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Die Landrätekonferenz blieb „deutlich hinter den Erwartungen zurück“, sagte der Vorsitzende des Landkreistags, Siegurd Heinze.

© dpa/Patrick Pleul

Flüchtlingsgipfel in Brandenburg: Landrätekonferenz endet ergebnislos – Kommunen verärgert über Land

Die Landrätekonferenz zur Flüchtlingsaufnahme endet weitgehend ergebnislos. Nun soll es Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) richten.

Sechs teilnehmende Minister waren nicht genug: Nach der bereits um mehrere Wochen verschobenen Landrätekonferenz im Potsdamer Innenministerium bleiben die Differenzen zwischen der kommunalen Ebene und der Landesregierung beim Streit um die Flüchtlingsaufnahme groß. Brandenburgs kommunale Spitzenverbände fordern deshalb nun einen Flüchtlingsgipfel unter Leitung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Das vom Landeskabinett erarbeitete Konzept zur Flüchtlingsaufnahme, das unter anderem 3000 zusätzliche Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes und eine längere Verweildauer dort vorsieht, bleibe „deutlich hinter den Erwartungen zurück“, kritisierte Siegurd Heinze, der Vorsitzender des Landkreistags und Landrat des Oberspreewald-Lausitz-Kreises ist. Das Fazit des erfahrenen Kommunalpolitikers zur Runde im Innenministerium war verheerend: „Man hat uns geduldig zugehört und auch zu Wort kommen lassen.“ Mehr aber auch nicht.

Kritik auch vom Städte- und Gemeindebund

Auch der Präsident des Städte- und Gemeindebunds, Wittenberges Bürgermeister Oliver Hermann, zeigte sich ernüchtert. „Zu viele Fragen sind heute offen geblieben“, sagte Hermann. „Bürgermeister und Amtsdirektoren erwarten sehr konkrete Signale von der Landesregierung.“ Doch die habe es nicht gegeben. So bleibe weiter offen, in welcher Trägerschaft die Übergangseinrichtungen sein sollten. Oder wie die konkrete Unterstützung etwa in den Bereichen Kita und Schule aussehen solle.

Denn die Kapazitäten der Kommunen seien bei der Flüchtlingsunterbringung und bei den Schulen an den Grenzen angelangt. „So wie in den letzten Jahren geht es nicht mehr weiter“, sagte Landrat Heinze. „Und wer das noch nicht verstanden hat, ist noch nicht in der Realität angekommen.“

Differenzen zu Übergangseinrichtungen

Der geballten Verärgerung der Kommunalvertreter hatte Innenminister Michael Stübgen wenig entgegenzusetzen. „Wir haben Maßnahmen, die greifen und über die man diskutieren kann“, sagte der CDU-Mann. „Wir haben intensiv über die Situation und das Maßnahmenpaket der Landesregierung diskutiert.“ An manchen Stellen erhielt Stübgen am Mittwoch sogar Rückendeckung. So sprach sich auch Heinze für eine Landesübergangseinrichtung aus, in die „Menschen, die keine Perspektive haben und vollziehbar ausreisepflichtig sind, überführt werden sollten und von dort zurückgeführt werden sollten.“

So wie in den letzten Jahren geht es nicht mehr weiter.

Siegurd Heinze, Vorsitzender des Landkreistags

Das allerdings scheiterte in der Potsdamer Kenia-Koalition bislang stets am Protest der Grünen. Doch Heinze betonte am Mittwoch mehrfach die Bedeutung von Rückführungen. Es sei „Auffassung aller Landrätinnen und Landräte“, dass man nur dann konsequent Flüchtlinge aufnehmen könne, wenn alle die, die keinen Asylstatus erhalten, auch konsequent zurückgeführt werden.

Kommunen fordern mehr Tempo

Vor allem aber forderten die Kommunen am Mittwoch mehr Tempo vom Land. „Wir haben im letzten Jahr 39.000 Menschen aufgenommen, allein in meinem Landkreis 1719“, sagte Heinze. „Deswegen weiß ich gar nicht: Wo ist denn jetzt das Problem bei 3000 Plätzen in Landesträgerschaft?“

Ein Problem könnten die Finanzen sein: Im Doppelhaushalt für die Jahre 2023/2024 hat das Land rund 500 Millionen Euro für die Flüchtlingsunterbringung bereitgestellt. Für den Bereich Schulen gab es 23 Millionen Euro zusätzlich, für die Kitas 6,5 Millionen Euro und für die soziale Betreuung der Flüchtlinge immerhin 192 Millionen Euro. Einzig das Innenministerium, unter dessen Dach die Erstaufnahme stattfindet, hatte damals keine zusätzlichen Mittel für die Flüchtlingsunterbringung angemeldet.

Linke lehnt mehr Abschiebungen ab

„Jetzt rächt es sich, dass die Landesrergierung ein Dreivierteljahr lang nichts getan hat“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der oppositionellen Linken, die Abgeordnete Andrea Johlige, auf Anfrage dieser Zeitung. Es sei die ganze Zeit über kein einziger Cent für zusätzliche Unterbringungen an die Kommunen geflossen. „Die längere Unterbringung in der Erstaufnahme wird nicht helfen, weil zum Beispiel Familien aufgrund einer bundesrechtlichen Regelung maximal ein halbes Jahr dort untergebracht sein dürfen.“

Nötig seien sehr schnelle, unbürokratische Hilfen für die Landkreise und kreisfreien Städte, so Johlige. Die Forderungen nach mehr Abschiebungen wies sie hingegen zurück: Im vergangenen Jahr habe es in Brandenburg nur 145 Abschiebungen gegeben. „Selbst wenn es da deutlich mehr gibt, wird das kein Problem lösen“, sagte Johlige. „Mit Abschiebungen löst man kein Aufnahmeproblem.“

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