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Kommentar zum Frauentag: Es kann nur schiefgehen!

Der moderne Mann ist verunsichert: Darf man nun zum Internationalen Frauentag mit Blumen gratulieren oder ist das herablassend? Wie macht Mann es besser? Ein #Hilfeschrei von Peter Tiede.

Ich weiß nicht weiter! Wann fühlt sich Frau noch ernst genommen? Und welche? Und wie viele? Gibt es DIE Frauen an DEM Frauentag? Hilft man ihnen am Kampftag für ihre Rechte? Oder beglückwünscht man sie? Und wenn ja: wozu genau und wie richtig? Ich weiß es nicht mehr. Unterstützt man sie, könnte man ihnen das Gefühl geben, sie hätten die männliche Hilfe nötig - Achtung: Herablassungsalarm!

Früher war’s nicht besser, aber einfacher hat Mann es sich gemacht: Glückwunsch und Blumen für die Mutti und die Klassenlehrerin, mal mehr helfen, einen Tag am Riemen reißen – und fertig. Oder etwas später dann: Glückwunsch und Frühstück für die Mutti, Blumen mit auf Arbeit, Abendessen für die Freundin – nur nett sein, mal mehr helfen. An diesem einen Tag mal ganz besonders – fett unterstrichen und so richtig: gönnerhaft. Clara Zetkin hätte das Tuch von den Frauentagstafeln gerissen.

Und heute? Ist Blumenschenken schon so was wie positiver (aber natürlich voll negativer) Sexismus? Darf Mann Frau noch in den Mantel helfen? Ist Tür aufhalten der Manier gewordene alltägliche Verweis auf das schwache-Geschlechtsein. Muss man sich derart selbst verleugnen, wie der Pressesprecher einer nicht rechten Landtagsfraktion in Brandenburg, der – offenbar der schriftlichen Selbstkastration nahe – immer nur Kolleg_innen in seinen E-Mails anschreibt? Freuen sich Frauen über Männer ohne Maskulinum? Egal: Das alles hilft den Frauen bei ihrem Kampf um Gleichberechtigung und gleiche Löhne nicht. Auch wenn Mann es nett meint.

Im Vorjahr gab es bei uns in der Redaktion Blumen und Torte für die Frauen. Da fühlte ich schon, dass ich mich nicht gut fühlen dürfte, obwohl ich es eigentlich tat. Nach den wilden Diskussionen um rumdirndelnde alte Männer und all dem radikalfeministischen und stammtischernden Ausgeufer in Kneipen und Kolumnen, dem #Aufschrei-Getwittere und Gelike und Disgelike: keinen blassen Schimmer mehr, ob man noch ein Titelbild zum Frauentag machen kann, ohne Chauvinist oder Frauenversteher zu sein. Und welches Titelbild: Blumen? Einen Nackten mit einer Rose im Mund? Alle Frauen aus der Zeitung? Einen Teller Frühstück? Clara Zetkin? Was Politisches aus der Dritten Welt? Die ganze Seite lila?

Es kann nur schiefgehen: Entweder schmeißt man sich rainerbrüderlend ran, gratuliert den Frauen zu dem, wofür sie am wenigsten können: zum Frausein; so mit Charme und so – und rennt in die Genderfalle und ignoriert den eigentlichen Sinn des Tages: das Politische. Oder man macht nichts. Wird aber auch wieder falsch sein. Ganz falsch.

Zu Hause ist es einfach. Es gibt Blumen für meine Frau - wie öfter mal im Jahr. Wenn sie fragt, warum? Sie kann es sich aussuchen: ob aus Liebe, wegen des Frauentags oder weil sie eine Kämpferin ist - oder einfach nur, weil mir danach war oder ich die Blumen einfach schön fand. Alles das ist richtig. Aber draußen in der aufgeregten Genderwelt? Ich würde es gern wieder ernst meinen dürfen: Alles Gute zum Frauentag - auch den Männern. Es kommt von Herzen: #Hilfeschrei.

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