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Die Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg.

© dpa/Patrick Pleul

Update

„Größte Sorge, dass irgendwann jemand zu Tode kommt“: Auffällig viele Arbeitsunfälle in Brandenburger Tesla-Fabrik

Im ersten Jahr nach der Eröffnung soll laut einem Bericht 247 Mal ein Rettungswagen oder Hubschrauber gerufen worden sein. Der Bezirksleiter der IG Metall zeigt sich besorgt.

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In der Fabrik des US-Autobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide kommt es einem Medienbericht zufolge zu deutlich mehr Arbeitsunfällen als in anderen Autowerken. Darunter seien auch schwere und schwerste Arbeitsunfälle, berichtete der „Stern“ laut Vorabmeldung vom Donnerstag unter Berufung auf Angaben von Behörden und Rettungsdiensten. Kritik gibt es nun auch an der Rolle der brandenburgischen Landesregierung und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Arbeitsunfälle, die zu einer mindestens dreitägigen Arbeitsunfähigkeit führen, sind in Deutschland meldepflichtig. Laut „Stern“ meldete Tesla allein zwischen Juni und November 2022 mindestens 190 Unfälle in Grünheide – also fast einen pro Tag. Rettungsstellen zufolge sei zudem im ersten Jahr nach der Eröffnung 247 Mal ein Rettungswagen oder Hubschrauber gerufen worden, berichtete das Magazin weiter. Auf die Mitarbeiterzahl umgerechnet seien dies dreimal so viele Notfälle wie beispielsweise im Werk von Audi in Ingolstadt.

„Wir sind schon seit Längerem besorgt über die Arbeitssicherheit bei Tesla in Grünheide“, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen, Dirk Schulze. „Zahlreiche Beschäftigte berichten uns von Unfällen und Gesundheitsbelastungen. In einigen Bereichen führt dies zu Krankenständen von bis zu 40 Prozent.“ Dem „Stern“ sagte Schulze, er habe „die größte Sorge, dass irgendwann jemand zu Tode kommt“.

Gewerkschafter erhebt schwere Vorwürfe

Der Gewerkschafter macht der Tesla-Führungsetage deshalb schwere Vorwürfe: Das Management reagiere „mit Druck auf die Kranken“, erklärte er. „Und die noch Gesunden werden angehalten, mit weniger Personal die gleichen Stückzahlen zu produzieren.“ Angesichts der Medienberichte sei nun zu befürchten, dass Tesla nach den Mitarbeitern suche, die mit der Presse gesprochen haben, anstatt die Missstände zu beheben.

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Aktuell arbeiten in dem Werk in Brandenburg Unternehmensangaben zufolge mehr als 10.000 Beschäftigte – „perspektivisch sind 22.500 Mitarbeiter möglich“, erklärte Tesla. Der Konzern will die Produktionskapazität in dem Werk auf eine Million Autos verdoppeln.

Brandenburgs Ministerpräsident Woidke sagte dem „Stern“, dass er von den häufigen Unfällen im Tesla-Werk wisse. Er sei aber „nicht der Sprecher von Tesla“. Derweil reichte das Transparenzportal „FragDenStaat“ Klage gegen den SPD-Politiker ein, um Einsicht in Unterlagen einer gemeinsamen Taskforce der Landesregierung mit dem Autobauer zu erhalten.

Nach Angaben der Staatskanzlei gibt es seit Ende 2019 regelmäßig Treffen von Ministerien- und Unternehmensvertretern. Die Aktivisten werfen Woidke vor, Informationen zu diesen Treffen unter Verschluss zu halten. Aiko Kempen von „FragDenStaat“ sagte dem „Stern“: „Die Öffentlichkeit hat das Recht, zu erfahren, wie ein Milliardenkonzern Einfluss auf das Land nimmt.“

Bundesarbeitsminister ist besorgt

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich besorgt. „Arbeitsschutz schützt in Deutschland im Zweifelsfall auch Leben und deshalb bin ich tief besorgt über die Nachrichten, die da über ein großes Unternehmen in die Öffentlichkeit gekommen sind“, sagte Heil RTL und n-tv. Er erwarte konsequente Kontrollen der Länderbehörden.

Linke-Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch schlug eine unabhängige Prüfung vor. „Lassen sich die Bedingungen nicht zügig verbessern, sollte letztlich auch über einen Entzug der Betriebserlaubnis debattiert werden“, sagte er dem „Stern“.

Das Sozialministerium hält die Zahl schwerer Unfälle nicht für außergewöhnlich. „Gerade vor dem Hintergrund der Betriebsgröße - dem größten Industriestandort von Brandenburg - ist das für uns ein normales Geschehen“, sagte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben keine Hinweise, dass hier übermäßig viele Arbeitsschutzverstöße vorfallen.“ Tesla werde regelmäßig kontrolliert. (AFP/dpa)

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