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Fehde mit Folgen. Die Ermittlungen gegen Dieter Dombrowski könnten die Zusammenarbeit zwischen ihm und Landtagspräsidentin Britta Stark gefährden.

© B. Settnik/dpa

Betrugsermittlungen im Landtag Brandenburg: Britta Stark und ihr gutes Verhältnis zu Dieter Dombrowski

Im Landtag war Zurückhaltung vereinbart. Dennoch spricht Parlamentspräsidentin Britta Stark über ihre Betrugsanzeige gegen ihren Vize Dieter Dombrowski. Damit stellt sie sich selbst in die Mitte der Auseinandersetzungen und offenbart Widersprüche.

Potsdam - Brandenburgs Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) hat sich selbst ins Zentrum der Auseinandersetzungen um die Betrugsanzeige gegen ihren Stellvertreter Dieter Dombrowski (CDU) und die Durchsuchung des Landtags durch die Staatsanwaltschaft Ende August gerückt. Damit torpediert sie die Bemühungen der Sozialdemokraten, in dem Fall die Bälle möglichst flach zu halten, um das Parlament – Stark ist nach dem Protokoll erste Frau im Lande, Dombrowski ihr Vize – möglichst nicht zu beschädigen.

Erstmals sprach Stark nun offiziell über ihre Rolle in dem Fall, den eigentlich die Parlamentsverwaltung vorangetrieben hatte. Bislang hatte keine Landtagsfraktion das Einschalten der Staatsanwaltschaft nach Bekanntwerden durch einen PNN-Bericht als Wahlkampfaktion kritisiert. Dennoch spricht Stark den gar nicht erhobenen Vorwurf in einem Interview mit der „Märkischen Allgemeinen“ an. „Die Annahme, dass es sich bei den Ermittlungen um eine geplante Aktion handelt, um Einfluss auf den Bundestagswahlkampf zu nehmen, ist abwegig und absurd“, sagte Stark.

Mit Dombrowski und dem Präsidium sprach Stark nicht

Die Landtagsverwaltung hatte mit Starks Rückendeckung im Juni Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, weil Dombrowski in den Jahren 2015 und 2016 Abrechnungen für Fährtickets von seinem Wohnort in Höhe von 259 Euro zu Unrecht eingereicht haben soll. Den im Frühjahr 2017 gestellten Kostenantrag in Höhe von 70 Euro für Tickets der Fähre, die er nehmen muss, um seinen Wohnort auf einer Insel im Havelland zu verlassen, zog er nach einer Prüfung des Landtags zurück. Die Beträge aus den Vorjahren zahlte er zurück. Zwei andere Fälle aus den Jahren 2015 und 2016 waren in der Verwaltung abgeschlossen: Nach Zweifeln der Landtagsverwaltung beglich Dombrowski die Kosten selbst, den Steuerzahlern entstanden keine Kosten.

Nun verwickelt sich Landtagspräsidentin Stark in Widersprüche. Auf die Frage, die auch die Grünen-Fraktion umtreibt, warum sie das Landtagspräsidium nicht eingeschaltet habe, sagte Stark: „Wenn ein Betrugsverdacht nicht mehr mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, verbieten die Regeln des Ermittlungsverfahrens weitere, nicht am Verfahren beteiligte Personen zu informieren.“ Was Stark nicht erwähnt: Nach dem von der Landtagsverwaltung geäußerten Betrugsverdacht gab es noch gar kein Ermittlungsverfahren. Vor Einschalten der Staatsanwaltschaft hätte sie durchaus mit Dombrowski persönlich und dem Präsidium darüber sprechen können. Beides aber tat die Landtagspräsidentin im Fall ihres Stellvertreters nicht – obwohl der Vorgang durchaus geeignet ist, die Arbeit des Parlaments zu beeinträchtigen.

Rechnungshof widerspricht Stark und erklärt sich für zuständig

Auch zu einem weiteren Kritikpunkt der Grünen, auf deren Antrag das Landtagspräsidium am Dienstag im Fall Dombrowski zu einer Sondersitzung zusammenkommt, äußerte sich Stark – warum sie nämlich nicht zunächst den Landesrechnungshof eingeschaltet hat. Stark erklärte dazu in der „MAZ“, nach ihrer Überzeugung sei der Landesrechnungshof nicht die geeignete Stelle für diese Überprüfung. „Der Landesrechnungshof ist in erster Linie für die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes zuständig, nicht für die Beurteilung strafrechtlich relevanter Verhalten“, sagte sie.

Dass das gerade auf der Ebene von Präsidentin und Vize-Präsident des Landtags auch anders laufen kann, machte der Präsident des Landesrechnungshofs, Christoph Weiser, deutlich. Stark habe sich zur Prüfung der Vorwürfe nicht an den Rechnungshof gewandt, sagte Weiser der „Lausitzer Rundschau“. Der Landesrechnungshof erhalte „gelegentlich Anfragen über die haushaltsrechtliche Zulässigkeit bestimmter Aufwendungen“, unter anderem auch von Dombrowski, so Weiser. Auch im aktuellen Fall sieht sich Weiser vor der Staatsanwaltschaft für zuständig: „Der Rechnungshof hätte die Verwendung der Mittel für die Nutzung eines Dienstkraftfahrzeugs, die Erstattungen für eine weitere Wohnung und die Verfügungsmittel prüfen dürfen.“

Abgeschlossene Fälle sollen Betrugsabsicht belegen

Pikant daran ist, dass die alten Fälle von der Verwaltung als Argumentation herangezogen werden, um Dombrowski Betrugsabsicht bei den Fährtickets zu unterstellen. Das machte sich Stark nun zu eigen: „Dass auch länger zurückliegende Vorwürfe einbezogen wurden, hat damit zu tun, dass sich erst in der Gesamtschau der wiederholt auftretenden Unregelmäßigkeiten der Verdacht ergeben hat, dass es sich hier nicht um ein einmaliges Versehen handelt.“

Bei den längst abgeschlossenen Altfällen handelt sich um Zuschüsse für eine Zweitwohnung in Potsdam für drei Monate im Frühjahr 2015 von insgesamt 750 Euro. Weil Dombrowskis Tochter dort mit ihm wohnte, verlangte der Landtag eine anteilige Kostenaufstellung für beide. Dombrowski lehnte ab und zahlte das Geld zurück. In dem anderen Fall wollte Dombrowski im Herbst 2016 ein rund 950 Euro teures Essen aus seinem Verfügungsfonds begleichen. Es war ein Treffen der CDU-Kreistagsfraktion Havelland mit der CDU-Fraktion aus Siegen-Wittgenstein zum 25-Jährigen Bestehen der Kreis-Partnerschaft. Die Parlamentsverwaltung lehnte ab, Dombrowski zahlte selbst.

Bei anderen Abgeordneten mit höheren Summen war der Landtag weniger eifrig

Fragen wirft auch die Energie auf, mit dem die Landtagsverwaltung gegen Dombrowski vorging. In der Vergangenheit war sie bei anderen Landtagsabgeordneten, bei denen es um weitaus größere Summen ging, nicht die treibende Kraft – ganz im Gegenteil. Bei Danny Eichelbaum (CDU) hatten Recherchen der PNN die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgelöst. Er hatte unberechtigt 20.000 Euro Fahrtkostenzuschüsse kassiert. Und auch beim Linke-Politiker Peer Jürgens verhielt sich der Landtag zurückhaltend, da brachte eine andere Abgeordnete den Fall ins Rollen. Jürgens wurde vom Amtsgericht Potsdam wegen Betrugs mit Fahrtkosten- und Mietzuschüssen in Höhe von knapp 87 000 Euro zu 14 Monaten Haft verurteilt. Ab Mitte Oktober wird der Fall in zweiter Instanz vor dem Landgericht neu aufgerollt.

Wie der Landtag nun unbeschadet aus dem Fall herauskommt, ist völlig unklar. Die Grünen warnten bereits, die Sache „birgt enormen politischen Sprengstoff“, könnte die Zusammenarbeit zwischen Landtagspräsidentin und ihrem Vize schwer beeinträchtigen – und damit die Handlungsfähigkeit des Landtags. Stark dagegen will die Tragweite des Falls nicht sehen: „Ich habe zu dem Vizepräsidenten persönlich ein gutes Verhältnis. Ich bin überzeugt, dass wir auch weiterhin gut zusammenarbeiten werden.“ 

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