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Brandenburg: HBS-Skandal: Christoffers war direkt beteiligt

Wirtschaftsminister führte entscheidendes Gespräch: Trotz Warnungen einigte sich Land dabei mit Betrügern auf Millionen-Zahlung

Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) war nach PNN-Recherchen doch direkt an wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Fördermittel- und Betrugsskandal um die Firma Human Bio-Sience (HBS) beteiligt: Unter seiner Regie wurde die Auszahlung von bis dahin gestoppten Millionenbeträgen vereinbart. Das geht nach PNN-Informationen aus Akten der Investitionsbank des Landes (ILB) hervor, die Ermittlern zugänglich sind. Wie berichtet ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen Betrugsverdachts gegen drei HBS-Manager, zwei sitzen in Brandenburg in Untersuchungshaft. Geprüft werden auch die Umstände der Förderung durch das Wirtschaftsministerium.

Wie berichtet verlor das Land bei der insolventen HBS 6,5 Millionen Euro Fördermittel. Die von HBS angekündigte und vom Land geförderte Produktion für Wundpflaster gibt es nicht. In Luckenwalde existiert nur ein nicht einmal halbfertiger Rohbau. Einer der Firmenvertreter war schon in den USA wegen Fördermittelbetrugs rechtskräftig verurteilt. Die Verurteilung war schon 2011/12 öffentlich. Wesentliche Geräte, die nach dem Gespräch Christoffers’ mit den Investoren gefördert wurden, sind nicht auffindbar und – so der Verdacht – existierten nie.

Christoffers, der seit Wochen wegen HBS und seit Monaten wegen der von ihm durchgesetzten Millionen-Förderung der ebenfalls insolventen Firma Odersun unter Druck steht, hatte am Donnerstag auf die hohe kriminelle Energie der HBS-Investoren verwiesen. Eigene Verantwortung bestritt er. Zunächst hatte er gegenüber dem Fernsehsender RBB angegeben, nicht persönlich mit dem Fall HBS vertraut gewesen zu sein. Nachdem der RBB das Gegenteil nachgewiesen hatte sowie Schreiben von Minister-Mitarbeitern an die ILB bekannt wurden, musste Christoffers dies am Donnerstag in Potsdam revidieren. Er bestritt aber, an Entscheidungen mitgewirkt zu haben, die zur Auszahlung von Landesgeldern führten.

Was der Minister verschwieg: Erst bei einem Gespräch, das er mit den Investoren am 26. September 2012 am Rande einer Landtagssitzung führte, wurde festgelegt, dass HBS trotz der Bedenken Gelder bekommt. Zwei Tage später zahlte Brandenburg drei Millionen Euro. Nach PNN-Information hatten Vertreter der ILB bei dem Christoffers-Gespräch – erneut – eine Reihe von Einwänden vorgetragen:

die Strafanzeige gegen HBS,

merkwürdige Finanzströme bei HBS,

das Fehlen einer deutschen Hausbank,

die Commerzbank, bei der HBS nur ein Konto hatte, habe wichtige Erklärungen nicht abgegeben,

ein Gutachten, das zum Ergebnis kam, dass Maschinen, die gefördert werden sollten, zu Mondpreisen abgerechnet werden (Gefriertrockner für 400 000 statt etwa 100 000 Euro),

dass diese Geräte noch nicht geliefert und allenfalls angezahlt waren,

kritische Stellungnahmen der für Investorenwerbung und -betreuung zuständigen Zukunftsagentur des Landes.

Damit nicht genug: Nach PNN-Informationen lieferte einer der HBS-Manager indirekt weitere Gegenargumente: Wortreich habe er vor dem Minister dargelegt, dass HBS Baufirmen nicht bezahlen könne, wenn nicht Fördermittel für die Gefriertrockner kommen. Im Klartext: Die Firma war pleite, musste Fördergelder intern verschieben. Der Manager habe dargelegt, dass HBS das Fördergeld für die noch nicht gelieferten, allenfalls angezahlten Gefriertrockner für die Baurechnungen benötigt. Wie dann die Gefriertrockner bezahlt werden sollten, blieb offen. HBS bekam trotzdem die Millionen zugesagt.

ILB-intern wird darauf verwiesen, dass sich die Förderbank stets geweigert habe, zu zahlen. Eingeräumt wird, dass die Freigabe nach dem Minister-Treffen ein Fehler war. „Irgendwann hat man dann gegenüber dem Wirtschaftsministerium resigniert“, heißt es. Schließlich sei Christoffers auch Mitglied im obersten Kontrollgremium der ILB, dem Verwaltungsrat.

Ermittler interessieren sich auch dafür, wie das Land auf Scheinrechnungen hereinfallen konnte. Christoffers selbst hatte angegeben, es seien Originalbelege geprüft worden. Da HBS aber, wie von der ILB angemerkt, weder über eine deutsche Hausbank noch über Eigenkapital oder über nachvollziehbare Finanzströme verfügte, bleibe die Frage, welche Belege für tatsächliche Geldflüsse das Land geprüft hat und wann diese entstanden.

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