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Brandenburg: Geplanter Ausnahmezustand

In der Region waren Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht im Großeinsatz. Die Bilanz ist aber überwiegend positiv. Am Brandenburger Tor wurde friedlich gefeiert. In der Prignitz erlitten zwei Personen nach einer Böllerattacke ein Knalltrauma

Berlin/Potsdam - Um Mitternacht ist wieder alles wie immer. Die letzten Sekunden von 2016 werden runtergezählt, dann knallen Sektkorken, Böller und Raketen über den Tiergarten. Berlin ist ins neue Jahr gerutscht. Zwei Stunden zuvor war die Stimmung auf der Festmeile zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule noch etwas verhaltener. Vorne, wo Stars wie DJ Bobo, die Venga Boys und Max Giesinger auftreten, ist zwar schon um halb acht wieder alles voll, aber schon beim Riesenrad auf Höhe Yitzhak-Rabin-Straße stehen nur noch verstreut Menschen und schauen sich die Show auf Leinwänden an. „Es ist leerer als sonst“, findet eine Besucherin aus Lichtenberg, die mit ihren Freundinnen bereits das zehnte Jahr in Folge mitfeiert. „Der Anschlag vor Weihnachten hat den Leuten die Feierlaune verdorben“, glaubt ein Glühweinverkäufer und wartet weiter auf Kundschaft.

Die steht teilweise noch in langen Schlangen vor den Einlasskontrollen. Jede Handtasche wird durchsucht, jeder Besucher abgetastet. Größere Rucksäcke und Taschen dürfen nicht mit reingenommen werden. Dazu stehen überall Polizisten mit Maschinenpistolen. 1500 Beamte sind auf der Festmeile, 3500 in ganz Berlin unterwegs. Als Reaktion auf den Anschlag sind zusätzlich Hunderte Betonklötze aufgebaut, gepanzerte Fahrzeuge bewachen alle Zufahrtsstraßen.

Mit Erfolg: Am Neujahrstag zog die Berliner Polizei eine „insgesamt positive Bilanz“. 3123 Notrufe bearbeiteten die Einsatzkräfte in der Nacht, die meisten im Zusammenhang mit Schlägereien, Sachbeschädigung und Verletzten. Auf der Festmeile oder auf dem Weg dorthin sei es aber auch zu mindestens sechs Anzeigen von Frauen gekommen, die sexuell belästigt wurden. In einem Fall sei eine Frau am Po begrapscht worden, in einem anderen Fall habe sich ein Exhibitionist entblößt. Fälle von Männergruppen, die gezielt Frauen bedrängt hätten, wie es vor einem Jahr in Köln passiert war, waren der Pressestelle nicht bekannt. In zwei Fällen gelang es der Polizei, Verdächtige festzunehmen. Die beiden Männer, 20 und 26 Jahre alt, verbrachten die Silvesternacht ebenso in einer Gefangenensammelstelle wie ein 30-Jähriger, der auf der Festmeile „Bombe“ und „Ey, du Salafist“ gerufen hatte. Auch die Feuerwehr erlebte eine turbulente Nacht. Bis zum Morgen stieg die Zahl der Einsätze auf 1585, wovon 432 Brände waren. Im Vorjahr waren es 1361 Einsätze gewesen.

Berlinweit gab es auch in der Silvesternacht wieder etliche Menschen, die sich beim Hantieren mit Feuerwerk schwer verletzten. Im Unfallkrankenhaus Berlin mussten 14 Menschen mit schweren, durch Pyrotechnik verursachten Verletzungen behandelt werden, sagte Sprecherin Angela Kijewski. In den meisten Fällen hätten explodierende Böller Körperteile abgerissen oder diese so schwer verletzt, dass sie amputiert werden mussten.

Auch in Brandenburg gab es leichtere Brände und mehrere Verletzte durch Feuerwerkskörper. Die Betroffenen erlitten Angaben der Regionalleitstellen zufolge Kopfplatzwunden sowie Augen- und Handverletzungen. Solche Vorfälle habe es unter anderem in Werder (Potsdam-Mittelmark) und Brandenburg/Havel gegeben. Auch in Stülpe (Teltow-Fläming) wurden zwei Menschen verletzt, weil eine Silvesterrakete quer durch eine Personengruppe flog, wie die Polizei mitteilte. Rettungskräfte brachten die Opfer ins Krankenhaus.

Aber nicht in allen Fällen handelte es sich der Polizei zufolge um einen Unfall. In Wittenberge (Prignitz) wurden demnach am Silvesterabend eine Frau und ein Mann von einem Bekannten absichtlich mit Böllern beworfen. Beide Opfer erlitten ein Knalltrauma. Die Polizei ermittele wegen gefährlicher Körperverletzung. Insgesamt sei der Jahreswechsel in Brandenburg aber vergleichsweise ruhig und ohne dramatische Notfälle verlaufen, hieß es.

Ein Wohnungsbrand im Spreewald hatte dagegen laut Polizei nichts mit der Silvesterknallerei zu tun. Die Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Lübben (Dahme-Spreewald) brannte am Samstagabend vollständig aus, zudem griffen die Flammen auf zwei weitere Appartements über, wie es von der Leitstelle hieß. Sechs Menschen, darunter die Mieterin der Wohnung, seien mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht worden. Laut Polizei waren auch zwei Kinder unter den Opfern. Gegen die 72 Jahre alte Mieterin sei ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung eingeleitet worden. Demnach habe sie in ihrer Wohnung brennende Teelichter unbeaufsichtigt gelassen. F. Hackenbruch mit dpa

F. Hackenbruch mit dpa

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