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Brandenburg: Golfschnupperkurs

Brandenburgs Landesrechnungshof präsentiert den Jahresbericht 2014. Schlendrian herrschte zum Beispiel bei der Musikakademie Rheinsberg und der Feuerwehrschule Eisenhüttenstadt. Ein Überblick

Potsdam - Alle Jahre wieder. Brandenburgs Rechnungshof rügt Verschwendung, Schlendrian und Versäumnisse im Umgang mit Steuergeld. So war es auch, als Rechnungshofpräsident Christoph Weiser am Mittwoch im Landtag den „Jahresbericht 2014“ der obersten Finanzkontrollbehörde vorstellte. Das 257-Seiten-Werk präsentiert sich in einem neuen blauen Outfit, wie auch die Homepage. Und ein eigenes Logo hat Brandenburgs Rechnungshof jetzt auch. Eine Auswahl aus den Rügen und den Empfehlungen. Besonders kräftig teilte Weiser aus.

MUSIKAKADEMIE RHEINSBERG 

Bei der vom Land Brandenburg jährlich mit 815 400 Euro geförderten Musikakademie Rheinsberg, die Berufs- und Laienmusiker weiterbildet, Nachwuchskünstler fördert, entdeckte man besonders krassen Schlendrian. „Eine Geschäftsführung, die gab es eigentlich nicht“, sagte Weiser. „Die Musikakademie hat eigentlich nichts ausgelassen.“ Da verdiente die Buchführung den Namen nicht, wurden Fahrtenbücher für Dienstfahrten schlampig, 2011 gar nicht geführt. Oder man finanzierte eine „Brigadefeier“ samt Golfschnupperkurs für tausend Euro einige Monate aus dem Fördergeld vor. Die damalige Geschäftsführerin Ulrike Liedtke ist heute SPD-Landtagsabgeordnete. Eine Stellungnahme von ihr ging bis Redaktionsschluss nicht ein.

LANDESFEUERWEHRSCHULE EISENHÜTTENSTADT

Auch an der Landesfeuerwehrschule, die gleichzeitig Technikzentrum des Katastrophenschutzes in Brandenburg ist, lag einiges „im Argen“, wie Weiser sagte. Da war ein Störfallmessfahrzeug immer noch nicht einsatzbereit, obwohl es sechs Jahre vorher vom Landesumweltamt übernommen worden war. Da durften Bedienstete eine KfZ-Werkstatt auf dem Areal privat nutzen, gegen Gebühr. Doch gezahlt wurde erst ein halbes Jahr später, und wohl auch erst, als die Prüfer die Bücher kontrollierten. In der Einrichtung, die dem Innenministerium untersteht, stellten die Prüfer gravierende Mängel und Risiken bei der IT-Sicherheit fest. So konnte ein Kompressor nur genutzt werden, „wenn zu seiner Kühlung die Kellertür geöffnet war – der Serverraum“. Und auf der Homepage der Einrichtung fand man private Urlaubsbilder eines Bediensteten und eine Querverlinkung auf dessen private Homepage.

RISKANTE ZINSGESCHÄFTE 

Wie bereits in früheren Berichten kritisierte Rechnungshofpräsident Weiser das Ausmaß riskanter Zinsgeschäfte (Derivate) zur Bewirtschaftung der Landesschulden durch Brandenburgs Finanzministerium. Mit 19 Milliarden Euro (2012) habe das Volumen der von vier Mitarbeitern gemanagten Derivate den Schuldenstand des Landes überschritten. Zwar seien es inzwischen weniger, 16 Milliarden, aber immer noch zu viel. Und es dürfe nie wieder vorkommen, dass bei solchen Derivaten das Land unbegrenzte Verpflichtungen gegenüber Banken eingehe, wie 2007 unter dem damaligen Finanzminister Rainer Speer (SPD) geschehen. Weiser warnte eindringlich, wie kompliziert diese Finanzpapiere seien. Derivate seien kein Teufelszeug, auch zulässig, aber man brauche auch das nötige Know-how, um angemessen damit umzugehen. Der Bund habe eine Extra-Agentur dafür mit Sitz am Bankenplatz Frankfurt am Main gegründet, mit einem gut bezahlten Chef: „250 000 Euro Jahresgehalt damit der auf Augenhöhe mit den Bankern sei“, redete sich Weiser in Schwung. „Na ja, auf Augenhöhe nicht, aber auf Bauchnabelhöhe.“

GRUNDERWERBSTEUER – VOLLZUG LAX  

Gerügt wurde das Finanzministerium auch, weil die Finanzämter die Grunderwerbsteuer nicht konsequent eintreiben – während die rot-rote Regierung schon die nächste Erhöhung der Steuer plant. Die Grunderwerbsteuer war in der letzten Legislatur von drei auf fünf Prozent angehoben worden, spülte 2013 rund 172 Millionen Euro in die Landeskasse. In Vorbereitung durch die rot-rote Koalition ist jetzt eine Anhebung auf 6,5 Prozent. Weiser mahnte, vorher den Steuervollzug zu gewährleisten. Da stellten die Prüfer Lücken und ineffektive Arbeitsabläufe fest. Die Bediensteten müssten „in einem hohen Maße einfache Erfassungs-, Sortier- und Ablagenaufgaben verrichten“.

FILZ BEI BODEN-VERFAHREN 

Brandenburgs Agrarministerium gibt jährlich 14 Millionen Euro für Bodenneuordnungsverfahren aus, um zersplitterte Flächen zu wirtschaftlichen Einheiten zusammenzufügen. 2013 stand dafür mehr Geld zur Verfügung als für den Bau von Landesstraßen. Es geht um Flurbereinigungen, um das Anlegen von Feldwegen. Und da hat sich offenbar ein Eigenleben, eine gewisse Bedienungsmentalität entwickelt. Das vom Land bezahlte Entgelt des Verbandes, der die Aufgabe wahrnehme, steige mit der Höhe der Ausgaben, heißt es im Bericht. Es wurden Feldwege asphaltiert, „für Traktoren“, rügte der Hof. Bei der Ausweisung der förderungsfähigen Gebiete, bei der sich das Ministerium über Zweifel nachgeordneter Behörden und des Planungsbüros hinwegsetzte und die Fläche von 1000 auf 5000 Hektar erhöhte, spielte wohl auch Filz eine Rolle. „In die Entscheidung flossen auch sachfremde Erwägungen ein, die im Ergebnis die Interessen eines Flächenbewirtschafters beförderten.“

UND DER BER?

Im Jahresbericht befindet sich der Pannenflughafen nicht. Im März 2015 soll der Extra-Bericht zur BER-Prüfung vorgelegt werden, er wird dicker und brisanter. Im PNN-Interview hat Weiser bereits bestätigt, dass Brandenburgs Regierung ihre Rolle im Aufsichtsrat und als BER-Gesellschafter schlecht wahrnahm.

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