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In Brandenburgs Wäldern hat es in diesem Jahr mehr als 500 Mal gebrannt.

© dpa/Sebastian Willnow

Update

Keine Entspannung: Kaum noch gesunde Bäume in Brandenburgs Wald

Nur acht Prozent der Bäume in Brandenburg weisen keine sichtbaren Schäden auf. Forstminister Axel Vogel (Grüne) sprach von einer deprimierenden Situation.

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Nur noch acht Prozent der Brandenburger Bäume sind gesund. Das ist die bittere Bilanz des diesjährigen Waldzustandsberichts, den Brandenburgs Forstminister Axel Vogel (Grüne) am Montag in der Potsdamer Staatskanzlei vorstellte. „Die Situation ist deprimierend“, sagte der Minister. Jahrelange Dürre habe ihre Spuren in den märkischen Wäldern hinterlassen: „Uns fehlt nach wie vor ein Jahresniederschlag in Brandenburg.“ Am meisten geschädigt sind dem Bericht zufolge in den Wäldern die Buchen und Eichen: So hätten 54 Prozent der Buchen und 50 Prozent der Eichen derzeit „deutliche Schäden“. Bei der Kiefer dagegen weisen nur 15 Prozent der Bäume „deutliche Schäden“ auf, doch auch hier nehmen die Schäden zu.

Hinzu kommt der Befall mit Schadinsekten: Seit 2019 habe es in Brandenburg rund 4,1 Millionen Kubikmeter Schadholz gegeben, zudem erinnerte der Minister an die Waldbrände: Allein im vergangenen Jahr gab es 504 Feuer in den märkischen Wäldern. „Waldbrände entstehen fast immer aus Fahrlässigkeit oder durch Brandstiftung“, sagte Vogel. „Aber dass wir 480 Brände hatten, die sich nicht über mehr als ein Hektar Fläche ausbreiten konnten, zeigt, dass unser Waldbranderkennungssystem und das Zusammenspiel mit der Feuerwehr gut funktioniert.“

Vogel betont Notwendigkeit des Waldumbaus

Vogel nutzte die Pressekonferenz am Montag zudem erneut dazu, zusammen mit Experten des Landeskompetenzzentrums Forst in Eberswalde und aus seinem Ministerium auf die Notwendigkeit des Waldumbaus, also die Ergänzung der Kiefernmonokulturen durch Laubbäume, hinzuweisen. „Wir müssen die Bestände, die sich derzeit aus Kiefern zusammensetzen, in standortangepasste Wälder entwickeln, die sich aus vielen Baumarten zusammensetzen“, sagte die neue Leiterin des Landeskompetenzzentrums, Ulrike Hagemann. „Wir müssen massiv und schnell Flächen umbauen.“ Auf etwa 50 Prozent der Waldfläche des Landes bestehe akuter Handlungsbedarf. Doch seit 1990 seien nur rund 90.000 Hektar Wald umgebaut worden. Derzeit würden nur 2.500 Hektar Wald entsprechend verändert. Es sei nicht mehr fünf vor zwölf, sagte der Minister. „Es ist mittlerweile zwölf.“

Um den Waldumbau voranzubringen, setzt Vogel seit Beginn der Legislaturperiode auf eine Reform des Jagdrechts: Waldbesitzer sollen auf eigenen Flächen leichter jagen können. Die in Brandenburg starken Jagdgenossenschaften sollen an Bedeutung verlieren. „Wir müssen erreichen, dass die Waldeigentümer mehr Einfluss erhalten“, sagte Vogel. Doch beide durchgesickerten Entwürfe eines neuen Jagdgesetzes stießen beim Landesjagdverband und mit ihm bei CDU und SPD auf Widerstand. Am Montag wurde deutlich, dass auch der Minister selbst nicht mehr daran zu glauben scheint, das Projekt erfolgreich zu einem Abschluss zu bringen. „So lange es nicht erkennbar ist, dass innerhalb dieser Koalition dieser Weg gewählt wird, sehe ich keine Chance, dass das Gesetz durchkommt“, sagte Vogel. „Ein Placebogesetz braucht niemand.“

Weiter Unklarheiten beim Jagdgesetz

Derzeit könne er keine Aussage machen, wie es mit dem Gesetz weitergehe. „Damit wird sich der nächste Koalitionsausschuss befassen müssen“, sagte Vogel. Dies sei kein Thema, das ein Landesminister alleine entscheiden könne. Allerdings stehe die Reform des Jagdgesetzes auch im Koalitionsvertrag. „Wenn wir in der Koalition keinen Konsens zum Gesetzesentwurf schaffen, wird sich die Koalition dazu verhalten müssen.“ Einen weiteren Dialog etwa mit dem Landesjagdverband lehnte Vogel dagegen ab. „Wir bewegen uns auf der politischen Ebene und nicht auf der Ebene einer Diskussion unter Verbänden“, sagte Vogel. Entscheidend für das Jagdgesetz seien Fraktionsvorsitzende, Landesvorsitzende und Minister. 

Wenn nicht endlich alle Seiten aufwachen, sehe ich für den Waldbau in Brandenburg schwarz. 

Gregor Beyer, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW)

Bei den Verbänden indes sorgen die Ergebnisse des Waldzustandsberichts ebenfalls für Entsetzen. „Der Klimawandel ist da und macht sich bemerkbar“, sagt der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), Gregor Beyer. Bemerkenswert ist aus seiner Sicht, dass Baumarten wie die Buche und die Eiche, auf die man bislang beim Waldumbau gesetzt hatte, nun überdurchschnittlich geschädigt seien. „Wir müssen vor allem Anderen experimentiertfreudiger werden: Wenn der Klimawandel nur Baumaten möglich macht, die der Herrgott hier nicht heimisch gemacht hat, müssen wir auch auf diese Baumarten setzen.“

Kritisch äußerte sich Beyer auch zur Debatte um das Jagdgesetz: „Die Politik wollte eine Revolution statt eine Evolution, und den Verbänden ist die Diskussion entglitten“, sagte Beyer dieser Zeitung. „Aber wenn nicht endlich alle Seiten aufwachen, sehe ich für den Waldbau in Brandenburg schwarz.“

Der Vorsitzende des Waldbesitzerverbands, Thomas Weber, gab ebenfalls „keine Entwarnung“. Die Schäden bei den drei Brandenburger Hauptbaumarten seien erheblich, sagte Weber, der im Hauptberuf Stadtforstdirektor in Fürstenwalde (Spree) ist. „Wir dürfen nicht nur einseitig auf mehr Jagd setzen“, sagte Weber. „Wir müssen vor allem aktiver in den Waldumbau einsteigen.“ Sein Verband werde die eigenen Mitglieder noch stärker dazu ermutigen. „Wenn wir immer nur den Waldumbau proklamieren, aber dann nicht damit anfangen, wird davon kein einziger Hektar umgebaut.“

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