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Bundestagswahl 2017: Briefwahlrekord in Brandenburg

Deutlich mehr Bürger wollen ihre Stimme zur Bundestagswahl vor dem Wahltag am 24. September abgeben. Es fehlen aber noch Wahlhelfer. Aus Sorge vor Hackerangriffen wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Potsdam/Berlin - Brandenburg gilt als Land, in dem die Wahlbeteiligung im Deutschland-Vergleich traditionell eher niedrig ist. Gibt es bei der Bundestagswahl in drei Wochen diesmal eine Trendwende? Zumindest das Interesse, schon vorher per Briefwahl seine Stimme abzugeben, ist diesmal erheblich stärker als bei der letzten Bundestagswahl 2013. Das sagte Landeswahlleiter Bruno Küpper, als er am Montag in Potsdam über den Stand der Wahlvorbereitungen in Brandenburg informierte.

Demnach haben drei Wochen vor dem Wahltag bereits 140 000 der 2,08 Millionen wahlberechtigen Brandenburger Briefwahlunterlagen beantragt – gegenüber 55 000 zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren, also fast drei Mal so viele. Geöffnet und ausgezählt werden dürfen aber auch diese Stimmzettel erst am 24. September nach Schließung der Wahllokale, betonte Küpper. Insgesamt hatten bei der Bundestagswahl 2013 etwas 229 000 Brandenburger per Briefwahl gewählt, was einem Anteil von 16,2 Prozent entsprach. Die Wahlbeteiligung in Brandenburg hatte mit 68,4 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 71,5 Prozent gelegen. Brandenburg gehörte zu den vier Bundesländern mit der schlechtesten Beteiligung, war aber noch deutlich besser als das Schlusslicht Sachsen-Anhalt mit 60,5 Prozent.

Besondere Sicherheitsmaßnahmen vor der Wahl - auch im IT-Bereich

Die Vorbereitungen auf die Bundestagswahl laufen landauf und landab auf Hochtouren, und zwar in jeder Hinsicht. So habe man im Vergleich zu 2013 die IT-Sicherheit der eingesetzten Technik und Übertragungskanäle verstärkt und „umfangreiche Schutzmaßnahmen eingeleitet“, sagte Jörg Fidorra, Vizechef des Amtes für Statistik und Wahlen. „Alle Angriffspunkte, die bekannt sind, sind abgesichert.“ Und alle Systeme seien „unter realen Bedingungen getestet“ worden. „Wir gehen davon aus, dass eigentlich nichts passieren kann.“

Ein Grund für die diesmal besonders ausgeprägte Vorsorge sind nach Auskunft von Küpper Hackerangriffe bei den Präsidentenwahlen in den USA, in den Niederlanden und in Frankreich. In den USA seien die Attacken nach Erkenntnissen der dortigen Behörden darauf ausgerichtet gewesen, „das Vertrauen der Wähler in die Wahlorganisation zu erschüttern“. So sei in US-Bundesstaat Illinois 2016 ein Versuch aufgeflogen, eine Wählerdatenbank mit den persönlichen Daten von 16 Millionen Wahlberechtigten zu zerstören, „90  000 waren schon abgesaugt“. Hinweise auf ähnliche Versuche aktuell in Deutschland haben die Behörden bislang allerdings keine. „Und eine Manipulation der Wahl in Deutschland ist unmöglich“, sagte Küpper. Denn im Unterschied zu den USA, wo alles über Wahlmaschinen laufe, sei in Deutschland alles durch die Papierform nachprüfbar.

Im Extremfall gibt es immer noch Telefon und Fax

Wie berichtet warnen die Bundesregierung und die Geheimdienste vor einer versuchten Einflussnahmen auf die Bundestagswahl durch Cyberattacken aus Russland. Konkret wird auf die Vorwürfe in Zusammenhang mit einer möglichen Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahlen sowie auf „hybride Kriegsführung“ verwiesen. Bundeswahlleiter Dieter Sarreither hat zu Jahresbeginn erklärt, es sei mit Hackerangriffen auf sein Verwaltungsnetz während der Bundestagswahl zu rechnen. Sarreither hatte auch vor Falschmeldungen, sogenannten Fake News, gewarnt, die noch am Wahltag lanciert werden könnten. Für den absoluten Notfall könnte Sarreither auf ein ganz altmodische Methode zurückgreifen: „Im Extremfall gibt es immer noch die klassischen Übermittlungswege von Telefon und Fax, um ein vorläufiges amtliches Endergebnis am Wahltag zu erstellen.“

Landeswahlleiter Küpper sieht Brandenburg gut drei Wochen vor dem Urnengang gut gerüstet, damit am Wahltag in den rund 3700 Wahlbezirken – 3318 Urnenwahllokale, 382 Briefwahllokalen – alles reibungslos klappt. Allerdings werden auch diesmal immer noch Wahlhelfer gesucht. 23 800 sind es. Aber wie Küpper sagte, fehlen noch rund Tausend Helfer – vor allem in Frankfurt (Oder), Werder/Havel, Potsdam, Prenzlau, Falkensee, Luckau und Petershagen-Eggersdorf. Er wies darauf hin, dass der Bundeswahlleiter das „Erfrischungsgeld“ aufgestockt habe, auf 25 Euro für die Helfer im Wahllokal und auf 35 Euro für Wahlvorsteher.

Bei der Bundestagswahl 1998 sind Wahlhelfer aus der Uckermark einfach nach Hause gegangen - bevor alle Stimmen gezählt waren

Und was, wenn sich keiner findet? „In der Regel greifen Behörden auf eigene Mitarbeiter zurück, wenn es eng wird“, sagte Küpper. Aber notfalls könne jeder Bürger als Wahlhelfer verpflichtet werden. Wer sich weigere, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Pannen wie 1998 und 2008, wo Brandenburg bei der Auszählung der Stimmen bundesweit zu Schlusslichtern gehörte, sollen sich nicht wiederholen. Das ist für Küpper auch eine Frage der Ehre. Seitdem er 2009 Landeswahlleiter wurde, habe es das nicht mehr gegeben, sagte er. Am krassesten war die Pleite bei der Bundestagswahl 1998, als um Mitternacht immer noch keine vollständigen Ergebnisse für Brandenburg vorlagen – und Schätzzahlen verwendet werden mussten, um für die Bundesrepublik wenigstens ein vorläufiges Endergebnis veröffentlichen zu können. Wie sich danach herausstellte, hatten in der Uckermark, als sich die Auszählung hinzog, Helfer einfach Schluss gemacht – um am nächsten Tag weiterzuzählen. In Brandenburg finden am 24. September parallel zur Bundestagswahl in 34 Kommunen Bürgermeisterwahlen statt, die vor Ort möglicherweise auf größeres Interesse stoßen als die Deutschland-Wahl. „Wir haben angeordnet, dass dort die Bundestagswahl zuerst ausgezählt werden muss“, sagte Küpper. „Das machen wir immer so.“

Hintergrund: Zahlen und Fakten zur Wahl

Urnen und Wähler

Zur Bundestagswahl am 24. September werden 3318 sogenannte Urnenwahllokale geöffnet sein, daneben gibt es 382 Briefwahllokale.Insgesamt sind 2,08 Millionen Brandenburger wahlberechtigt. Darunter sind rund 67 650 Erstwähler im Alter von 18 bis unter 22 Jahren – und damit deutlich mehr als 2013, damals waren es noch 59 000 Erstwähler.

Landeslisten

Mit der Zweitstimme, die über die Zusammensetzung des Bundestags entscheidet, können sich die Wähler in Brandenburg für 15 Landeslisten entscheiden (2013: 12). Zur Wahl stellen sich auf den Landeslisten der Parteien und Wählervereinigungen 186 Bewerber, darunter sind nur 52 Frauen, was einen Anteil von 28 Prozent ausmacht. Im Bundesdurchschnitt liegt der Frauenanteil bei 29 Prozent.

Direktkandidaten

Mit der Erststimme entscheiden die Wähler in den zehn Brandenburger Wahlkreisen über das Direktmandat, also wer ihren Wahlkreis im Deutschen Bundestag vertritt. Für die zehn Direktmandate treten 96 Bewerber an, darunter 22 Frauen.

Altersrekorde

Der jüngste Kandidat – auch bundesweit – ist der Schüler Floris Beer, Jahrgang 1999, der für Die Partei im Wahlkreis 63 Frankfurt (Oder)/Oder-Spree antritt. Der älteste Kandidat ist der Rentner Joachim Irion, Jahrgang 1939, von der Landesliste der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD).

Bürgermeister

In 34 Städten und Gemeinden wird auch der hauptamtliche Bürgermeister neu gewählt. Sortiert nach Landkreis wird gewählt in: Bestensee, Eichwalde, Königs Wusterhausen, Luckau, Schulzendorf, Wildau, Zeuthen (Dahme- Spreewald), Doberlug-Kirchhain, Elsterwerda, Falkenberg/Elster, Finsterwalde, Herzberg (Elbe-Elster), Nauen (Havelland), Bad Freienwalde, Seelow, Wriezen (Märkisch-Oderland), Glienicke/Nordbahn, Hennigsdorf, Oranienburg, Velten (Oberhavel), Calau, Großräschen, Vetschau/Spreewald (Oberspreewald-Lausitz), Beeskow, Eisenhüttenstadt (Oder- Spree), Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin), Seddiner See, Teltow, Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark), Pritzwalk (Prignitz), Kolkwitz (Spree-Neiße), Luckenwalde, Nuthe-Urstromtal (Teltow-Fläming), Prenzlau (Uckermark).

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