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Brandenburg: Miserabel in Deutsch und Mathe

Ergebnisse der Vergleichsarbeiten der Berliner Drittklässler alarmierend – Streit um ihre Veröffentlichung

Berlin - Der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrinck macht es seiner Parteifreundin, Bildungssenatorin Sandra Scheeres, nicht leicht: Mit immer neuen Anfragen fördert er seit Jahren Informationen ans Licht, die Scheeres lieber für sich behalten würde. Jetzt ist ihm das sogar mit den neuen Ergebnissen der Vergleichsarbeit der Drittklässler, Vera 3, gelungen.

Um dieses Ziel zu erreichen, musste sich Langenbrinck extrem gut wappnen – und argumentierte diesmal sogar mit einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Auskunftsrechten von Abgeordneten (Az. 2 BvE 2/11). Und tatsächlich – es wirkte: Kommende Woche werden die Ergebnisse vom Abgeordnetenhaus veröffentlicht, dieser Zeitung liegen sie bereits vor.

Die rund 24 000 Drittklässler waren 2017 in Deutsch und Mathematik geprüft worden – und die Resultate sind miserabel. Wie 2015 erreicht knapp die Hälfte nicht einmal die Minimalanforderungen bei der Rechtschreibung: Sie liegen somit auf der untersten der fünf Kompetenzstufen. Ein weiteres Viertel schafft nur den „Mindeststandard“. Drei Viertel bleiben somit unter dem, was die Kultusministerkonferenz (KMK) als „Regelstandard“ bis zum Ende der – bundesweit vierjährigen – Grundschulzeit festgelegt hat. Wenn man nur die Kinder deutscher Herkunftsprache betrachtet, sieht es kaum besser aus: Von ihnen liegen 40 Prozent auf der schlechtesten Stufe und nur fünf Prozent schaffen den „Optimalstandard“. Bei den Kindern anderer Herkunftssprachen sind 60 Prozent unter Mindeststandard. Ein Großteil der Drittklässler hat somit schlechte Chancen, innerhalb des einen verbleibenden Jahres die KMK-Lernziele zu erreichen: Die Basiskenntnisse fehlen.

Das Lesen klappt besser: „Nur“ 30 Prozent bleiben unter Mindeststandard, 18 Prozent schaffen die beste Stufe. In der Mathematik – Thema „Größen und Messen“ – ist die Spitzengruppe im einstelligen Bereich, mehr als ein Drittel schaffte nicht die einfachsten Aufgaben; bei den nicht deutschsprachigen Kindern sogar die Hälfte. Dass die Gesamtergebnisse eher schlechter als besser geworden sind, könnte damit zusammenhängen, dass inzwischen viele Flüchtlingskinder die Willkommensklassen verlassen haben und in den Regelklassen beschult werden, wo sie an den Vergleichsarbeiten teilnehmen. Genaue Daten über den Anteil dieser Schüler wurden nicht geliefert. In Brandenburg hatten in den Vera-3-Tests von 2016 viele Grundschüler eklatante Schwächen besonders in Mathematik, aber auch in Deutsch gezeigt.

Auf Langenbrincks Frage, wie der Berliner Senat nun die Entwicklung der Ergebnisse bewertet und welche Ursachen er dafür sieht, lässt sich Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) nicht ein: Er verweist darauf, dass sich aufgrund der Konzeption von Vera „keine Zeitreihen anlegen lassen, an denen eine Entwicklung der Ergebnisse der Drittklässler ablesbar wäre“. Allerdings findet Langenbrinck, dass die Zahlen auch für sich genommen von Interesse sind.

Rackles hatte Langenbrinck schon 2016 – in einer Generalabrechnung mit der Fraktion – vorgeworfen, seine Anfragen „regelmäßig und systematisch zur negativen Öffentlichkeitsarbeit“ zu nutzen. Der 32-jährige Sozialdemokrat lässt dennoch nicht locker: Ihn interessieren die Ergebnisse, also will er sie haben. Seit Jahren schon treibt er damit Scheeres vor sich her – auch zu Themen wie Schulgewalt und Schuldistanz. Die Senatorin ist in der misslichen Lage, dass ihr Vorgänger Jürgen Zöllner (SPD) die Veröffentlichung der Vera-Ergebnisse für Klasse 3 und 8 eingeführt hatte – zusammen mit Brandenburg. Die anderen Länder veröffentlichen aber nicht – mit der Begründung, dass Vera nur für die schulinterne Analyse tauge. 2017 verkündete Scheeres, dass auch Berlin nun keinen Vera-Bericht mehr vorlegen werde, Brandenburg schloss sich dem an.

Deshalb wurde allgemein davon ausgegangen, dass die Ergebnisse unter Verschluss bleiben würden. Allerdings kam drei Wochen später das Karlsruher Urteil – und Langenbrinck nutzte die Chance. Es kann sein, dass auch dieser Weg 2018 verschlossen wird: Wenn sich die KMK demnächst auf neue Vera-Richtlinien einige, würden die Daten „gegebenenfalls perspektivisch in der bisherigen Form gar nicht mehr vorliegen“, so Scheeres’ Sprecher. Susanne Vieth-Entus

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