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Einsatz in Berlin-Prenzlauer Berg: Wegen des Verdachts auf Ebola bei einer Kundin im Jobcenter waren zahlreiche Beamte von Polizei und Feuerwehr im Großeinsatz.

© dpa

Ebola-Verdacht in Berlin: Experten rechnen nicht mit Ebola bei kranker Frau

Eine Frau, die kürzlich in Afrika war, erlitt im Jobcenter an der Storkower Straße einen Kreislaufzusammenbruch und wurde mit dem Verdacht, an Ebola erkrankt zu sein, in die Charité eingeliefert. Experten rechnen aber nicht mit einem Ebola-Fall. Dennoch wurde ein Speziallabor eingeschaltet.

In Berlin gibt es einen Ebola-Alarm. Die Feuerwehr wurde um 10:46 Uhr wegen einer Kreislaufschwäche bei einer Klientin des Jobcenters an der Storkower Straße in Prenzlauer Berg alarmiert. Nach Eintreffen des Rettungswagens äußerte eine Mitarbeiterin des Jobcenters den Verdacht, dass es sich um ebolaähnliche Symptome handele. Daraufhin wurde auch die Polizei verständigt, die das Gelände vorsorglich absperrte. Nach Angaben von Polizeisprecher Thomas Neuendorf befanden sich rund sechshundert Personen innerhalb des abgesperrten Bereichs und durften diesen zunächst nicht verlassen, Mitarbeiter ebenso wie Klienten des Jobcenters. Die Stimmung unter ihnen blieb von außen betrachtet ruhig, nur vereinzelt gab es Unmut.

Die Polizei nahm die Personalien der Betroffenen auf. Gegen 14:15 Uhr wurde die Abriegelung aufgehoben: Die Mitarbeiter kehrten an ihre Arbeitsplätze zurück, Klienten stand es frei zu gehen. Zwei Personen aber, die mit der Patientin in direktem Kontakt standen, müssen genauer untersucht werden. Sie hat der Amtsarzt nach Hause geschickt, wo sie bis auf Weiteres bleiben sollen. Im Moment darf außer den Einsatzkräften noch niemand das Gebäude wieder betreten, auch diese Absperrung wird aber voraussichtlich bald aufgehoben.

Die Feuerwehrleute tragen Spezialanzüge

Die Klientin, deren Symptome den Alarm auslösten, wurde vom ärztlichen Leiter der Berliner Feuerwehr untersucht und 13:30 Uhr mit einem Krankenwagen in die Infektiologie des Virchow-Klinikums der Charité eingeliefert. Bei der Feuerwehr konnte man den Verdacht, es könne sich um Ebola handeln, bisher nicht bestätigen. In einer improvisierten Pressekonferenz vor dem Jobcenter sagte der Feuerwehrsprecher Rolf Erbe: "Die Symptome sind gegeben." Die Frau habe Kreislaufprobleme gehabt und sei umgekippt. Es sei bekannt, dass die Frau kürzlich in Afrika war. Allerdings sei sie nicht in einem Ebolagebiet gewesen, sagte Regina Kneiding, stellvertretende Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. "Die Experten in der Charité rechnen deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit damit, dass es sich nicht um Ebola handelt." Trotzdem wurde eine Probe an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg geschickt. Denn nur ein Hochsicherheitslabor darf die Ebola-Diagnostik durchführen. Wann ein Ergebnis vorliegen wird, ist noch unklar.

Die eingesetzten Feuerwehrleute schützen sich mit Spezialanzügen. Einen besonderen Rettungswagen gibt es nicht. Das eingesetzte Fahrzeug muss gegebenenfalls nach dem Einsatz dekontaminiert werden. Vor Ort befanden sich mehr als hundert Polizisten, die mit Mundschutz ausgestattet waren. Mittlerweile sind aber nur noch wenige Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr vor Ort. Der Verkehr auf der Storkower Straße war nicht beeinträchtigt. Auf dem Bürgersteig vor dem Jobcenter war zu beobachten, wie sich vorbeikommende Passanten Kleidungsstücke vor den Mund halten.

Seit Dezember wütet in West-Afrika eine Ebola-Epidemie. Bisher sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 2240 Menschen in Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria erkrankt, 1229 Menschen sind an dem Virus gestorben. Ebola-Verdachtsfälle haben sich bisher in keinem anderen Land der Welt bestätigt. Das Virus kann in Ländern mit funktionierendem Gesundheitssystem außerdem gut eingedämmt werden. Es wird nur über Körperflüssigkeiten und nicht wie die Grippe oder Masern über die Luft übertragen. Während der Inkubationszeit kann man keinen anderen Menschen anstecken.

An der Charité können bis zu 20 Ebola-Patienten behandelt werden

Dass Reisende die Krankheit nach Europa einschleppen, sei sehr unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. So lautet das Fazit einer Risikoanalyse der europäischen Seuchenbehörde ECDC. Besteht hierzulande Verdacht auf Ebola, wird derjenige sofort isoliert.

Im Ernstfall werden alle Kontaktpersonen ermittelt und ebenfalls untersucht. „Meist ist es Fehlalarm. Oft kann eine Malaria nachgewiesen werden“, sagt Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie an der Charité. 1999 zum Beispiel kam ein deutscher Kameramann mit Fieber, Erbrechen und Durchfall zurück von der Elfenbeinküste. Nach und nach schlossen die Ärzte auf der Isolierstation andere Infektionen aus. Bis auf Ebola. Eine Probe, die im Hochsicherheitslabor am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg analysiert wurde, schien das zu bestätigen. Das Ergebnis war falsch-positiv. Der Mann starb schließlich an Gelbfieber – obwohl er angeblich geimpft war. Später stellte sich heraus, dass er die Impfungen gegen Gelbsucht und Gelbfieber verwechselt hatte. Mitte August hatte es außerdem einen Ebola-Verdachtsfall in Hamburg gegeben. Ein Mann aus Sierra Leone war über Paris in die Hansestadt gekommen und wurde auf die Isolierstation des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gebracht. Der Verdacht hat sich nicht bestätigt.

In Berlin wird ein auffälliger Patient zunächst an Ort und Stelle separiert. In 15 Minuten können die Notärzte klären, ob es nicht doch Malaria ist. Bleibt die vorläufige Diagnose Ebola, Marburg-Virus, Lungenpest oder eine ähnlich gefährliche Infektion bestehen, ruft das Gesundheitsamt Seuchenalarm aus.

Innerhalb einer Stunde wird dann die Station 59 am Virchowklinikum komplett geräumt. Seit 2010 ist es die größte Sonderisolierstation Deutschlands. Ein Spezialtransporter holt den Kranken ab. Er wird dann in einem Unterdruckzimmer, aus dem kein Virus entweichen kann, von Schwestern und Ärzten im „Mondanzug“ intensivmedizinisch betreut. Bis zu 20 Patienten können so versorgt werden. Etwa 180 Charité-Mitarbeiter sind dafür ausgebildet. Sie üben jeden Monat. „Vor so etwas ist uns nicht bange“, sagt Suttorp. „Aber ein Alarm kostet viel Geld. Das will gut überlegt und begründet sein.“

Ein Flugzeug mit einem Patienten mit Ebola-Symptomen an Bord dürfte in Berlin nicht landen, denn Tegel und Schönefeld haben keine Isolierstation. Ein Flieger müsste daher in eine andere Stadt umgeleitet werden.

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