlitt durch den Schlag mit der scharfen Kante der Axt ein Schädel-Hirn-Trauma, eine zwölf Zentimeter lange Kopfplatzwunde und eine Fraktur.

Danach lief der kräftige, groß gewachsene Mann weiter durch den Zug und demolierte mit der Axt mehrere Monitore und Scheiben, bis ihn Reisende schließlich überwältigen konnten.

Motiv: angeblich erlittenes Unrecht

Als Motiv gab der Angreifer später an, er habe mit seiner Tat auf Unrecht aufmerksam machen wollen, das ihm geschehen sei. So hätten ihn Polizisten in Polen entführt und gefoltert. Als er sich darüber beschweren wollte, hätte keine der Behörden, an die er sich wandte, etwas unternommen.

Das Gericht wertete dies als Wahnvorstellungen und folgte damit einem psychiatrischen Gutachten, wonach der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie oder an einer wahnhaften Störung leidet.

Dies führt laut Gutachten zu Vorstellungen in seinem Kopf, die nichts mit der Realität zu tun haben, ihn aber zwingen würden, bestimmte Dinge zu tun.

Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Laut Gerichtssprecher habe der Beschuldigte erzählt, er habe genau gewusst, dass eine Sachbeschädigung allein nicht ausreiche, um ihm die gewünschte Aufmerksamkeit zu sichern. Deshalb habe er sich entschieden, einen Menschen anzugreifen. Als erstes potenzielles Opfer sei er auf einen 15-Jährigen getroffen, den er verschont habe, weil er noch so jung war.

Während der mehrtägigen Verhandlung, die größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde, konnte das Gericht keinen Hinweis erkennen, dass an der Geschichte mit den Folterungen etwas Wahres sein könnte. Letztlich spiele das für die Einschätzung der Gefährlichkeit des Mannes aber auch keine Rolle, sagte der Gerichtssprecher. Denn selbst wenn die Story stimmen würde, gebe es keinen inneren Zusammenhang zwischen der angeblichen Folterung und dem Angriff auf völlig unbeteiligte Menschen.

Mann hält an Wahnvorstellungen fest

Erschwerend komme hinzu, dass der Verurteilte nach wie vor an seiner Wahnvorstellung festhalte. So habe er im Gerichtssaal immer wieder betont, dass er nicht psychisch krank sei. Die Tat sei notwendig gewesen, um auf sich aufmerksam zu machen. Dass es gerade die junge Frau getroffen habe, tue ihm leid und er entschuldige sich bei ihr.

Für diese dürfte das allerdings nur wenig Trost sein. Zu traumatisch waren die Attacke und die Erkenntnis ihrer Ärzte. Die hatten festgestellt, dass die Wunde nur wenige Millimeter tiefer hätte sein müssen und die 17-Jährige wäre gestorben – oder hätte zumindest schwere bleibende Schäden davongetragen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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