zum Hauptinhalt

Brandenburg: Eine Polizeistreife geht in die Luft

Startschuss für Tragschrauber-Testphase / Beobachtungsergebnisse werden an die Bodenstation gefunkt

Schönhagen - Nach hundert Metern Fahrt über den Asphalt geht die neue Polizeistreife buchstäblich in die Luft: Ein Tragschrauber bringt Hauptkommissar Sven Wagner mit seinem Piloten in 300 Meter Höhe. Für das nur 200 Kilogramm wiegende Ultraleichtflugzeug hat gestern die zweite Testphase begonnen. Der Wind auf dem Flugplatz Schönhagen (Teltow-Fläming) pfeift, von den knapp 17 Grad Bodentemperatur bleibt da oben nicht mehr viel übrig, denn die Männer sitzen im Freien; rechts und links von ihnen blicken sie in die Tiefe. Über der Autobahn am Berliner Ring beobachtet Wagner wenig später Temposünder und andere Verkehrsrowdys. Seine Ergebnisse funkt er an die Bodenstation.

Dort, am Autobahnparkplatz Schieferberg, wartet Polizeidirektor Sven Bogacz. Auf Anweisung des fliegenden Kollegen lässt er Lastwagen und Kleintransporter aus dem Verkehr nehmen. Mit Erfolg: Nach 30 Minuten haben die Ordnungshüter 18 Autos mit schlecht gesicherter oder zu viel Fracht aus dem Verkehr gezogen. „Die Trefferquote liegt bei hundert Prozent – schließlich sieht man von oben fast alles“, schwärmt Einsatzleiter Bogacz. In den vier Stunden zuvor ohne Luftunterstützung lag die Erfolgsquote nur bei einem Drittel.

Seit Sommer 2007 laufen – einmalig im Bundesgebiet – die Tauglichkeitstests für den Polizeidienst. Vergangenes Jahr wurden Sicht und Funk getestet. Nun soll bis Herbst endgültig geklärt werden, ob der Tragschrauber, dessen Rotor über einen Propeller am Heck anspringt und dann über den Fahrtwind in Bewegung bleibt, auch wirklich effektiv einsetzbar ist.

Nach 7100 Euro für die Miete und Piloten im vergangenen Jahr kostet laut Polizei-Inspekteur Jürgen Jakobs die abschließende Projektphase etwa 28 000 Euro – ein vergleichsweise niedriger Preis, meint er. Schließlich könnte mit dem neuen Polizeiflieger eine Menge Geld gespart werden. Mit ihm kostet eine Einsatzstunde 150 Euro, beim Polizeihubschrauber sind es 3000 Euro. Eine flächendeckende Verkehrsüberwachung mit den Helikoptern sei daher zu teuer.

Die „Polizeistreife der Lüfte“, wie Jakobs sie nennt, werde den Helikopter nicht ersetzen, sondern preisgünstig ergänzen. Die Suche nach Vermissten, das Aufspüren von illegalen Mülldeponien und andere Umweltzerstörungen seien mit dem Tragschrauber machbar. Auch könnten Demonstrationen aus der Vogelperspektive überwacht werden.

Unumstritten ist das „Projekt TS“ nicht. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Frank Domanski, forderte unlängst den Stopp der seiner Ansicht nach gefährlichen Flüge. Der Tragschrauber sei ein für den Polizeialltag unbrauchbarer „Schönwetterflieger“, kritisierte er. Da können selbst Experten nicht widersprechen – schließlich kann das auch Gyrocopter genannte Fluggerät weder bei schlechtem Wetter noch bei Dunkelheit und Minusgraden fliegen.

Zudem dürfen die 300 Meter Flughöhe nicht unterschritten werden - es sei denn, der Tragschrauber würde juristisch nicht mehr als Sportflugzeug, sondern als Polizeieinsatzfahrzeug gelten. Ob das rechtlich zulässig wäre, ist umstritten. „Das Ergebnis der Testphase ist völlig offen“, bemerkt Brandenburgs ranghöchster Ordnungshüter Jakobs zurückhaltend. Wolf von Dewitz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false