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Tierschutz: Der Wolf kommt Berlin näher

Mit einem neuen Managementplan sollen Akzeptanz und Verständnis für die Heimkehrer geschaffen werden. Erstmals wird das Papier auch vom Jagd- und Bauernverband mitgetragen. Bislang wurden nur 83 Nutztiere gerissen

Potsdam - Die Mark ist längst wieder ihr Revier. Und die Wölfe im Land Brandenburg werden immer mehr. Experten rechnen damit, dass sie in Zukunft auch im Berliner Umland häufiger auftauchen. Doch mit der Rückkehr der streng geschützten Raubtierart, die seit Urzeiten menschliche Urängste weckt, sind nach den Erfahrungen der letzten Jahre wachsende Konflikte verbunden. Die sollen in Brandenburg künftig besser entschärft werden. Am Donnerstag stellte Umweltministerin Anita Tack (Linke) den neuen „Managementplan für den Wolf“ für die Jahre 2013 bis 2017 vor. Ziel sei es, „Akzeptanz und Verständnis für die dauerhafte Rückkehr des Wolfes nach Brandenburg“ zu erreichen, hieß es. Das 53-Seiten-Papier ist nicht das erste dieser Art, trotzdem aber eine Premiere. Der neue Wolfsmanagement-Plan wird nämlich erstmals nicht nur von Naturschutzverbänden mitgetragen, sondern auch vom Landesjagdverband und vom Landesbauernverband, die die Rückkehr des Wolfes – und das strenge Jagdverbot – seit Langem durchaus kritisch sehen. Der Bauernbund, der Kleinbetriebe vertritt, war allerdings ausgestiegen.

Tack kündigte an, dass im Rahmen dieses Programms eine neue „Wolfsinformationsstelle“ und eine „Herdenschutzstelle“ eingerichtet werden. Details, etwa das entscheidende der Finanzierung, sind allerdings noch offen. Nach Brandenburg zurückgekehrt ist der Wolf, der sich seine Wege aus Polen und dem Baltikum westwärts sucht, schon vor einer ganzen Weile. Nachdem er hier 150 Jahre lang ausgerottet war, erst 2007 ein erstes Rudel gesichtet wurde, leben in der Prignitz, im Fläming und im derzeitigen Hauptrevier der Räuber, der Lausitz inzwischen rund 95 Tiere. Für die nächsten zwanzig Jahre wird mit einer Ausbreitung auf bis zu einige Hundert Wölfe in ganz Brandenburg gerechnet. Um nicht neue Ängste zu schüren, wird Brandenburg von den Umweltfachleuten anders als in der Vergangenheit nicht mehr öffentlich als „Wolfserwartungsland“ bezeichnet.

Zwar bevorzugen Wölfe vor allem Rehe als Speise, zu 90 Prozent. Aber es kommt immer wieder vor, dass sie auch Schafe reißen: Bisher zählt die Statistik 83 gerissene Weidetiere im Land seit der Wiedereinwanderung, bei 90 000 Kühen und 80 000 Schafen im Land. Bauern erhielten dafür 60 000 Euro Entschädigung. Das Land will nach dem Plan auch weiterhin Entschädigungen für jedes gerissene Tier zahlen, auch künftig den Bau von wolfssicheren Zäunen zu einhundert Prozent fördern. Allerdings ist das eine Absicht, eine Ankündigung, erfolgt das auf freiwilliger Grundlage. So sorgt der Wolf trotzdem weiter für Streit. Der Landesbauernverband fordert, den Schutzstatus für den Wolf zu lockern, Obergrenzen festzulegen, wie viele Tiere durch Brandenburg streunen dürfen. Und er will mit Blick auf knappe Kassen im Land durchsetzen, dass aus den bislang freiwilligen Landeszahlungen ein Rechtsanspruch auf unbürokratische Entschädigung für alle durch den Wolf nötigen Aufwendungen wird. Ähnliche Forderungen kommen von der Opposition im Landtag. Sie fordert die Aufnahme des Wolfes ins „Jagdgesetz“, damit es für Jäger Rechtssicherheit wenigstens für den Umgang mit gefährlichen Tieren gibt. Einen Wolf abzuschießen ist momentan jedoch ein Straftatbestand.

So prophezeite FDP-Landesparteivorsitzender Gregor Beyer, Wolfs-Fachmann der Landtagsfraktion, dass der Wolfsmanagementplan die Konflikte bestimmt nicht lösen kann. „Die fehlende Rechtssicherheit für die Landnutzer bleibt die Achillesferse“, so Beyer. Es sei völlig offen, aus welchem Topf die Schadensausgleiche für gerissene Nutztiere gezahlt werden. „Wer mit dem Wolf tanzen möchte, muss auch sagen, wer die Musik bezahlt“. Und für CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski ist eine „Verschärfung“ der Probleme und Konflikte in Sicht. „Praxistaugliche Lösungen sind Mangelware.“ Es gebe auch keine Aussagen, „wie viele Wölfe Brandenburg überhaupt verträgt und welche verträgliche Populationsdichte angestrebt wird.“ Die Linke-Umweltpolitikerin Carolin Steinmetzer–Mann widersprach: Nach derzeitiger Rechtslage sei eine Abgrenzung von Wolfsgebieten und eine Festlegung von Wolfs-Höchstzahlen nicht möglich.

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