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Korruption am BER: 150 000 Euro eingetütet

Ein abenteuerlicher Deal, ein Manager in Haft: Wie Korruption am Flughafen BER funktioniert

Es war kurz vor Weihnachten und Imtech brauchte Geld. Die Geschäfte liefen nicht gut beim niederländischen Gebäudeausrüster, die Mitarbeiter warteten auf ihr Weihnachtsgeld und es gab erste Gerüchte, dass etwas im Unternehmen ernsthaft nicht stimmte. Da traf der Deutschlandchef eine Entscheidung.

Der Manager nahm einen fensterlosen, braunen DIN-A4-Umschlag in die Hand. Sein Inhalt: 150 000 Euro in bar. Er nahm das Geldpäckchen und legte es in einen Safe. Dann verließ er das Zimmer. Kurz darauf öffnete ein Regionalleiter den Safe, nahm den Umschlag und setzte sich ins Auto. Der Weg führte nach Osten.

Die Übergabe fand auf der A24 in Nordbrandenburg statt, am letzten Rasthof vor dem Dreieck Wittstock. Der Imtech-Manager traf sich mit einem Mann, den er gut kannte: Francis G., Baubereichsleiter am Flughafen BER mit Prokura und Recht zum Abzeichnen von Rechnungen. Und Auftraggeber von Imtech für zahlreiche Arbeiten rund um das Bauprojekt. Beide stiegen aus und nahmen sich Zeit für einen Kaffee. Der Umschlag wechselte den Besitzer und beide fuhren wieder los. Wenige Tage später erhielt Imtech vom Flughafen 65 Millionen Euro. Der Konzern war wieder flüssig. Es sind filmreife Szenen, die den Beamten der brandenburgischen Staatsanwaltschaft für Korruptionsfälle in Neuruppin bei ihren Befragungen von Verdächtigen rund um die Bestechungsvorwürfe beim Berlin-Brandenburger Skandalflughafen in Schönefeld begegnen und über die das „Handelsblatt“ nun berichtet. Das Großprojekt, um Jahre verspätet und um Milliarden teurer als geplant, war offenbar Schauplatz einer ganzen Reihe von Unregelmäßigkeiten. Doch was die Verwicklungen des ebenfalls von Skandalen aller Art behafteten Baukonzerns Imtech betrifft, sehen die Beamten inzwischen relativ klar. Gleich mehrere Aussagen decken sich.

Francis G. sitzt deshalb seit 13. Mai in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft, die wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall gegen den Mann ermittelt, sieht inzwischen einen dringenden Tatverdacht und daher Fluchtgefahr. Der Gebäudeausrüster Imtech war auf der Flughafenbaustelle unter anderem für die Brandschutzanlagen zuständig, die zu den milliardenteuren Verzögerungen beitrugen. Als Gegenleistung für das Bargeld soll der BER-Manager, der bis Sommer 2013 am Flughafen tätig war, Imtech-Rechnungen in Höhe von 65 Millionen Euro durchgewunken haben, ohne zu prüfen, ob der Konzern die entsprechenden Arbeiten überhaupt ausgeführt hatte.

Tatsächlich zahlte der BER wenige Tage nach der Geldübergabe die Millionen an Imtech. Während der Ermittlungen soll der BER-Manager allerdings angegeben haben, er hätte die Freizeichnung eines solchen Betrages nicht allein veranlassen können. Für die Ermittlungen ebenso relevant ist auch, dass es bei dem Bestechungsgeld von 150 000 Euro für Francis G. nicht bleiben sollte. Es stand auch eine Forderung von zwei Millionen Euro in Raum, die Imtech ihm zahlen sollte. Doch dazu kam es nicht mehr.

Nach Angaben seines Anwalts Benjamin Bernhard kann er gegen die Zahlung einer Kaution von 350 000 Euro und bei weiteren Auflagen – er müsste seinen Ausweis abgeben und sich regelmäßig bei der Polizei melden – wieder freikommen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen den Bestochenen, sondern auch die Bestecher, konkret gegen vier Imtech-Manager. Zwei haben nun nach Darstellung von Beteiligten umfangreiche Angaben gemacht. So gab der ehemalige Imtech-Deutschlandchef nach Angaben des „Handelsblatts“ zu, die Schmiergeldzahlung genehmigt zu haben. Imtech kündigte ihm 2013.

Die Flughafengesellschaft wollte sich mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Auch sie ist allerdings in Erklärungsnot. Ein anonymer Hinweisgeber meldete sich schon Mitte 2013 beim BER und warnte vor Schmiergeldzahlungen an Berg. Die Flughafengesellschaft prüfte, konnte aber nach eigenen Angaben nichts finden. Stattdessen erhielt Francis G., als er das Unternehmen drei Monate später aus anderen Gründen verließ, ein gutes Führungszeugnis – ausgestellt von Ex-Flughafenchef Hartmut Mehdorn persönlich. Der lobte den Bereichsleiter für dessen „überaus hohe Vertrauenswürdigkeit und Loyalität“. Sein persönliches Verhalten sei stets einwandfrei gewesen, „ihm spreche ich meine persönliche Empfehlung aus“. Mehdorn hoffte, dass „wir in Kontakt bleiben werden“. Sönke Iwersen (HB)

Alexander Fröhlich

Sönke Iwersen (HB) Alexander Fröhlich

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