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Bad-Standort steht fest: Zwei Drittel wählen den Brauhausberg

Die Potsdamer haben eine deutliche Entscheidung getroffen: Das neue Sport- und Freizeitbad der Landeshauptstadt soll im Stadtzentrum auf dem Brauhausberg gebaut werden.

Potsdam - Dafür votierten zwei Drittel der knapp 70 000 Potsdamer, die sich an der Bürgerbefragung zum Bad-Standort beteiligt hatten. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gab am Mittwoch das Bürgervotum bekannt. Nur ein Drittel befürwortet danach einen Badneubau neben der Tropenhalle Biosphäre im Volkspark im Potsdamer Norden. An der Bürgerbefragung nahmen 52,8 Prozent der Stimmberechtigten ab 16 Jahre teil; damit lag die Wahlbeteiligung leicht höher als bei der letzten Kommunalwahl 2008. Für den Brauhausberg stimmten exakt 44 829 Potsdamer, das entspricht 65,2 Prozent; für den Volkspark votierten 22 447 Potsdamer (32,7 Prozent).

Damit haben die Bürger einen jahrelangen Konflikt um den Neubau eines Schwimmbads in der Stadt beendet – und gegen den erklärten Willen von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und seine Rathauskooperation aus SPD, CDU, Bündnisgrüne und FDP entschieden. Das Bündnis hatte massiv für den Standort Volkspark geworben, vor zwei Jahren hatte das Stadtparlament sogar bereits beschlossen, das neue Bad dort zu bauen. Doch weil der Kostendeckel von 18 Millionen Euro nicht gehalten werden konnte, die Potsdamer Linke und die Bürgerinitiative Pro Brauhausberg den Erhalt des DDR-Bads in Zentrum forderten, begann die Bad-Debatte in der Stadt erneut. 100 000 Euro haben die Stadtwerke als Bauherr des neuen Bad bereits in die Planung für den Standort Volkspark investiert. Sie wird jetzt nicht mehr gebraucht.

Oberbürgermeister Jakobs, der die Bürgerbefragung initiiert hatte, äußerte sich am Mittwoch erfreut über das eindeutige Votum der Potsdamer und die hohe Zahl der Teilnehmer: „Das ist ein Sieg der direkten Bürgerbeteiligung.“ Als politischen Verlierer sah er sich nicht: „Ich werde wie vorher angekündigt das Votum der Bürger respektieren.“ In der Juni-Sitzung soll das Stadtparlament das Brauhausberg-Bad beschließen, die entsprechende Vorlage werde ab sofort erarbeitet, sagte Jakobs. Fertig sein werde das neue Bad allerdings frühestens Mitte 2016 – ein Jahr später als bisher avisiert – da komplett neu geplant werden müsse. Auch die Kosten würden wohl steigen.

Linke-Fraktionschef und Ex-Oberbürgermeister-Kandidat Hans-Jürgen Scharfenberg, der seit Jahren für ein Brauhausberg-Bad kämpft, sieht sich als politischer Sieger der Bürgerbefragung. Er verwies darauf, dass Jakobs und die Rathauskooperation seit 2009 zwei Anträge der Linken, eine Bürgerbefragung zum Bad durchzuführen, abgelehnt hätten. Die hohe Beteiligung der Potsdamer sei ein „großartiger Erfolg“, der „eindrucksvoll den Anspruch auf eine intensivere Bürgerbeteiligung“ aufmache, so Scharfenberg. Erst durch die Linke und die Initiative Pro Brauhausberg seien Jakobs und die Rathauskooperation „zum Umdenken“ gebracht worden. Das deutliche Votum für den Brauhausberg zeige, dass Jakobs’ Pläne für das Volkspark-Bad „am Willen der Mehrheit der Bevölkerung vorbei gingen“, so Scharfenberg.

CDU, FDP und Bündnisgrüne begrüßten das eindeutige Ergebnis der Bürgerbefragung. Alle versicherten, dass sie den Bürgerwillen respektieren werden. Offiziell ist das Ergebnis der Befragung nicht bindend für die Stadtverordneten. Die CDU fordert das Rathaus auf, jetzt einen Masterplan für die Entwicklung des Potsdamer Nordens – bekanntlich das Gebiet mit dem höchsten Zuzug – vorzulegen. Es gehe um eine „adäquate Infrastruktur“, so CDU-Kreischefin Katherina Reiche. Bis zum Jahr 2030 sollen nach jüngsten Prognosen 30 400 Menschen neu nach Potsdam ziehen (PNN berichteten). Die Bündnisgrünen versicherten, das Bürgervotum ernst zu nehmen, bedauerten aber den Ausgang. Sie befürchten, dass der Standort Brauhausberg kompliziert und teuer wird: „Im Moment ist nicht klar, wie viel Bad wir uns unter diesen Umständen werden leisten können“, so Fraktionschefin Saskia Hüneke.

Das Sport- und Freizeitbad soll bislang 23 Millionen Euro kosten. Doch schon jetzt schloss Oberbürgermeister Jakobs eine Kostensteigerung nicht aus. Auch sind die Bedingungen im Stadtzentrum nach Ansicht der Rathausspitze äußerst kompliziert. Da das Schwimmbad in unmittelbarer Nähe der Speicherstadt und des Stadtschlosses errichtet werden soll, das derzeit als Landtagssitz wieder aufgebaut wird, könne es kein reiner Zweckbau sein, so Jakobs. Dass der Entwurf des brasilianischen Star-Architekten Oscar Niemeyer, den Potsdam seit etwa sieben Jahren „fertig in der Schublade“ hat, wieder aufgelegt wird, schloss Jakobs aus – vor allem, weil auf dem Brauhausberg neben dem Schwimmbad, das am Fuße des Bergs entstehen wird, auch 200 Wohnungen gebaut werden sollen. Damit sei kein Platz für die vier Niemeyer-Kuppeln, so Jakobs. Zwei Vorteile hätte das Niemeyer-Bad dennoch, so Jakobs: „Wir müssten die Pläne nur aus der Schublade ziehen und es ist hervorragende Architektur.“ Linke-Fraktionschef Scharfenberg forderte unterdessen explizit, dass jetzt auch die Möglichkeit geprüft wird, Niemeyer zu bauen.

Doch Potsdam benötigt nach Angaben der Rathausspitze die Einnahmen aus dem Verkauf der nicht für das Bad gebrauchten Brauhausberg-Flächen dringend. Mindestens sechs Millionen Euro müssen fließen, damit das neue Bad finanziert werden kann. Förderung des Landes gibt es nicht; Bauherr sind die Stadtwerke .

Oberbürgermeister Jakobs versprach erneut, dass die alte Brauhausberg-Halle nicht geschlossen werde, bevor das neue Bad fertig ist. Das ist besonders für Sportvereine und das Schulschwimmen wichtig. Damit könnten aber weitere Kosten entstehen, denn in die marode Brauhausberg-Halle müsse für einen Betrieb bis zur Fertigstellung des neuen Bads sehr wahrscheinlich investiert werden. Ein Erhalt der alten Halle sei ausgeschlossen, so Jakobs. Sie werde dann abgerissen.

Vor einigen Jahren waren Potsdams Spaßbad-Pläne spektakulär gescheitert. Damals hatte das Rathaus Stararchitekt Niemeyer mit dem Entwurf für ein Freizeitbad am Brauhausberg beauftragt. Obwohl die Kosten von 50 auf 33 Millionen Euro reduziert wurden, versagte das Wirtschaftsministerium dem Projekt letztlich eine Förderung. Rund vier Millionen Euro hatten die Stadtwerke als Bauherr damals schon für das Projekt ausgegeben. Der untere Brauhausberg wurde für Niemeyer schon planiert – und liegt seitdem brach.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in der Donnerstag-Ausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten.

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