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20.12.2023, Brandenburg, Potsdam: Schokoladentaler liegen auf den Tischen der Abgeordneten, die von der Finanzministerin Lange (SPD) vor Beginn der Sondersitzung des Landtages Brandenburg Schokoladentaler auf den Tischen der Abgeordneten verteilt wurden. Beantragt wurde die 98. Sitzung von den Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen zum Beschluss über das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notsituation. Foto: Soeren Stache/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Soeren Stache

Milliardenpaket gerettet : Brandenburger Landtag beschließt Haushaltsnotlage

Mit insgesamt zwei Milliarden Euro auf Pump will die Brandenburger Regierung wegen gestiegener Kosten Familien, Kommunen und Firmen stützen. Dafür musste der Landtag erneut erklären, dass das Land in einer Notlage ist.

In einer turbulenten Sondersitzung beschloss der Potsdamer Landtag am Mittwoch, dass sich das Land auch 2024 in einer Haushaltsnotlage befindet. Das berechtigt die Landesregierung auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt zur Kreditaufnahme.

Und es lässt zu, dass das eigentlich schon im Dezember 2022 beschlossene, zwei Milliarden Euro starke „Brandenburg-Paket“ im Jahr 2024 fortgesetzt wird. Das über Kredite finanzierte Paket sieht unter anderem Gelder für beitragsfreie Kita-Jahre und Finanzhilfen für einkommensschwache Familien vor.

„Das Brandenburg-Paket ist die richtige Antwort für unser Land, die richtige Antwort für die Brandenburgerinnen und Brandenburger in der Krisensituation“, sagte der SPD-Haushaltspolitiker Jörg Vogelsänger. „Wir wollen fortsetzen, was sich in der Krisensituation bewährt hat.“

Es war ein großer Fehler, nicht verbrauchte Kreditermächtigungen aus den Corona-Hilfspaketen umzuwidmen.

 SPD-Haushaltspolitiker Jörg Vogelsänger

Ungewöhnlich scharf kritisierte der Sozialdemokrat die Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Es war ein großer Fehler, nicht verbrauchte Kreditermächtigungen aus den Corona-Hilfspaketen umzuwidmen“, so Vogelsänger. „Der Bund hat uns damit keinen Gefallen getan.“ Gleichzeitig warnte der Sozialdemokrat vor zu hohen Erwartungen in Bezug auf den im Januar anstehenden Nachtragshaushalt: „Nachtrag heißt nicht Nachschlag“, sagte Vogelsänger. Wünsche gingen nur in der Weihnachtszeit in Ordnung. „Wir haben keine Spielräume mehr.“ Der CDU-Haushaltspolitiker Steeven Bretz verwies darauf, dass die Botschaft des Brandenburg-Paketes sei, dass sich die Landesregierung darüber Gedanken mache, wie man mit den Krisen im Land umgehe und das Land zusammenhalte.

AfD hatte Anhörung zur Notlagenerklärung beantragt

Überschattet wurde die Debatte im Parlament allerdings vom Fraktionsvorsitzenden der AfD, Hans-Christoph Berndt. Seine Fraktion hatte in der vergangenen Woche eine zusätzliche, dann auf Wunsch der Koalition aber nur schriftlich durchgeführte Anhörung zur Notlagenerklärung im Haushaltsausschuss beantragt, in deren Folge die Sondersitzung des Plenums überhaupt erst nötig wurde. Denn die AfD, die 2022 noch selbst drei Milliarden Euro an Krediten aufnehmen wollte, hält die Notlagenerklärung und die zusätzlichen Kredite nun nicht mehr für erforderlich.

Das Vorgehen bei der Notlagenerklärung sei „eine unerhörte Missachtung der parlamentarischen Beteiligung“, sagte Berndt. „Unsere Demokratie ist zu einem totalitären Linksstaat verkommen.“ Scharf kritisierte Berndt auch das Landesverfassungsgericht – was den Abgeordneten der Freien Wähler, Matthias Stefke, zu einer Kurzintervention veranlasste. „Das Landesverfassungsgericht als „Teil eines linksentarteten Systems“ zu beschreiben, ist unerhört und entlarvt, wie sie ticken.“ Vor Journalisten erklärte Berndt später, dass seine Fraktion darüber nachdenke, ob sie gegen die Entscheidung des Landtags erneut gerichtlich vorgehe.

Deutliche Kritik am Brandenburg-Paket übte auch die Abgeordnete der Freien Wähler, Christine Wernicke. „Die Koalition finanziert ihre Wiederwahl aus unserer Sicht mit nicht begründeten Krediten“, sagte sie im Landtag. Das Land Brandenburg habe kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem. „Uns muss niemand erklären, wie wichtig eine hohe Investitionsquote ist“, sagte Wernicke. „Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen die Grenzen Ihrer Kreativität beim Geldaufnehmen gezeigt.“

Während AfD und Freie Wähler gegen das Brandenburg-Paket stimmten, enthielten sich die Linken - wobei Beobachter im Plenarsaal meinten, bei der namentlichen Abstimmung bei einzelnen der Linken-Abgeordneten ebenfalls ein „Nein“ zu hören. Deren Finanzpolitiker Ronny Kretschmer wetterte in seiner Rede vor allem gegen die Schuldenbremse der Bundesregierung. „Diese Landesregierung ist seit 2019 in keinem Ihrer Jahre ohne neue Schulden ausgekommen - und trotzdem fehlt Geld“, sagte Kretschmer. „Es kann keine Lösung sind, die Schuldenbremse auf Kosten des Sozialstaats zu verteidigen.“

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