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06.09.2023, Potsdam: Das Verfassungsgericht Brandenburg mit Markus Möller (5.v.l), Präsident des Brandenburger Verfassungsgerichts, verhandelt mündlich über eine Klage der AfD-Landtagsfraktion. Dabei geht es unter anderem um die Besetzung von Kandidatinnen und Kandidaten für die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags. Foto: Oliver von Riegen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Oliver von Riegen

Kein Anspruch auf Sitz in Kommission: Brandenburgs AfD-Fraktion scheitert vor dem Verfassungsgericht

Vergeblich hat die AfD-Landtagsfraktion versucht, einen Abgeordneten in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) für den Verfassungsschutz zu entsenden. Auch eine Klage half nichts.

Brandenburgs AfD-Landtagsfraktion ist vor dem Landesverfassungsgericht mit dem Versuch gescheitert, einen ihrer Abgeordneten in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) für den Verfassungsschutz des Landes zu entsenden. Das Gericht unter Vorsitz von Präsident Markus Möller hielt das Recht der Abgeordneten auf eine freie und geheime Wahl der Mitglieder der PKK für schwerwiegender, als die von der AfD geltend gemachte Chancengleichheit aller Landtagsfraktionen.

Hintergrund des Verfahrens ist ein alter Streit: Wie die PKK zusammengesetzt wird, wird vom Landtag zu Beginn jeder Legislaturperiode neu definiert. Laut Beschluss des Landtags aus dem Februar 2020 besteht sie aus sechs Mitgliedern, die aus allen sechs Fraktionen kommen sollen. Auch die AfD sollte demnach ein Mitglied stellen.

Doch alle 23 Abgeordneten der rechtsextremen Partei fielen bei der Wahl im Landtag durch: Selbst die Nachrückerin Daniela Oeynhausen wurde von den übrigen Abgeordneten nicht in die PKK gewählt. Dagegen versuchte sich die AfD vor dem Landesverfassungsgericht zu wehren: Aus ihrer Sicht wurde damit das Recht auf effektive Oppositionsarbeit und Chancengleichheit verletzt. Aus Sicht des beklagten Landtags freilich wog das Recht der Abgeordneten, frei und nur ihrem Gewissen unterworfen, die Mitglieder der PKK zu wählen, schwerer.

Der Rechtsanwalt des Parlaments, Ulrich Karpenstein, argumentierte, dass 40 Prozent der PKK derzeit aus Oppositionsvertretern bestünden. „Angemessene Beteiligung bedeutet nicht, dass jede Fraktion ein Entsenderecht hat“, sagte seine Kollegin Roya Sangi.

Dieser Argumentation schloss sich das Gericht in seinem mit sechs zu zwei Stimmen mehrheitlich ergangenen Urteil an: Paragraf 24 des Verfassungsschutzgesetzes des Landes, das die Bildung der PKK regelt, schreibe zwar vor, dass die Opposition angemessen vertreten sein muss. „Das bezieht sich aber auf die Opposition als Ganzes“, so Möller. „Zweck der Wahlerfordernisse ist das Vertrauen der Mehrheit in die Geeignetheit der Kandidaten.“

Angemessene Beteiligung bedeutet nicht, dass jede Fraktion ein Entsenderecht hat.

Roya Sangi, Rechtsanwältin des Brandenburger Landtags.

Doch der stellvertretende Präsident des Verfassungsgerichts, Michael Strauß, stellte im Verfahren auch die Frage, was denn passieren würde, wenn die AfD die einzige Oppositionsfraktion im Landtag wäre. Eine Antwort darauf hatten die Landtagsvertreter nicht. „Eine einseitige Besetzung, bei der die Mehrheit der Opposition insgesamt den Zugang zu dem Gremium verschließt, oder sie strukturell aus dem Gremium fernhält, ist von Verfassung wegen unzulässig“, sagte Möller bei seiner Urteilsbegründung. Mindestens ein Mitglied des Gremiums müsse der Opposition angehören – was in der aktuellen PKK gegeben ist.

Gründe der Ablehnung

Während der Verhandlung war Landtagsanwalt Karpenstein auch auf Gründe für die Ablehnung der AfD-Abgeordneten durch die Parlamentsmehrheit eingegangen: „Es gibt selbstverständlich Gründe, dass die Antragsstellerin nicht in diesem Gremium sitzt und damit die eigenen Beobachter beobachtet“, sagte der Landtagsanwalt. Dies sei ein „sehr naheliegender Grund“. „Und dass sich die Abgeordneten deswegen gegen die Abgeordneten der Antragssteller entscheiden haben, das ist alles andere als missbräuchlich.“

Denn der Landesverband der AfD, dem fast alle Mitglieder der AfD-Fraktion angehören, wird in Brandenburg bekanntlich vom Verfassungsschutz beobachtet. AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt sprach nach dem Verfahren indes von einer „politischen Entscheidung“ des Gerichts. „Das Verfassungsgericht hat sich die Position der Mehrheit zu eigen gemacht.“ Wenn die größte Oppositionsfraktion im Landtag nicht in der PKK vertreten sei, sei das ein „Tiefschlag für die Demokratie in Brandenburg“.

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