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Landeshauptstadt: Baustelle Gedenkkonzept

Rund 40 Potsdamer diskutierten erstmals über angemessene Formen der Erinnerungskultur in der Stadt

Von Katharina Wiechers

Seit Jahren wird in Potsdam heftig darüber diskutiert, welchen historischen Ereignissen wo und wie gedacht werden soll. Sei es die Ehrung des 1826 in Potsdam geborenen Max Dortu, das Holocaust-Gedenken am 27. Januar oder der Umgang mit dem Tag von Potsdam, der erst am vergangenen Donnerstag wieder für Konflikte sorgte. Um die Wogen zu glätten und eine von möglichst vielen getragene Lösung zu finden, hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ein Bürgerbeteiligungsverfahren angeregt. Begonnen hatte dieses mit dem Aufruf an rund 120 Initiativen, Vereine und Einzelpersonen, die sich zum Gedenken in der Stadt äußern sollten. Schritt zwei war ein sogenanntes Werkstattgespräch, zu dem Interessierte am späten Dienstagnachmittag in das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte geladen waren.

Rund 40 Potsdamer waren gekommen und hatten sich an einem großen Tischkreis zusammengesetzt. Zunächst stellte eine Gruppe Studenten von der Fachhochschule Potsdam ein Gedenkkonzept vor, das sie für die Glienicker Brücke erarbeitet haben (PNN berichteten). Neben einer Beleuchtung der Brücke schlagen die angehenden Designer unter anderem die Aufstellung von Informationsstelen sowie sogenannte Zeitgläser vor – sozusagen Fernrohre, mit denen in die bewegte Vergangenheit der einstigen Grenzbrücke zwischen der DDR und Westberlin geblickt werden kann.

Bei manchem im Raum stieß das Projekt auf Kritik. So mahnte einer der Anwesenden, die Glienicker Brücke nicht auf eine Agentenbrücke zu reduzieren – in der Zeit des Kalten Kriegs nutzten die Supermächte USA und Sowjetunion die Brücke zum Austausch von Spionen. Es dürfe aber nicht vergessen werden, dass dort auch Leute zu Tode gekommen seien, hieß es. Carola Stabe von der Gemeinschaft der Verfolgten des DDR-Systems fügte hinzu, dass auch der kürzlich verstorbene DDR-Bürgerrechtler Bob Bahra ein Konzept erarbeitet habe, das ebenfalls eine Beleuchtung der Brücke und Informationen zu ihrer Geschichte beinhaltete. Bahras Sohn habe angekündigt, die Projekte seines Vaters fortzuführen, sagte Stabe und regte eine Kooperation zwischen ihm und den FH-Studenten an.

Weitere Einwürfe oder gar Anfeindungen gab es trotz hitziger Debatten über die Gedenkkultur im Vorfeld nicht. Stattdessen ließ der Moderator des Werkstattgesprächs, der Historiker Thomas Schaarschmidt vom Zentrum für Zeithistorische Forschung, Arbeitsgruppen zu drei Themen bilden: die Form des Gedenkens, die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen sowie eine mögliche Koordinierung der verschiedenen Gedenkveranstaltungen.

Die Ergebnisse der Diskussionen in den Arbeitsgruppen will die Stadtverwaltung sammeln, zusammenschreiben und dann erneut an die Beteiligten zur Stellungnahme senden, wie der Büroleiter des Oberbürgermeisters, Dieter Jetschmanegg, ankündigte. Am 12. Juni gibt es im Potsdam Museum dann erneut eine Veranstaltung zu dem Thema, zu der auch externe Experten geladen werden. Und für den Herbst plant die Verwaltung eine internationale Tagung, bei der auch Vertreter anderer Städte in die Diskussion über Gedenkkultur mit einbezogen werden könnten.

Wie das Gedenkkonzept letztlich aussehen wird, ist noch völlig offen. Zumindest in einer Sache sind sich die meisten Akteure aber schon einig: Aus den 42 Stellungnahmen, die auch unter www.gedenkkultur-potsdam.de einsehbar sind, geht hervor, dass ein zentraler Gedenkort für die Stadt mehrheitlich abgelehnt wird. Auch eine bessere Vernetzung der einzelnen Akteure und Veranstaltungen fordern viele.Katharina Wiechers

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