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Brandenburg: „Das würde erhebliche Probleme bereiten“

Gerichtsbeschluss zur Bezahlung von Bürgerarbeit alarmiert Kommunen. Der Gehaltsunterschied beträgt bis zu 600 Euro pro Monat

Von Matthias Matern

Potsdam - Kommunen im Land Brandenburg müssen sich möglicherweise auf deutlich höhere Personalkosten und Gehaltsnachforderungen einstellen. Hintergrund ist ein Beschluss des Potsdamer Verwaltungsgerichts zur Vergütung ehemaliger Arbeitsloser, die für begrenzte Zeit über das Bundesmodellprojekt „Bürgerarbeit“ beim Landkreis Teltow-Fläming angestellt wurden. Wie berichtet hatte das Gericht im Fall von acht Bürgerarbeitern beschlossen, diese müssten nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Angaben des brandenburgischen Landkreistages zufolge sind bei Brandenburgs Kommunen derzeit knapp 3200 Bürgerarbeiter beschäftigt. „Sollte der Beschluss Schule machen, würde das erhebliche Probleme bereiten“, bestätigt Landkreistagschef Paul-Peter Humpert.

Der Gehaltsunterschied zwischen einem Bürgerarbeiter und einem Angestellten des öffentlichen Dienstes der untersten Gehaltsklasse beträgt in der Regel 600 Euro. Während nicht verbeamtete Mitarbeiter in Kommunen laut Tarifvertrag mindestens 1500 Euro Brutto monatlich erhalten müssen, sind es bei Bürgerarbeitern etwa 900 Euro. Zwar zahlt der Bund pro beschäftigten Arbeitslosen einen Zuschuss von 1080 Euro, doch davon müssen die Gemeinden, Städte oder Kreise noch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von etwa 180 Euro abführen. Doch drohen den Kommunen gegebenenfalls nicht nur die Zahlungen höherer Gehältern, sondern auch Nachforderungen. Der Fachgewerkschaft für Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen (Komba) zufolge sichern Tarifverträge standardmäßig zu, Gehälter rückwirkend für ein halbes Jahr nachzufordern. Bislang zahlt landesweit lediglich Potsdam seine Bürgerarbeit nach Tarif und nutzt dabei Zuschüsse aus einem Landesprogramm.

Zwar ist der Beschluss des Potsdamer Verwaltungsgerichts noch nicht rechtskräftig und hätte dann auch keine allgemeinwirksame Gültigkeit. Doch könnten Bürgerarbeiter nach Experteneinschätzung später mit dem Beschluss als Argument für eine tarifliche Eingruppierung vor ein Arbeitsgericht ziehen. Die Kommunen müssten sich dann Gedanken machen, ob sie Bürgerarbeitsplätze noch weiter werden finanzieren können, meint Landkreistagsgeschäftsführer Humpert. Auch sein Kollege vom brandenburgischen Städte- und Gemeindebund, Karl-Ludwig Böttcher, warnt vor Konsequenzen. „Dann kann es sein, dass die Gemeinden dieses Beschäftigungsmodell gar nicht mehr nutzen.“

Aufgelegt wurde das Modellprojekt vor knapp drei Jahren vom Bundesarbeitsministerium. Ziel der Bürgerarbeit ist es, erwerbsfähige arbeitslose Hilfebedürftige in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Während aber der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes ausdrücklich etwa staatliche Eingliederungshilfen oder aber Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als Ausnahmen für eine tarifliche Eingliederung vorsieht, lasse sich diese Sonderregelung aber nicht auf die Bürgerarbeit überragen, hatten die Potsdamer Richter beschlossen.

Von der Kreisverwaltung Teltow-Fläming war eine Stellungnahme zum Gerichtsentscheid trotz mehrfacher Nachfrage nicht zu bekommen. Im Landesarbeitsministerium verweist man auf den Bund. Man begrüße die Gerichtsentscheidung, die einen langen Dissens zwischen Gewerkschaften und der öffentlichen Hand beenden könne, heißt es in einer Stellungnahme. Bereits im August 2010 habe man das Bundesarbeitsministerium „auf die Problematik aufmerksam gemacht“. In Berlin dagegen schiebt man den schwarzen Peter wiederum zurück in die Regionen. „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Frage der Anwendbarkeit des Tarifvertrags des Öffentlichen Dienstes von den Tarifpartnern vor Ort geklärt werden muss“, so ein Sprecher im Bundesarbeitsministeriums.

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