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Christine Berger präsentiert auf der Grünen Woche beim Presserundgang Axel Vogel (Bündnis90/Grüne), Landwirtschaftsminister des Landes Brandenburg, ihre Neuheit eine Haselnusscreme mit Sanddorn.

© dpa / Bernd settnik

Brandenburg auf der Grünen Woche: Verstimmungen und Häppchen

Beim Messerundgang von Landwirtschaftsminister Axel Vogel auf der „Grünen Woche“ machen märkische Bauern ihrem Unmut Luft. Konventionelle Landwirte fühlen sich benachteiligt.

Axel Vogel hat am Donnerstag gut gefrühstückt. „Ich will mir hier nicht alles nacheinander in den Magen packen“, sagt Brandenburgs Landwirtschaftsminister. Der Grünen-Politiker steht in der Halle 21a des Berliner Messegeländes unter dem Funkturm: Nach zwei Jahren coronabedingter Pause ist hier wieder die „Brandenburg-Halle“, die Präsentation des Landes Brandenburg auf der Internationalen Grünen Woche. Und wie es Tradition ist, hat Vogel am Tag vor der offiziellen Eröffnung der Messe die Presse zum Rundgang durch die Halle eingeladen. Begleitet von Milchkönigin und Erntekönigin zieht Vogel von Stand zu Stand, posiert mit den Produkten, plaudert mit den Ausstellern. 

Doch mit einem grünen Landwirtschaftsminister ist manches anders als in früheren Jahren: Mit dem Eierlikör im Waffelbecher stößt Vogel zwar an, er trinkt ihn aber nicht. Alkohol kommt dem Minister beim Messerundgang nicht in die Blutbahn. Und auch bei den 51 Ausstellern ist manches neu: Junge Start-Up-Unternehmen können sich beispielsweise kostenlos in der Brandenburg-Halle präsentieren. Es sind nicht nur die klassischen Betriebe der Ernährungsindustrie, die ihre Produkte unter dem Funkturm feilbieten.

Ein Beispiel ist Steven Raabe aus Lübbenau, der unter der Marke „Landware“ für vertikalen Pflanzenanbau wirbt: In insgesamt 145 Anbautürmen baut er Obst, Gemüse und Kräuter übereinander an. Die Pflanzen werden künstlich bewässert, und wachsen in Nährlösungen. „Wir schonen die Ressourcen und brauchen keine Pestizide, Fungizide oder Zusatzstoffe“, sagt Raabe. Zudem sei der vertikale Anbau wassersparend und gerade für den städtischen Raum gut geeignet.

Konventionelle Landwirte fühlen sich benachteiligt

Kein Zweifel, die Brandenburg-Halle ist mit dem grünen Minister grüner geworden. Doch ein Großteil der märkischen Landwirtschaft wirtschaftet weiter konventionell. Nach Jahrzehnten mit SPD-Ministern, die traditionell dem Bauernverband nahestanden, fühlen sie sich zuweilen zurückgesetzt. „Unter Axel Vogel wird der Bio-Anbau schon besonders gefördert“, sagt der Beelitzer Spargelbauer Jürgen Jakobs. „Aus meiner Sicht gerät die konventionell arbeitende Landwirtschaft da etwas ins Hintertreffen.“

Er selbst sei aber überzeugt davon, dass die konventionelle Produktion unabdingbar sei. „Ohne Bewässerung wachsen Spargel und Heidelbeeren bei uns nicht“, sagt Jakobs. „Ohne Folieneinsatz ist der Spargel nicht wirtschaftlich zu produzieren.“ Mit dem Minister spreche er regelmäßig. „Aber die Standpunkte ändern sich auf beiden Seiten nur sehr wenig.“ 

Axel Vogel schnuppert am Stand des Werderaner Tannenhofs am Tannenlikör.

© dpa / Bernd settnik

Während Axel Vogel am Stand der Wittenberger Ölmühle angekommen ist, die wie schon in den Vorjahren für eines der Messerestaurants verantwortlich zeichnet, steht ein paar Meter weiter Michael Wimmer von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau in Berlin-Brandenburg (FÖL). Er hatte es unter Vogels Vorgänger Jörg Vogelsänger (SPD) nicht immer leicht, seine Themen im Umfeld der „Grünen Woche“ unterzubringen. Das ist nun anders – aber wie sieht der Vertreter der ökologisch wirtschaftenden Betriebe das Verhältnis zu den herkömmlich arbeitenden Landwirten?

Wir würden uns wünschen, dass er die Landwirtschaft mehr in der Breite sieht.

Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbands über Axel Vogel

„Axel Vogel hatte einen guten Start“, sagt Wimmer. Auch die konventionell arbeitenden Verbände hätten den frischen Wind des grünen Agrarministers zunächst mit Erleichterung wahrgenommen. Mittlerweile aber könne man sehen, dass Vogel „hart am Wind segelt“. Mit dem bislang nicht zustande gekommenen Jagdgesetz habe Vogel eine „Hypothek im Rucksack“, sagt Wimmer. „Auch beim Agrarstrukturgesetz tut er sich schwer – da gibt es Kräfte beispielsweise beim Landesbauernverband, die es ausbremsen wollen.“

Wendorff attestiert Vogel, zu viel zu wollen

Auch dessen Präsident, Henrik Wendorff, ist zum Messerundgang in die Halle gekommen. Bei einem Kaffee am Stand der Oberhaveler Bäckerei Plentz sagt er: „Wo Licht ist, ist auch viel Schatten.“ Mit dem ersten grünen Landwirtschaftsminister habe Brandenburg Neuland betreten. „Was uns nicht gefällt, ist seine Konzentration auf den Ökolandbau“, sagt Wendorff.

„Wir würden uns wünschen, dass er die Landwirtschaft mehr in der Breite sieht.“ Im Ministerium in Potsdam sei die Stelle des Abteilungsleiters für Landwirtschaft seit zwei Jahren unbesetzt. „Wäre das beim Naturschutz der Fall, würde es einen Aufschrei geben“, sagt Wendorff. Zudem habe er den Eindruck, dass Vogel in zu kurzer Zeit zu viel wolle. Das gelte zum Beispiel für den Moorschutz oder den Klimaaktionsplan. „Da bringt viel Tempo nichts.“

Der Landwirtschaftsminister probierte auch den Apfelsaft der Streuobstwiesen des Gutes Schmerwitz.

© dpa / Bernd settnik

Vogel selbst klappert inzwischen die Stände ab. Bei einer Fischerei gibt es Welsroulade, am Kochstudio von Pro Agro einen kleinen Snack, bei der Uckermärker Hemme-Milch hält der Minister einen Milchbeutel in die Höhe. Vor der Bühne der Brandenburg-Halle macht der Minister eine kurze Pause. Wie er sein Verhältnis zur Brandenburger Landwirtschaft sieht?

„Wir pflegen gute Kontakte miteinander“, sagt Vogel. Regelmäßig sei er beim Landesbauernverband oder bei Kreisbauerntagungen zu Gast. Dass es das eine oder andere Problem etwa beim Moorschutz gebe, wo manche Landwirte noch heute Ackerbau auf für den Klimaschutz wichtigen Moorböden betreiben, sieht auch der Minister. „Aber dass alle immer zu einhundert Prozent glücklich sind, geht eben auch nicht.“

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