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Landeshauptstadt: Bereit für die Rückkehr des Königs

Am 28. April wird die Jubiläumsschau zum Friedrich-Jahr eröffnet. Das Neue Palais ist Schauplatz und Exponat – ein Spaziergang

Von Peer Straube

Sanssouci - Die Schätze sind überall. An den Wänden, auf den Böden, an den Decken. Wahrhaft königliche Pracht, in einem Überfluss, den das Auge kaum auszuhalten vermag. Das Neue Palais, des großen Friedrichs letztes und pompösestes Schloss, saugt den Betrachter unweigerlich hinein ins 18. Jahrhundert, in eine Welt beflissen durch weite Flure eilender Lakaien und kalter Machtpolitik. Die Welt Friedrichs II.

Das Schloss ist bereit für die Rückkehr des Königs. Alles Nicht-Friderizianische wurde aus den Räumen entfernt, um Platz zu schaffen für die Exponate, die bis zum Frühjahr hier aufgebaut werden sollen. Sie kommen aus aller Welt, aus den USA, sogar aus Israel. Ab dem 28. April 2012 wird hier die größte und mit sechs Millionen Euro auch teuerste Ausstellung in der Geschichte der Schlösserstiftung eröffnet, die Friedrich II. zu seinem 300. Geburtstag ein weiteres Denkmal setzen soll. Hunderttausende Besucher werden erwartet. Das Haus, selbst Ausstellung genug, dient dabei als Kulisse für Themenkomplexe, die den Monarchen in all seinen Facetten zeigen. 70 der 500 Räume des Schlosses werden geöffnet sein.

Im Oberen Fürstenquartier im ersten Stock geht es um die Entwicklungspolitik in Preußen und um die politischen Machtverhältnisse in Europa zu Friedrichs Zeiten. Dazu passt das Bild der Zarin Katharina II., das in einem der Schlafzimmer hängt. „Es ist immer gut, seine Feinde im Blick zu haben“, habe Friedrich damals lakonisch erklärt, erzählt Stiftungs-Generaldirektor Hartmut Dorgerloh. Gleich nebenan harrt ein bislang unzugängliches Prunkstück des Schlosses seiner Neuentdeckung – das Obere Konzertzimmer. Da das kostbare Parkett von zahllosen Filzpantoffeln abgeschliffen ist, wird man es auch zur Ausstellung nicht betreten dürfen. Aber allein der Blick von der Tür auf die prächtige Ausstattung lohnt – ein Traum in Silber. Im Jagdzimmer wird Friedrichs Verhältnis zu den Naturwissenschaften im Fokus stehen. Auf die Wandbespannung aus Silberbrokat müssen die Besucher indes verzichten: Sie ist arg verschlissen und liegt seit 40 Jahren im Depot. Bis heute, sagt Dorgerloh, sei es nicht gelungen, auf der ganzen Welt jemanden ausfindig zu machen, der den mit Silberfäden durchwirkten Stoff nachzuweben imstande sei.

In der Großen Kammer, gleich neben dem Marmorsaal, werden die Besucher mit dem König selbst konfrontiert: Hier sollen alle historischen Porträts Friedrichs II. aufgehängt werden. Dessen Pracht ist in der Großen Kammer auf dem Fußboden bereits neu erstanden: Das Parkett ist restauriert und neu verlegt.

Auf der anderen Seite des Marmorsaals steht diese Aufgabe noch bevor. Seit über 30 Jahren ist der prachtvolle Tanzsaal geschlossen, weil bei jedem Schritt „unten die Kronleuchter wackeln“, wie Dorgerloh sagt. Der Raum mit seinem wertvollen Rosenholzparkett hat die gleichen Probleme wie der Marmorsaal. Weil die darunterliegende Decke der Marmorgalerie ebenfalls eine Kostbarkeit ist, können die Restauratoren die maroden Deckenbalken nur von den Wänden aus erreichen. Immerhin können die Besucher zur Ausstellung erstmals wieder einen Blick in den Raum werfen. Die sich anschließenden Oberen Roten Kammern – sonst nur zu Sonderführungen offen – sind 2012 Teil der Schau. Hier wird Friedrichs Verhältnis zur Kunst thematisiert: Möbel, Seide, Gemälde und das Theater. Letzteres spielt auch im Erdgeschoss eine zauberhafte Rolle. In der Wohnung des Prinzen Heinrich wird Friedrichs selbst verfasstes Stück „Der Menschenaffe“, in dem er sich über den Modewahn eines Höflings lustig macht, von Figuren nacherzählt. Die belgische Künstlerin Isabelle de Borchgrave hat täuschend echte Kostüme des 18. Jahrhunderts aus Papier erschaffen, mindestens zwei in jedem Raum erwecken das Stück zum Leben.

In der Wohnung des Prinzen von Preußen beschäftigt sich die Ausstellung mit „Körper und Seele“ des Monarchen. „Auch der Frage, war er schwul oder nicht, wird hier nachgegangen“, sagt Dorgerloh. Die Wohnung des Marquis d’Argent widmet sich Friedrichs Freunden – von Katte bis Voltaire, von seinen Windspielen bis zu seinem letzten Reitpferd, dessen Skelett zu den Exponaten gehört.

Schlicht und unscheinbar erwartet die Besucher am Ende der Gemächer des Königs ein Schmankerl. Niemals seit dem Tode des Alten Fritz’ durften Normalsterbliche das Allerheiligste Seiner Majestät betreten: sein Lesekabinett. Ein gemütlicher kleiner Raum mit riesigem Kamin, Kanapee, prachtvollem Blick in den Garten und dem vielleicht ersten Bücherregal der Welt, erfunden vom König selbst – damit seine Windspiele nicht an die Lektüre herankamen.

Nur einmal wird die Phalanx des 18. Jahrhunderts durchbrochen, in einer Gemäldekammer neben der Wohnung des Prinzen Heinrich. Dort wurde kürzlich unter einem Bild eine rote Inschrift entdeckt. Sie stammt aus der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Neue Palais Sitz der sowjetischen Trophäenkommission war. „Tod den deutschen Okkupanten“ steht dort auf Russisch. „Diese Inschrift“, sagt Dorgerloh, „bleibt dran“. Irgendwie passt ja auch sie zu Friedrich.

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