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Armutsrisiko: Frankfurt ist Brandenburgs Neukölln

In einigen Regionen in Berlin-Brandenburg hat der Aufschwung nichts am Armutsrisiko geändert. Das geht aus dem aktuellen Sozialbericht für beide Bundesländer hervor.

Potsdam - An der Spree sind es Problemkieze, in der Mark die entlegenen Regionen: In Berlin und Brandenburg wächst das Sozialgefälle, in der Hauptstadt stärker als im Umland. Das geht aus dem am Donnerstag in Potsdam vorgestellten ersten „Regionalen Sozialbericht“ des gemeinsamen Amtes für Statistik hervor. Danach lebt etwa in Berlin-Neukölln fast jeder dritte Einwohner von Sozialleistungen. In der Uckermark ist es jeder fünfte, in Frankfurt (Oder) noch mehr – ohne dass eine Trendumkehr in Sicht ist.

Generell gilt, dass wirtschaftlicher Aufschwung und sinkende Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren nicht zu geringerer Armut geführt haben. Das Armutsrisiko ist immer noch zu hoch, wie der neue Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und sein Brandenburger Ressortkollege Günter Baaske (SPD) sagten. „Durch gezielte Angebote im Sozialbereich wollen wir die Armut in Berlin wirksam bekämpfen“, sagte Czaja. Der richtige Weg sei, dass mehr Menschen in Arbeit kommen. Armut bleibe ein „großes Problem“, besonders in Ostdeutschland, sagte Baaske.

In Berlin gelten 14,2 Prozent der Bevölkerung als von Armut bedroht. Jeder siebente Berliner muss also monatlich mit weniger als rund 766 Euro – 60 Prozent des hiesigen Durchschnittseinkommens – auskommen. Mit Bezug auf das deutschlandweite, höhere Lohnniveau läge der Anteil in Berlin sogar bei 19 Prozent. Der 14-Prozent-Anteil ist hier seit 2006 stabil, vorher waren es 16 Prozent. In Brandenburg hingegen leben 13,6 Prozent mit einem Armutsrisiko, Tendenz langfristig steigend – zur Jahrtausendwende waren es 11 Prozent. Von Armut am meisten bedroht sind in der gesamten Region vor allem junge Erwachsene im Ausbildungsalter, Familien und Alleinerziehende sowie Geringqualifizierte. So ist jeder dritte Berliner mit niedrigem Schulabschluss von Armut bedroht, in Brandenburg sind es hier 41 Prozent.

Das Risiko der Altersarmut ist bislang kaum verbreitet. In Berlin haben der Statistik zufolge über 65-Jährige monatlich mehr Geld zum Leben als Berufstätige vor dem Rentenalter. Das betreffe besonders Neukölln, Mitte und Spandau, heißt es. In Deutschland insgesamt, aber auch in Brandenburg – besonders stark im Umland – haben die Schichten im berufstätigen Alter mehr Geld in der Haushaltskasse als Rentner.

Nach dem Sozialbericht gibt es innerhalb Berlins wie auch Brandenburgs ein Wohlstands- oder Armutsgefälle. In Berlin ist etwa in Neukölln der Anteil an von Armut gefährdeten Menschen (22,5 Prozent) am größten, gefolgt von Friedrichshain-Kreuzberg (21,3 Prozent), in Steglitz-Zehlendorf ist der Anteil am geringsten (8,6 Prozent). Bei anderen Daten – Hartz-IV-Haushalte oder Wohnraum je Einwohner – fallen die Befunde ähnlich aus. In Neukölln leben die Menschen „enger“ als in Pankow, sagte Ulrike Rockmann, Präsidentin des Statistikamtes. Und der Wandel in den Kiezen, der Austausch der Bevölkerung, spiegelt sich auch in der Statistik wider. Immer weniger sozial Benachteiligte leben in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Lichtenberg.

In Brandenburg stieg das Armutsrisiko in Randregionen, etwa in der Prignitz oder in Frankfurt (Oder), über die 20-Prozent-Marke. In Potsdam-Mittelmark liegt der Wert bei 6,8 Prozent – und ist somit niedriger als in Zehlendorf. Das früher sozial homogenere Brandenburg ähnele immer mehr Berlin und seinen sozialen Unterschieden.

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