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Finanzierung der Gemeinden: Moschee-Steuer in Brandenburg zurzeit kein Thema

Derzeit wird in Deutschland über eine "Moschee-Steuer" für Muslime ähnlich der Kirchensteuer diskutiert. Brandenburg ist skeptisch, aber Berlin offen für eine Moschee-Finanzierung nach Kirchenvorbild.

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Potsdam/Berlin - „Ich weiß nicht, was das soll“, sagt Kamal Mohamad Abdallah. Seine Meinung ist eindeutig: „Eine Steuer für Moscheen ist sinnlos. Wir haben daran kein Interesse“, sagt der Imam der Potsdamer Alfaruk-Moschee. Zu Weihnachten war die Debatte um eine Moscheesteuer analog zur Kirchsteuer neu entflammt. Das Ziel: ausländischen Einfluss auf deutsche Moscheegemeinden zu minimieren. Die evangelische und die katholische Kirche etwa seien mit den Moscheegemeinden nicht vergleichbar, erklärt Abdallah seine Vorbehalte. Eine Mitgliederregistrierung sei unüblich.

Rechtlich wäre die Einführung einer Moscheesteuer nicht so einfach, sagt auch Stephan Breiding, Sprecher des Kulturministeriums in Potsdam. Moscheegemeinden seien anders als die christlichen Kirchengemeinden keine Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies sei Voraussetzung für die Berechtigung, eine eigene Steuer zu erheben. „Ähnliche Vorstöße gab es früher schon, aber sie sind immer an islamischen Verbänden gescheitert“, so Breiding.

Da sich die Betenden der islamischen Gemeinden nicht eintragen und diese sich wiederum nicht beim Ministerium registrieren lassen müssen, gibt es keinen genauen Überblick über die Gemeinden in Brandenburg. Neben Potsdam gebe es beispielsweise in Frankfurt (Oder) und Cottbus Gemeinden, so Breiding. In einem seit Herbst 2017 laufendes Forschungsprojekt des Potsdamer Instituts für Jüdische Studien und Religionswissenschaften soll wie berichtet die Situation der Muslime in Brandenburg erforscht und Datenmaterial gesammelt werden. Nach Schätzung der Potsdamer Wissenschaftler leben derzeit rund 25.000 Muslime in der Mark, das entspricht etwa einem Prozent der Bevölkerung – bundesweit liegt der Anteil geschätzt bei 4,9 Prozent. Ausgebildete Imame arbeiten derzeit nur in Potsdam und Cottbus. Acht brandenburgische Gemeinden suchen derzeit nach Gebetsräumen, so das Zwischenergebnis der Studie. Womöglich ist auch aufgrund der weniger etablierten Strukturen eine Moscheesteuer in Brandenburg weniger Thema als im Nachbarland Berlin.

Kultursenator Klaus Lederer (Linke),der für Kirchen und Religionsgemeinschaften in Berlin zuständig ist, kommentiert die bundesweite Debatte über eine Moschee-Steuer verhalten positiv. „Ich bin offen für die Diskussion“, versicherte er am Donnerstag. Die damit angesprochenen Probleme, es geht um die Finanzierung muslimischer Verbände in Deutschland, seien mit dem Vorschlag „richtig und sachlich“ beschrieben. Das seien beste Voraussetzungen dafür, Lösungen zu finden, sagte Lederer. Schon jetzt helfe der Senat, wo Hilfe erwünscht sei. Etwa bei der Umsetzung der islamischen Bestattungsvorschriften, bei Grundstücken für Moscheen oder beim interreligiösen „House of One“, das am Petriplatz in Mitte entstehen soll.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh wurde deutlicher. Die Diskussion über eine Moscheesteuer sei „richtig und überfällig“. Der ausländische Einfluss auf die Moscheen in Deutschland, „etwa aus Ankara und Teheran, Riad oder Kairo muss endlich gekappt werden“, sagte er dieser Zeitung. Saleh hatte schon vor vier Jahren Forderungen zur besseren Integration des Islam erhoben, die kontrovers diskutiert wurden. Dazu gehörten: Ein Staatsvertrag zwischen dem Senat und Dachverbänden der Muslime in Berlin, die Gründung eines Instituts für Islamische Theologie und eine Religionssteuer, damit sich die islamischen Gemeinden selbst finanzieren und deutsche Imame einstellen könnten.

Das Islam-Institut, das Imame und Religionslehrer ausbilden soll, wurde im Juni dieses Jahres an der Humboldt-Universität eingerichtet. Allerdings gab es Kritik an der konservativen Zusammensetzung des Beirats. Liberale muslimische Organisationen sind vorerst nicht vertreten. Die Verhandlungen über einen Staatsvertrag, in dem die Rechte und Pflichten der organisierten Muslime in Berlin verankert werden sollten, verlief im Sande. Solche Verträge gibt es bisher nur in Hamburg und Bremen. Der Vorschlag Salehs für eine Religionssteuer wurde damals nicht weiterverfolgt. Die Einführung einer echten Steuer hätte die staatliche Anerkennung der muslimischen Dachverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts vorausgesetzt. Rot-Rot-Grün hat zwar im Koalitionsvertrag angekündigt, die „Verleihungsvoraussetzungen von Körperschaftsrechten an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu klären“, aber dies ist bisher nicht geschehen.

Nach einer aktuellen Studie des Senats gibt es in Berlin sieben Moscheen und 91islamische Gebetsräume. Die Zahl der Muslime, die in der Hauptstadt leben, wird auf etwa 250 000 bis 300 000 geschätzt. Nur jeder fünfte Muslim ist Mitglied einer Gemeinde – und längst nicht alle Gemeinden gehören einem muslimischen Verband an. Staatlich anerkannt sind sie erst recht nicht. Im Land Berlin haben nur die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg, die Katholische Kirche im Erzbistum Berlin, die Altkatholische Kirche, die Jüdische Gemeinde und die Israelitische Synagogengemeinde (Adass Jisroel) den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Sie sind berechtigt, Steuern zur Finanzierung ihrer Ausgaben zu erheben, die vom Finanzamt eingezogen werden. Diese Kirchen und Religionsgemeinschaften erhalten außerdem Zuschüsse vom Land, in diesem Jahr rund 23,5 Millionen Euro. Von dem Geld wird auch der Religionsunterricht finanziert.

Vergleichbare Regelungen gibt es für die muslimischen Verbände und Moscheevereine in Berlin nicht. Aber auch in Hamburg, wo mit den großen Dachverbänden (Schura, Ditib, Islamische Kulturzentren) bereits 2012 ein Staatsvertrag abgeschlossen wurde, blieben Finanzierungsregelungen ausgespart. In einer Protokollnotiz wird nur einseitig festgehalten, dass „die islamischen Religionsgemeinschaften im Rahmen ihrer weiteren organisatorischen Entwicklung die Erlangung der Rechte von Körperschaften des öffentlichen Rechts anstreben“.

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