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Behlert-Karree in Potsdam: Sanierungsstart könnte noch platzen

Gewoba will ab 1. November ersten Teil des Behlert-Karrees sanieren, doch die Zustimmung einiger Mieter fehlt.

Potsdam - Ob die Gewoba, Tochtergesellschaft von Pro Potsdam, wie geplant am 1. November mit der Sanierung eines Teils des sogenannten Behlert-Karrees beginnen kann, ist derzeit unklar. „Noch fehlt von fünf Mietern die Zustimmung“, sagte Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungs- und Baugesellschaft den PNN bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen: „Wir stehen unter großem Zeitdruck. Wenn wir die Zustimmung der insgesamt 20 Mieter in den kommenden zwei Wochen nicht bekommen, platzt der Beginn der Sanierungen im November.“

Pawel Rutkowski von der „Bewohnerinitiative Behlertstraße“ zeigte sich auf Nachfrage überrascht: „Wir wissen zwar, dass es am 1. November losgehen soll, aber nicht, dass in den nächsten zwei Wochen alle Mieter zustimmen sollen.“ Die Initiative stehe mit den meisten von der Sanierung betroffenen Bewohnern in Kontakt. „Uns war wichtig, die soziale Durchmischung des Karrees zu erhalten“, sagt der 40-Jährige, der seit etwa sechs Jahren in der Siedlung zwischen Behlert- und Gutenbergstraße lebt: „Wir denken, die Pro Potsdam hat ein faires Angebot vorgelegt, das man annehmen sollte.“ Dass einige Mieter noch nicht ihre Bereitschaft signalisiert hätten, die Modernisierungs-Vereinbarungen zu unterschreiben, liege möglicherweise daran, dass die Verhandlungen sich hingezogen hätten: „Wir kennen die Rahmenbedingungen erst seit einigen Wochen.“ Sollte der Sanierungsbeginn sich ins kommende Jahr verschieben, könnten die Kosten steigen – zum Nachteil der künftigen Mieter, befürchtet Westphal: „Die bisher kalkulierten Mietpreise sind dann möglicherweise nicht mehr haltbar.“

In einem ersten Schritt will die Gewoba 30 von insgesamt 130 Wohnungen in der Siedlung sozialverträglich sanieren. Die ab 1935 gebaute Wohnanlage, von Pro-Potsdam-Geschäftsführer Bert Nicke vor einigen Jahren als Schandfleck bezeichnet, sei in den mehr als 80 Jahren ihres Bestehens nicht saniert worden. Während des einjährigen Bürgerbeteiligungsverfahrens haben Mieter, Stadtverwaltung und der städtische Bauherr sich auf die Rahmenbedingungen verständigt. „Wir hoffen, dass die getroffenen Absprachen auch umgesetzt werden“, sagt Pawel Rutkowski.

Bei der Sanierung geht es um den Kern der Wohnanlage: zwei dreigeschossige Häuserzeilen links und rechts von einem begrünten Innenbereich, den verrostete Teppichstangen zieren. Zwei Drittel der 55 Quadratmeter großen Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen sind bewohnt, zehn stehen leer. Laut dem zwischen Pro Potsdam und Mietern getroffenen „Drittel-Modell“ soll nach der Sanierung ein Drittel der Wohnungen an Mieter mit Wohnberechtigungsschein für 5,80 Euro pro Quadratmeter gehen. Ein weiteres Drittel soll moderate Mieten zwischen 6,50 und 7,50 Euro haben. Und die restlichen zehn, derzeit unbewohnten Wohnungen könnten auf dem freien Markt zu 8,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden, so Westphal. Diese Regelung gelte, wie Rutkowski von der Mieterinitiative betont, dauerhaft, also mindestens zehn Jahre.

Wie viele der betroffenen Mieter tatsächlich in die sanierten Wohnungen zurückkehren werden, könnte sich zeigen, wenn es gilt, die Vereinbarungen zu unterschreiben – regeln diese doch nicht nur eine Mitwirkung bei der Gestaltung des Innenhofs, sondern auch den Umzug in eine Umsetzwohnung. „Die meisten wollen im Karree bleiben“, erzählt Pawel Rutkowski. Er selber hofft allerdings auf eine dauerhafte, größere Alternative außerhalb der Behlertstraßen-Siedlung: „Pro Potsdam wollte mir schon Mitte der Woche Vorschläge machen, doch ich habe noch nichts gehört.“

Auch Peter Klocke ist auf dem Absprung – obwohl er ungern auszieht. „Unsere Wohnung ist personell überbelegt: zu dritt auf 51 Quadratmetern“, erzählt der 44 Jahre alte Handwerker. Als er vor vier Jahren – nach einer privaten Veränderung – eine zeitlang keine feste Adresse hatte, habe er bei Pro Potsdam den Anspruch auf eine günstige Mietwohnung geltend gemacht – und zahlt bis heute für zwei Zimmer, Wohnküche, Bad und Kohleofen knappe 300 Euro monatlich. Die Mieterstruktur sei sehr gemischt, alternativ bis gut verdienend, jung bis alt. „Woanders dürfen die Kinder nicht laut spielen. Hier kann man sich auf die Wiese setzen und grillen, da kräht kein Hahn danach“, preist er die Siedlung an. „Zweimal habe ich nachts aus Versehen mein Auto offen auf dem Hof stehen lassen. Am nächsten Tag war das Navi noch da.“

Voraussetzung für die Sanierung war, dass die kommunale Wohnungsbaugesellschaft 2013 ein Restitutionsverfahren für sich entscheiden konnte und das Behlert-Karree wie auch das Wohngebiet zwischen Brauhausberg und Albert-Einstein-Straße zugesprochen bekam. Für die Sanierung fallen „fast neubauähnliche Baukosten“ von knapp 2000 Euro pro Quadratmeter an, berichtet Geschäftsführer Westphal. Insgesamt würden rund 2,5 Millionen Euro investiert – ohne städtische Förderung. „Es ist denkbar, dass wir das Pilotprojekt auf die gesamte Wohnanlage ausdehnen.“ Peter Klocke wird das Geschehen im Auge behalten – er zieht genau gegenüber auf die andere Seite der Behlertstraße.

Isabel Fannrich-Lautenschläger

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