zum Hauptinhalt
Andreas Schwark und Ursula Nonnemacher (Mitte) in der Potsdamer Praxis von Antje Meinecke.

© Ottmar Winter

In Brandenburg fehlen 300 Hausärzte: Lage im Land zunehmend prekär

Auch Antje Meinecke macht in dieser Woche aus Protest nur „Dienst nach Vorschrift“. Am Mittwoch bekam sie Besuch von Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).

Von

„Normalerweise haben wir bis 18 Uhr geöffnet”, sagt Antje Meinecke. Doch die Patienten der Potsdamer Hausärztin, die zusammen mit ihrem Kollegen Lennart Göhling in einer Gemeinschaftspraxis in Potsdam-West arbeitet, müssen in dieser Woche etwas länger auf einen Termin warten. In der Hausarztpraxis ist in dieser Woche schon um 16 Uhr Schluss.

Und auch die Akutsprechstunde fängt nicht um 8, sondern erst um 10 Uhr an. „Wir beteiligen uns an der Dienst nach Vorschrift-Aktion der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärzteverbände”, sagt Meinecke. Denn auch die Potsdamer Hausarztpraxis spürt die steigenden Kosten durch die Energiepreise.

Die Tariferhöhungen für unsere Medizinischen Fachangestellten spiegeln sich zum Beispiel überhaupt nicht in den Honorarergebnissen für die Praxen wieder.

Antje Meinecke, Potsdamer Hausärztin.

„Wir haben die Sorge, dass das ambulante System immer weiter aufgeweicht wird”, sagt Meinecke. „Die Tariferhöhungen für unsere Medizinischen Fachangestellten spiegeln sich zum Beispiel überhaupt nicht in den Honorarergebnissen für die Praxen wieder.” Am Mittwoch hatte die Praxis an der Potsdamer Kastanienallee hohen Besuch.

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) war gekommen, um sich solidarisch mit den protestierenden Medizinern zu zeigen. „Wir wissen, was hier geleistet wird”, sagte die Ministerin. „Ich sehe, dass dringender Handlungsbedarf besteht – die Landesebene kann sich aber nicht in die auf der Bundesebene geführte Honorarverhandlungen der niedergelassenen Ärzte einmischen.” Auch sei das Land nicht für die laufenden Kosten im ambulanten Sektor zuständig.

Ministerin will Druck beim Bund machen

Doch Nonnemacher versprach, auf der Bundesebene weiter Druck zu machen. Denn die Ärzteversorgung in Brandenburg wird zunehmend prekär. „Wir haben über 300 freie Hausarztstellen im Land”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der KVBB, der Bernauer Allgemeinmediziner Andreas Schwark.

Es sei ein großer Fehler gewesen, dass sich das Land Brandenburg vor 30 Jahren gegen die Schaffung einer staatlichen Medizinerausbildung ausgesprochen und sich allein auf die Charité in Berlin verlassen haben. „Mit dem Nachwuchs, den wir im Moment haben, sind unsere freien Stellen nicht mehr besetzbar”, sagte Schwark. Und die schlechten Honorarsätze und steigenden Kosten trügen auch nicht dazu bei, dass mehr junge Ärzte eine Niederlassung in Brandenburg anstrebten.

Unterdessen beobachtet der Landesvorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes, Hanjo Pohle, dass die Protestaktionen der Ärzte Wirkung zeigen. „Das Angebot einer Nullrunde lässt nun dem letzten Arzt bewusst werden, dass die staatlich verordneten Regulationssysteme zunehmend versagen“, sagte der Allgemeinmediziner aus dem havelländischen Rathenow am Mittwoch.

Während in der Wirtschaft Preis-, Lohn- und Energiekostensteigerungen an die Kunden weitergegeben werden könnten, sei dies in Arztpraxen nicht der Fall. Deswegen müsse es auch einen Schutzschirm für Arztpraxen geben. Schließlich müsse auch eine „offene Diskussion über die Wiedereinführung des Streikrechts für Vertragsärztinnen und -ärzte” geführt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false