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Aus dem GERICHTSSAAL: Hitlergruß bei 2,34 Promille

Mehrfach Vorbestrafter muss 600 Euro zahlen

„Ich komme nicht als Verteidigerin, sondern in meiner Eigenschaft als Betreuerin“, klärt Rechtsanwältin Elke Beyer das Gericht zu Verhandlungbeginn auf. „Die Sache wird unkompliziert“, sagt sie. Auf der Anklagebank nimmt Frank F.* Platz, übrigens nicht zum ersten Mal. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 49-Jährigen das Verwenden von Kennzeichen verfasssungwidriger Organisationen vor. Am 1. August vorigen Jahres soll der Alkoholiker auf dem Gelände des Obdachlosenheims Lerchensteig – für die Öffentlichkeit gut sichtbar – die rechte Hand gehoben und lautstark „Heil Hitler“ gerufen haben.

„Ick weeß von nischt, weil ick betrunken war. Aber det kann schon so jewesen sein“, räumt der Am Schlaatz Wohnende ein. Seiner politischen Gesinnung entspräche derartiges Gebaren allerdings nicht. Ein Urteil müsse es dennoch geben, befindet Amtsrichterin Bettina Thierfeldt und sanktioniert Frank F. mit einer Geldstrafe von 600 Euro. Die trifft den Angeklagten, der von ergänzender Grundsicherung lebt und aktuell zwei weitere Strafen abzuzahlen hat, sehr hart. Berufung will er gegen die Entscheidung aber nicht einlegen. „Wat soll ick streiten?“, fragt er. Für ihn sei es wichtig, sein Leben endlich auf die Reihe zu kriegen, vor allem vom Alkohol wegzukommen. Derzeit mache er eine Gesprächstherapie bei der Awo, strebe den Aufenthalt in einer betreuten Tagesstätte an. „Wenn ick alleine bin, werde ick aggressiv. Ick muss wieder lernen, mit Menschen zu kommunizieren und andere Meinungen gelten zu lassen“, weiß der frühere Anlagenführer inzwischen.

„Wir wurden zum Lerchensteig gerufen, weil sich mehrere Personen verbal belegten“, erinnert sich eine Polizistin vor Gericht an das Tatgeschehen. Frank F. sei der Ansicht gewesen, jemand habe sein Fahrrad gestohlen. Darauf sei es zum Streit mit Heimbewohnern gekommen. Im Eifer des Gefechts soll er dann ausgerastet sein. „Der Angeklagte war stark betrunken und emotional angegriffen“, so die Zeugin. „Das Fahrrad war übrigens nicht weg. Er hatte es nur woanders abgestellt.“ Bei einer Atemalkoholkonzentration von 2,34 Promille hatte der Potsdamer offenbar die Orientierung verloren.

Das Gesetz sieht für das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Staatsanwaltschaft und Gericht gehen zugunsten des Angeklagten von verminderter Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat aus. Vollrausch könne man nicht annehmen. Der Angeklagte sei Alkohol gewöhnt. Zudem habe er auf Fragen der Polizeibeamten, die zum Tatort gerufen wurden, adäquat und verständlich antworten können, so die Vorsitzende. (*Name geändert)Hoga

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