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Revidiert seinen Kurs nicht. Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov sieht nicht, wo er einen Fehler gemacht haben soll. Oder anders: Er schafft es nicht, einmal über seinen Schatten zu springen.

© Bernd Settnik/ dpa

Justizminister Markov im Landtag: „Ich habe keinen Fehler gemacht“

Dienstwagen-Affäre, Günstlings-Vorwürfe: Justizminister Helmuth Markov zeigt in der Sondersitzung des Landtag-Finanzausschusses keine Einsicht. Die Vorwürfe kann er nicht ausräumen.

Potsdam - Die Mienen der eigenen Leute sprechen Bände: Nein, Helmuth Markov schafft es nicht, Helmuth Markov zu bezwingen. Er schafft es nicht einmal, über den eigenen Schatten zu springen, gegen den dringenden Rat selbst der Genossen vorher, die an seiner Dickköpfigkeit, Sturheit in diesen Tagen schier verzweifeln.

Zweieinhalb Stunden ist Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) am Dienstag auf der Sondersitzung des Finanzausschusses im Landtag bereits vernommen worden. Er äußert sich hier zum ersten Mal ausführlich selbst: Erst zur Posten-Affäre, bei der zwei enge Vertraute ohne Ausschreibung zu bestens dotierten Dauerstellen kamen, was er vehement verteidigte, schon mal keine eigenen Fehler sah. Inzwischen geht es um den Vorgang, der für ihn viel gefährlicher ist: um den VW-Transporter aus dem Fuhrpark des Brandenburgischen Landesbetriebes (BLB), den der Minister 2010 übers Wochenende auslieh, um sein Motorrad zu transportieren.

"Selbst bedient" - die exklusiven PNN-Recherchen zur Dienstwagenaffäre hier

Markov hat für seine Verhältnisse ruhig geantwortet, trotz der Vorwürfe aus den Oppositionsreihen. Aber jetzt, nach zweieinhalb Stunden, bricht es doch immer mehr aus ihm heraus. „Das ist der Punkt, der mich trifft. Ich bin kein Raffke“, sagt Markov. „Ich habe in meinem Leben mir nie irgendetwas schenken lassen. Ich bezahle jede Ehrenkarte, jeden Blumenstrauß für meine Mitarbeiter. Ich achte peinlichst darauf.“ Und so sei es auch in diesem Fall gewesen, als er sich für eine private Fahrt den Transporter auslieh – anstatt des personengebundenen Dienstwagens, der ihm auch für Privatfahrten zusteht.

Nein, er bleibt dabei, dass er auch hier alles richtig gemacht haben will. Das wiederholt er gleich mehrfach, immer wieder. „Ich habe keinen Fehler gemacht.“ – „Ich habe ordnungsgemäß gehandelt.“ – „Ich habe rechtens gehandelt.“ – „Ich habe absolut gesetzeskonform gehandelt.“ – „Ich habe mitnichten Schaden angerichtet.“ Selbstkritik, leise Töne? Nirgendwo. Damit ihm so etwas nicht passiere, argumentiert  Markov, habe er ja von Beginn an als Minister für die Nutzung des Dienstwagens statt der Spitzabrechnung nach Fahrtenbuch die 1-Prozent-Regelung angewendet, um erlaubte private Fahrten pauschal in der Steuer abzurechnen. 2010 seien das 10 000 Euro gewesen, sagt Markov. Auch die Transporter-Fahrt sei versteuert worden. Er spende „enorme Summen“, er sei einer, der gebe, er nehme nicht.

Gutachten: Markovs Transporter-Tour war rechtswidrig - mehr dazu hier

Und wie das gerade ihm passieren konnte? Diese Antwort gibt es in dieser Sitzung nicht, die für den früheren Finanz- und heutigen Justizminister alles schlimmer macht, ohne dass die Opposition viel tun muss. Keinen Fehler? Da wird irgendwann Volker Bargfrede gefragt, der BLB-Geschäftsführer, ob es denn vergleichbare Fälle in Brandenburg gab, wo sich andere Minister und Staatssekretäre für Privatzwecke mal aus dem Landes-Fuhrpark ein Fahrzeug ausgeliehen haben. „Nein, ein solcher Fall ist mir nicht bekannt“, antwortet Bargfrede.

Der Einzige, der auf diese Idee kam, war also Markov selbst. Wenn das Argumentationskonstrukt stimmen würde, wenn alles richtig gelaufen sei, hält irgendwann Steeven Bretz, der CDU-Generalsekretär, dagegen, „dann könnte jeder Minister und jeder Staatssekretär in Brandenburg für private Umzüge den Fuhrpark des Landes nutzen“.

Oder da ist Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Linke), die im Krisenmanagement für ihren früheren Chef mit Kleingedrucktem argumentiert, mit der angeblich entscheidenden „Fußnote“ eines Rundschreibens aus dem Bundesfinanzministerium, nach der angeblich die Ausleihe eines zweiten Landeswagens für private Zwecke und das Verfahren der Abrechnung möglich und korrekt gewesen sein soll. Trochowski: „Das gilt auch für Millionen Arbeitnehmer.“

Markov geht es um die eigene Reputation

Nur, dass bisher alle Juristen, außer denen im Finanzministerium oder dem Justizministerium, in dem Fall zu einem anderen Ergebnis gekommen sind. Am Vormittag hatte die CDU-Fraktion das Gutachten einer renommierten Kanzlei präsentiert, nach dem die private Nutzung anderer Fahrzeuge nicht zulässig war. Und Markov? Vergeblich wird ihm selbst noch in der Sitzung nahegelegt, die 435,30 Euro in die Landeskasse zu zahlen, wie es Axel Vogel, der Grünen-Fraktionschef, wiederholt. Oder der fraktionslose Abgeordnete Stefan Hein, der ihn bittet, das Geld für einen sozialen Zweck zu spenden. Da er rechtens gehandelt habe, gibt es keinen Grund, an die Landeskasse Geld abzuführen, antwortet Markov.

Und wieder: „Ich habe keinen Fehler gemacht.“ Es ist ein Moment, in dem er offenbar mal kurz mit sich ringt: Er überlege, ob er vielleicht spende, was er aber ja sowieso tue. An der Stelle greift Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers ein, versucht zu retten, was schon nicht mehr zu retten ist. Der Minister habe rechtens gehandelt, aber „ja angedeutet, dass er darüber nachdenkt, das Geld möglicherweise zu spenden“, erklärt Christoffers. Eine Aufforderung dieser Art an den eigenen Minister, auch das hat es so in diesem Hause noch nicht gegeben. Und Markov? Das Spenden-Angebot wiederholt er danach nicht mehr.

Warum Helmuth Markov nicht nachgeben kann, selbst bei einer geringen Summe, wegen eines Vorgangs vor sechs Jahren, selbst wenn ihn das das Amt kosten kann? Auf diese Frage, die ihm so nicht gestellt wird, gibt Markov eine Antwort. „Mir geht es um meine Reputation. Ich habe gegen kein Recht verstoßen. Das ist mein Selbstempfinden.“

Regierungschef Woidke hält sich zurück

So hat die Opposition ein leichtes Spiel. „Sie sind ab heute ein Minister auf Abruf“, lautet etwa das Fazit des CDU-Abgeordneten Sven Petke, der den Finanzausschuss leitet. „Sie haben nicht mehr die politische Kraft wie vor zehn Tagen.“ Die Union hatte schon vorher seinen Rücktritt gefordert.

Es ist ein Tag, an dem sich auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der Markov schätzt, erstmals zur Affäre äußert. Noch vor der Sondersitzung des Finanzausschusses. „Ich gehe davon aus dass er die Vorwürfe umfassend aufklärt“, sagte Woidke den PNN. Er sei sicher, dass Markov das tun werde. Beim letzten Mal, als Woidke solche Formulierungen verwendete, ging es auch um einen Justizminister, um den Linken Volker Schöneburg. Der trat kurz darauf zurück.

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