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Eine Bauruine. 11 Millionen Euro flossen an öffentlichen Geldern. Übrig blieb nichts.

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Brandenburg: Eine Nummer zu groß für die ILB

Im HBS-Förderskandal werden die Manager zu Haftstrafen verurteilt. Das Landgericht Potsdam stellt auch fest: Die Förderbank war überfordert

Potsdam - Es war einer der größten Fördermittelskandale Brandenburgs, der auch die Förderbank ILB und das Wirtschaftsministerium des Landes schlecht aussehen ließ. Nun wurden am Mittwoch zwei Manager zu Haftstrafen wegen schweren Betrugs und schweren Subventionsbetrugs verurteilt. Manoj J., Inder mit US-Pass, bekam vier Jahre und sechs Monate Haft, der Niederländer Michael de M. drei Jahre und drei Monate. Sie haben mit ihrer Firma Human Bio Sciences (HBS) nach Ansicht des Gerichts mit gefälschten Rechnungen 11 Millionen Euro an Fördergeldern bei der ILB und Investitionszulage beim Finanzamt erschlichen.

Der Fall reicht zurück ins Jahr 2005. Die beiden Unternehmen beantragten Fördergelder für den Bau einer Fabrik in Luckenwalde, in der neuartige Wundheilpflaster produziert werden sollten. Die Finanzierung kam von internationalen Kapitalgebern, etwa aus den Seychellen. Die Fabrik wurde gebaut, sie steht noch heute da als Investitionsruine. Als die ersten Fördergelder 2010 für angeblich 36 gekaufte Industriekühltrockner flossen, leiteten die beiden Verurteilten nach Ansicht des Gerichts die Gelder über ein Firmengeflecht und fingierte Rechnungen an die Investoren weiter. Doch die ILB zahlte noch bis 2012, trotz massiver Zweifel und obwohl nur zwei Trockner je bei der HBS ankamen, zwei weitere Tranchen aus. 6,5 Millionen Euro kamen von der ILB, das Finanzamt Luckenwalde bewilligte zudem etwa 4,6 Millionen Euro als Investitionszulage.

Die ILB-Rolle und mangelnde Kontrolle, aber auch die Teilgeständnisse des Duos wertete das Gericht strafmildernd. Wie das Gericht feststellte, war die Förderbank mit der Kontrolle und Überprüfung von internationalen Geldgebern und Finanzströmen schlichtweg überfordert, die sonst nur mit deutschen Banken zu tun habe. Der ILB hätten bei der HBS die nötigen Kontrollmechanismen gefehlt. „Die ILB ist darauf angewiesen, dass sie es mit redlichen Kaufleuten zu tun hat“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Dielitz. Es sei zu überlegen, ob die Bank und auch das kleine Brandenburg mit derart beschränkten Kontrollwerkzeugen selbst solche Projekte überhaupt fördern sollten, sagte er. Es gelte das Prinzip: „Schuster bleib bei deinen Leisten.“

Das Geldinstitut hatte die umstrittene Millionenförderung stets als rechtmäßig verteidigt. Anonyme Betrugsvorwürfe hätten sich zum damaligen Zeitpunkt trotz intensiver Prüfung nicht erhärtet, hieß es. Die Bank hatte insgesamt rund 13,5 Millionen Euro Fördermittel für dasUnternehmen in Luckenwalde bewilligt. Wegen noch ausstehender Prüfungen wurde allerdings weniger ausgezahlt. Zumindest zeigte Dielitz Verständnis für die ILB: Sie habe trotz vieler Hinweise auf den Betrug diesen nicht nachweisen können und hätte bei einem Förderstopp mit einer Schadenersatzklage rechnen müssen. Das war eine Gratwanderung auf einem Seil in tausenden Meter Höhe, wo man nur abstürzen kann“, sagte Dielitz.

Die ILB verteidigte ihr Handeln nach dem Urteil. „Würde man solche Konstruktionen grundsätzlich nicht zulassen, wären dem Investitionsstandort Deutschland wie auch Brandenburg zahlreiche Ansiedlungen und damit Arbeitsplätze verloren gegangen“, hieß es. In der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 habe es bei 3400 Bewilligungen lediglich bei 0,9 Prozent der Fälle einen Betrugsverdacht gegeben. Dieser habe sich lediglich in 0,09 Prozent der Fälle gerichtsfest bestätigt.

Die Rolle von Ex-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), zu dessen Büro die HBS laut Gericht einen guten Draht hatte, lehnte sich das Gericht nicht aus dem Fenster. Christoffers war vorgeworfen worden, er haben sich entgegen Zweifeln der ILB für eine Auszahlung von Fördermitteln eingesetzt. Christoffers wies dies stets zurück. Nun stellte Dielitz fest: Zwar habe die HBS Druck ausüben wollen, weil die Auszahlung einer Tranche sich verzögerte. Im Herbst 2012 kam es zum Ministergespräch mit den HBS-Managern und ILB Vertretern. Aber ob dann Christoffers wiederum politisch Druck auf die ILB ausgeübt habe, ließe sich nicht nachweisen, sagte Dielitz. Der Minister habe lediglich gesagt, er überlasse es den Beteiligten, sich möglichst schnell zu einigen. Es dürfe freilich ein politisches Interesse an einem Prestigeprojekt gegeben haben, sagte Dielitz. Eine Anweisung des Ministers habe das Gericht nicht feststellen können, wobei bei einem Obrigkeitsdenken das Gespräch durchaus hätte so verstanden werden können. Das sei jedoch reine Spekulation. Immerhin das Ergebnis der HBS-Affäre klar: „Was blieb, ist eine Bauruine, verbrannte Erde und rund elf Millionen Euro Steuergelder, die verbraten wurden im Zeitraum von 2008 bis 2013“, zog der Vorsitzende Richter Bilanz. Das Geld ist irgendwo im Ausland gelandet.

Trotz der Hafturteile kamen beide Manager nach rund 14 Monaten Untersuchungshaft frei – der Niederländer sofort, der Inder muss eine Kaution von 100 000 Euro zahlen und sich bei seiner nach Berlin gezogenen Frau anmelden. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie Beschwerde einlegt. Alexander Fröhlich (mit dpa)

Alexander Fröhlich (mit dpa)

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