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Ein verwittertes Schild weist zum Eingang der Kinderklinik.

© dpa / Stefan Puchner

Update

Klinik kämpft um Leons Leben: Säugling in Brandenburg fast verhungert und verdurstet – Polizei schaltet sich ein

Ein wenige Wochen alter Säugling ist im Kreis Havelland fast verhungert und verdurstet. Ärzte konnten ihn stabilisieren, doch Folgeschäden sind möglich.

| Update:

Die Polizei geht dem Fall eines wenige Wochen alten Säuglings im Kreis Havelland nach, der nach einem Medienbericht und der Bestätigung aus dem behandelnden Krankenhaus fast verhungert und verdurstet wäre. Der Chefarzt der Kinderklinik in Brandenburg an der Havel, Hans Kössel, bestätigte auf Anfrage einen Bericht der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“.

Kössel sagte, dass „wir um das Leben eines Kindes kämpfen, das fast verhungert ist“. Und dass in diesem Fall „offenbar jedes Netzwerk vor Ort versagt hat“. Weitere Angaben wollte er zunächst nicht machen.

Laut der „MAZ“ habe ein Kinderarzt in Rathenow den wenige Wochen alten Säugling Leon K. am Montag gesehen und sofort das örtliche Krankenhaus verständigt. Von dort aus sei der Junge im Helikopter in die Kinderklinik nach Brandenburg/Havel geflogen worden. Ein Mitarbeiter des Klinikums sagte laut Zeitung, dass die Haut des Säuglings eingefallen und er vollkommen apathisch gewesen sein soll. „Der Junge sah aus, wie man das sonst nur von diesen furchtbaren Bildern aus Konzentrationslagern oder Hungerkatastrophen in der dritten Welt kennt.“

Leon soll dem Vernehmen nach am Montag nur 2,7 Kilogramm gewogen haben. Mit einem Geburtsgewicht von knapp 3,5 Kilogramm hätte er unter normalen Umständen nun schon vier Kilo wiegen müssen, hieß es. Nach zwei Tagen Behandlung sei es den Ärzten gelungen, den Wasser- und Salzhaushalt im Körper des Kindes soweit zu stabilisieren, dass Leon überleben könne. Welche neurologischen Schäden bleiben, sei indes unklar.

Auch bleibt unklar, wie es dazu kommen konnte, dass der kleine Leon fast verhungert und verdurstet wäre. Eine Sprecherin der Polizeidirektion West sagte am Freitag, man werde mit der Klinik Kontakt aufnehmen. „Eine Strafanzeige liegt uns bisher nicht vor.“ Die Märkische Allgemeine berichtet, dass das Klinikum ein Verfahren eingeleitet habe – wegen des Verdachts, der Landkreis habe gegen den „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ verstoßen. Die Mutter des Säuglings soll beim Jugendamt nicht unbekannt sein und als überfordert gelten.

Der Landkreis Havelland teilte schriftlich mit: „An erster Stelle möchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landkreises Havelland dem betroffenen Säugling und seiner Familie alles erdenklich Gute sowie eine schnelle Genesung wünschen.“ Angaben auf die Frage, wie sich das Jugendamt nun konkret einschalte, machte die Behörde nicht.

Der Sozial- und Gesundheitsdezernent des Kreises, Wolfgang Gall, verwies schriftlich darauf, dass der Landkreis Havelland mit mehreren freien Trägern der Jugendhilfe Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen für familienunterstützende Hilfen abgeschlossen habe. Es gebe eine Unterrichtungspflicht des freien Trägers gegenüber dem Jugendamt. Laut MAZ sollen Familienhelfer vom Jugendamt von der Überforderung der Mutter erfahren und versucht haben, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Ob sie das geschafft haben, sei unkar.

Die Mutter soll über Wochen mit der Grunderkrankung ihres Kinders überfordert gewesen sein, wie die MAZ unter Berufung auf Informationen aus dem Krankenhaus berichtet. Der Junge soll in Folge einer leicht zu behandelnden Erkrankung keine Nahrung mehr aufgenommen oder diese wieder erbrochen haben. Vermutet wird, dass der Junge schnell schwächer geworden sei, die Mutter sich aber keine Hilfe suchte. (dpa, Tsp)

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