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Der Superstar. Pietro Lombardi, angehimmelt von seinen jungen Fans.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Ausbildung und Autogramme

26 Potsdamer Betriebe öffneten ihre Türen – darunter Radiosender und Medizintechniker

„Wir sind eigentlich wegen Pietro Lombardi hier“, sagt Jeanette Budweth. Die Potsdamerin hat mit ihren drei Kindern den Tag des offenen Unternehmens genutzt, um am Eingang des BB-Radio-Studios in der Großbeerenstraße ein Autogramm des jungen Mannes zu ergattern, der jüngst in der TV-Show „Deutschland sucht den Superstar“ zum Gewinner gekürt wurde. Rund 500 Fans hat die Ankündigung, Lombardi werde auftauchen, zur Radiostation gelockt.

Wer nicht nur wegen des „Superstars“ gekommen ist, kann Musikchef Bernhard Hiller und allen anderen BB-Radio-Machern im Flur der Redaktionsetage begegnen und mit ihnen plaudern. Dort zieren Handabdrücke in Gips die Wand: Kim Wilde, Joe Cocker, Nena, „Stars im Sender sind Alltag“, meint Redaktionsleiter Robert Förster. Erst vergangenen Dienstag war Xavier Naidoo da.

„Mich interessiert vor allem, wie die Moderatoren arbeiten und ich würde sie auch gerne kennen lernen“, sagt Daniel Unger. Der 19-jährige Schüler ist extra aus Nauen nach Potsdam gekommen. „Mein Traumjob ist zu moderieren.“ Das kann er nachher gleich ausprobieren, denn Moderator Jens Herrmann räumt gern mal kurz den Platz, damit man sich selbst über Lautsprecher hören kann. Genau darum geht es schließlich beim Tag des offenen Unternehmens: Hinter die Kulissen schauen und dabei vielleicht neue Berufsperspektiven entdecken. Aber: „Fünf Stunden Moderation heißt: Fünf Stunden Vorbereitung“, sagt Herrmann. „Ich komme hier um 10 Uhr morgens an und gehe erst wieder um 20 Uhr nach Hause.“ Momentan, so Redaktionsleiter Förster, seien gerade keine Stellen vakant, aber meist fange man ohnehin mit einem Praktikum an: „Wichtig sind gute Zensuren in Deutsch, Mathe und Erdkunde – also gute Allgemeinbildung.“

Mathe dürfte vor allem bei dem Unternehmen eine wichtige Voraussetzung sein, das den Tag des offenen Unternehmens am Samstag eröffnet hat: Der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS) in der Saarmunder Straße. Im Gegensatz zum Radio sucht die MBS dringend nach Azubis. Arbeitslosigkeit habe Potsdam nicht zu beklagen, so Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), dafür aber Fachkräftemangel: „Ich wünsche mir, dass kein Potsdamer, mit welchem Schulabschluss auch immer, meint, abwandern zu müssen.“ Es gebe viele freie Stellen, vor allem im Dienstleistungs- aber auch im technischen Bereich. Und wo würde der Oberbürgermeister gern mal hinter die Kulissen schauen? „Als Politiker würde mich vor allem ein Medienunternehmen interessieren, aber auch der Bereich Medizintechnik“, so Jakobs.

Ein solches Medizintechnik-Unternehmen ist die Christoph Miethke GmbH & Co. KG. Sie hat sich komplett auf die Herstellung neurochirurgischer Implantate für Menschen spezialisiert, die an Hydrocephalus leiden, ein Zuviel an Hirnwasser im Schädel. Neben Beschwerden wie Übelkeit oder Schwindel werden schätzungsweise zehn Prozent aller Demenzerkrankungen auf Hydrocephalus zurückgeführt. Dieses Leiden könne jedoch mit den von Miethke hergestellten Ventilen erheblich gemildert werden, indem ein dünner, unter der Haut verlaufender Schlauch, der vom Schädel bis in den Bauch führt, das überschüssige Hirnwasser ins Bauchfell leitet, das die Flüssigkeit wie ein Schwamm aufnimmt. Das seit 2004 in Potsdam ansässige Unternehmen sei deutschlandweit Marktführer. Besonders Patienten seien am Tag des offenen Unternehmens interessiert, so Marketingassistentin Eva Riek-Brand, denn „die meisten Patienten bekommen diese Implantate einfach eingesetzt, ohne sie vorher mal selbst in der Hand zu halten. Das können sie hier tun.“ Besucher können die teilweise winzigen Ventile in ihre Einzelteile zerlegt untersuchen oder bei der Fertigung am Laser-Schweißer zuschauen.

Der 32-jährige Rene Ksoll hat das Unternehmen vor zwei Jahren beim Tag des offenen Unternehmens kennen gelernt: „Meine Frau wollte sich das mal anschauen, und da bin ich mitgekommen.“ Ksoll fand Interesse an der Arbeit, stellte viele Fragen, bewarb sich und wurde genommen. Vorher war er Straßenbahn-Monteur beim Verkehrsbetrieb in Potsdam (VIP), jetzt arbeitet er wesentlich häufiger mit der Pinzette. „Die Objekte, mit denen wir hier arbeiten, haben teilweise die Dicke eines Haares“, sagt Ksoll, blickt durch sein Mikroskop und schweißt einen filigranen Steg an ein Titan-Federblech, indem er einen 20 millisekündigen Impulslaser auslöst. Auch eine ehemalige Schneiderin und ein Uhrmacher arbeiten bei Miethke. Personalbedarf, sagt der Geschäftsführer, gebe es bei ihm „eigentlich ständig“.

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