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Landeshauptstadt: Birne Elektra auf der Oberförsterwiese

Neue Obstsorten sorgen in der fast 60-jährigen Kleingartenanlage für eine reiche Ernte

Neue Obstsorten sorgen in der fast 60-jährigen Kleingartenanlage für eine reiche Ernte Gesunde Obstbäume voller makelloser Früchte prägen die Kleingartenanlage Oberförsterwiese. Hier präsentieren sich beispielsweise die großen, schmackhaften und schön gefärbten Äpfel Rebella, Reglindis, Rewana, Retina oder auch Pirella. Diese neuen, gegen Schädlingsbefall widerstandsfähigen Sorten sind zum Ende der DDR-Zeit gezüchtet und Mitte der 90er Jahre zugelassen worden. Spiritus rector dieser Erneuerung ist das Vereinsmitglied Dr. Horst Mittelstädt, der selbst Jahrzehnte im Institut für Obstbau tätig war. Der Agrarwissenschaftler zieht die Reiser heran, veredelt gesunde ältere Bäume und übernimmt den Baumschnitt. Was den Äpfeln recht ist, ist den Pflaumen billig, so der süßen Bauernpflaume Hanita, aber auch den Süßkirschen mit Regina und den Sauerkirschen mit Morina, die der gefürchteten Moniliaerkrankung widersteht. Selbst Birnbäume, deren Anbau wegen des unaufhaltsam fortschreitenden Birnengitterrostes in vielen Anlagen bereits aufgegeben wurde, bringt Mittelstädt wieder in die Gärten: Hortensia, Octavia, Elektra heißen die neuen Sorten. Der Obstbaufachmann zählt zu den „besonderen“ Mitgliedern des 103 Parzellen umfassenden Kleingartenvereins am Schlaatzweg. Dazu gehörte früher der DDR-weit bekannte Rehbrücker Meisterkoch Horst Weibelzahl, der schon einmal das Bankett für eine Feier anrichtete; der Rundfunkjournalist Dieter Schneider betreibt einen Ökogarten; mit dem früheren DEFA-Feuerwehrmann Werner Kramke gibt es noch einen Taubenzüchter; Conrad Schmidt, einst leitend in der Brauerei tätig, hat eine CD über das Spartenleben kreiert. Udo Wolffgram muss man dazurechnen, denn wo gibt es einen Vereinsvorsitzenden, der beim Sommerfest auf Keyboard und Gitarre persönlich für die Musik sorgt? Schwer fällt ihm das nicht, denn er ist von Beruf Musiklehrer. Nun kurz vor der Pensionierung stehend, unterrichtet er an der Karl-Foerster-Grundschule in Bornstedt. Zu seinen Schüler zählen sehr viele Kinder von Einwanderern und Asylbewerbern. So weiß Udo Wolffgram am besten, welch bedeutende Rolle das Gemeinschaftsleben für die soziale Integration spielt. Dies trifft ebenso auf einen Gartenverein zu, in dem manches Mitglied mit der politischen Wende beruflich aus der Bahn geworfen wurde. Wichtiger als eine reiche Ernte sind da oft das gartenfreundschaftliche Gespräch, die gemeinsamen Arbeitseinsätze und die in Eigenregie veranstalteten Feste auf der Gemeinschaftsparzelle. Die Gärtner der Oberförsterwiese, deren Gelände einem Ersatzbau für ein Stadion Platz machen sollte, zählten deshalb zu den Anführern im „Kleingärtnerkrieg“ der 90er Jahre, in dem sie ihre Anlagen gegen Bebauung verteidigten. Die Solidarität wurde schon seit jeher in der Kleingartenanlage groß geschrieben, einem einstigen Exerzierplatz, der nach Ende der Monarchie von der in der Friedhofsgasse 1 untergebrachten Potsdamer Oberförsterei (daher der Vereinsname) genutzt wurde und nach 1945 zur wilden Mülldeponie verkam. Sieben durch ihre berufliche Tätigkeit eng verbundene, standfeste Handwerker und Arbeiter aus dem Raw hatten Ende 1947 damit begonnen, das Gelände urbar zu machen. Aus ausgebauten Teilen abgewrackter Eisenbahnwaggons zimmerten sie ihre ersten Lauben. Etwas vom ursprünglichen Gemeinschaftssinn hat sich, auch wenn Deutschlands ältestes Reichsbahnausbesserungswerk inzwischen „abgewickelt“ wurde, bis heute erhalten.

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