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Brandenburg: Einfach überfahren

24-Jähriger hat seine Großmutter und auf der Flucht zwei Polizisten getötet

Müllrose/Potsdam - Ein 24-Jähriger hat am Dienstag im brandenburgischen Müllrose bei Frankfurt (Oder) vermutlich im Drogenrausch zwei Polizisten überfahren und dabei getötet. Der Mann steht im Verdacht, seine 79 Jahre alte Großmutter ermordet zu haben, wie ein Polizeisprecher sagte. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sprach vom „schwersten derartigen Vorfall in der Geschichte der Polizei unseres Landes seit 1990“. Die Polizei war am Morgen alarmiert worden, weil der Mann unter Drogen mit dem Auto seiner Großmutter losgefahren sein soll. Als die Beamten die Leiche der Großmutter am Vormittag im Bad ihres Hauses fand, leitete die Polizei sofort eine Großfahndung ein. Es habe Hinweise gegeben, dass der 24-Jährige sich nach Bayern zu einer Freundin absetzen wollte, erklärte Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. Autobahnabfahrten wurden abgeriegelt, ein Polizeihubschrauber entdeckte den Wagen um 12.40 Uhr, mehrere Einheiten errichteten dann Straßensperren.

An einer Straßensperre bei Oegeln nahe Beeskow habe der Mann dann die beiden Beamten überfahren. Sie waren sofort tot, sagte Schröter. Die beiden Beamten hatten versucht, den Wagen mit einem Nagelbrett zu stoppen. Der 24-Jährige raste jedoch auf den Fahrradweg neben der Straße und überrollte dabei mit hoher Geschwindigkeit die beiden Beamten. Der Mann habe „mit seinem Auto voll auf die Polizisten draufgehalten, die sich auf dem Radweg neben der Straße in Sicherheit gebracht hatten“, sagte Polizeipräsident Mörke. „Das zeigt, mit welcher Skrupellosigkeit und mit welcher Gewalt dort gehandelt wurde.“

Hundert Meter weiter verließ der Mann den Wagen, rannte in ein nahe gelegenes Dorf und stahl dort ein neues Auto. Auf einem Feldweg in Oegeln bei Beeskow soll sich sein Wagen überschlagen haben. Nach kurzer Flucht zu Fuß konnte ihn die Polizei festnehmen. Bei seiner Flucht mit dem Auto baute der 24-Jährige mindestens drei Unfälle, es blieb bei Blechschäden. Wegen seiner Verletzungen musste er zunächst ärztlich behandelt werden und war nicht vernehmungsfähig.

Der 24-Jährige ist nach PNN-Informationen Drogenkonsument, bei der Polizei wird er im Bereich „Betäubungsmittel“ geführt. Laut Staatsanwaltschaft wurde er bereits mehrfach verurteilt. Den Behörden ist er wegen Bedrohung, Körperverletzung, Diebstahl und Fahren ohne Führerschein bekannt. Die Polizei prüft nun, ob sich der Mann bei seiner Großmutter Geld besorgen wollte. Die Frau soll durch Schnittverletzungen am Hals tödlich verletzt worden sein.

Innenminister Schröter sagte, seit 1990 seien in Brandenburg nun drei Beamte im Dienst getötet worden. Der letzte Fall liegt 22 Jahre zurück: In Potsdam hatte ein flüchtender Einbrecher im August 1995 den Polizisten Martin Heinze erstochen. Schröter sprach am Dienstag von zunehmender Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte. Deshalb müssten die Gesetze verschärft werden. „Wir müssen unsere Ordnungskräfte besser vor Gewalttätern schützen.“

Der Innenminister ordnete als Zeichen „der Anteilnahme und Trauer des gesamten Landes“ Trauerbeflaggung an und sagte: „Die brutale Gewalttat ist unbegreiflich und lässt mich fassungslos zurück.“ Auch die Polizeifahrzeuge werden Trauerflor tragen. Schröter sagte, er werde alles in seiner Macht stehende tun, um den Hinterbliebenen Hilfe zu leisten und „um das Leid der Familien zu lindern“. Die beiden 49 und 52 Jahre alten Beamten, die seit Anfang der 1990er-Jahre im Dienst waren, hinterlassen jeweils eine Frau und drei Kinder.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der selbst mehrere Jahre Innenminister in Brandenburg und damit zuständig für die Polizei war, erfuhr mitten in der Kabinettssitzung von dem Tod der beiden Polizisten. „Der Tod der zwei Polizisten hat mich schwer getroffen“, sagte Woidke. Bei einem Empfang der SPD-Landtagsfraktion für Hilfsorganisationen sagte der sichtlich bewegte Regierungschef am Abend, er bete für die Angehörigen. Am Nachmittag war er bereits im Polizeirevier von Fürstenwalde, um mit den Kollegen der getöteten Beamten zu sprechen. Am Abend sagte er dann, es sei wichtig daran zu erinnern, dass es Menschen gibt, die für andere Menschen da sind – und im Ernstfall dafür ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren. Der Landtag Brandenburg wird am Mittwochmorgen mit einer Schweigeminute an die getöteten Polizisten erinnern. Alexander Fröhlich

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