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Karl-Heinz Schröter im Interview: „Die Lage hat sich etwas entspannt“

Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) spricht im Interview über Integrationshemmnisse, die Situatiuon in Cottbus nach den jüngsten Gewaltexzessen und seine Forderungen an die Bundesregierung.

Herr Minister, wo sehen Sie bei Einheimischen, wo bei Flüchtlingen die größten Integrationsprobleme?

Alle Menschen sind unterschiedlich. Ich will da nichts verallgemeinern. Aber aus meiner Sicht dürften wohl mangelnde Sprachkenntnisse, ein oftmals niedriges allgemeines Bildungsniveau und fehlende oder unzureichende berufliche Qualifikation die größten Hindernisse für eine erfolgreiche Integration darstellen. Sprache und Arbeit, das sind eigentlich immer die wirksamsten Integrationsfaktoren. Wo es daran fehlt, wird es schwer. Ich erwarte von denen, die hier Aufnahme gefunden haben, dass sie von sich aus alles tun, um hier erfolgreich Anschluss zu finden. Angebote zur Hilfe und Unterstützung gibt es in sehr großem Umfang, da ist in Deutschland wirklich viel geleistet worden. Was zum Beispiel nicht sein kann ist, dass Sprachkurse halb leer bleiben, weil die Teilnehmer einfach nicht kommen.

In Sachsen können Landkreise seit April Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge erteilen und so Zuzüge in andere Orte erschweren. In Brandenburg wird das bisher abgelehnt. Warum?

Wir haben darüber auf der letzten Landrätekonferenz gesprochen. Ich bin mir mit den Landräten und Oberbürgermeistern darin einig, dass es zunächst einer abgestimmten Position der kommunalen Ebene bedarf. Ich werde als Innenminister nichts anordnen ohne die Zustimmung der kommunalen Vertreter - und schon gar nichts gegen sie. Ich denke, das ist eine vernünftige und nachvollziehbare Haltung.

In Cottbus wurde nach Berichten über Integrationsprobleme eine Zuzugssperre für neue Flüchtlinge verhängt. War das im Rückblick sinnvoll?

Das muss natürlich in erster Linie die Stadt Cottbus selbst beurteilen. Aus meiner Sicht war diese Maßnahme sowohl notwendig als auch sinnvoll. Sie betrifft auch nicht generell den Zuzug von Flüchtlingen, sondern nur die Zuweisungen aus unserer Erstaufnahme. Uns ist von Cottbusser Seite sehr eindringlich und glaubhaft dargestellt worden, dass die Stadt eine Atempause braucht. Es geht um Probleme bei der Unterbringung, der Kita-Betreuung, in den Schulen, der Sozialarbeit, kurz der gesamten Infrastruktur, die für eine erfolgreiche Integration notwendig ist. Die Stadt braucht jetzt etwas Zeit, um hier, auch mit Unterstützung des Landes, die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können. Ich denke, dass seitdem eine gewisse Entspannung der Lage in Cottbus durchaus eingetreten ist. Das war unser gemeinsames Ziel. Dazu beigetragen hat auch die verstärkte Polizeipräsenz vor allem im Innenstadtbereich. Auch das war notwendig, um die angespannte Lage zu beruhigen.

Wie viele Flüchtlinge durften wegen des Zuweisungsstopps nicht nach Cottbus ziehen?

Flüchtlinge werden in Brandenburg nach einem bestimmten Schlüssel auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Auf Cottbus entfällt danach ein Anteil von 3,7 Prozent. Cottbus hatte seine Aufnahmeverpflichtung aber schon 2017 in einem so hohen Maße erfüllt, dass bereits jetzt schon auch für 2018 von keiner weiteren Aufnahmeverpflichtung auszugehen war. Insofern bestand aktuell für die Stadt keine Verpflichtung zur weiteren Aufnahme von Asylbewerbern. Auch das spricht für eine Atempause und den Zuweisungsstopp.

Was erwarten Sie beim Thema Flüchtlinge und Integration von der neuen Bundesregierung?

Ich erwarte vor allem eine stärkere Orientierung an der Wirklichkeit, als dies in den letzten Jahren der Fall war. Realismus statt Wunschdenken hat noch nie geschadet. Die neue Bundesregierung hat gegenüber Ländern und Kommunen viel wiedergutzumachen. Man musste ja in den letzten Jahren mitunter zu dem Schluss kommen: ,Wir schaffen das’ heißt in Wahrheit ,Ihr, also Länder und Kommunen, schafft das schon’. Damit muss Schluss sein.

Das Interview führte Yvonne Jennerjahn/epd

Karl-Heinz Schröter (63) ist seit November 2014 Innenminister des Landes Brandenburg. Davor war er von 1990 bis 2014 Landrat des Kreises Oberhavel. Geboren wurde er in Frankfurt (Oder).

Yvonne Jennerjahn

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