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Essen für Bedürftige. Bei der Potsdamer Tafel erhalten Potsdamer mit geringem Einkommen Lebensmittel. Die Spendenbereitschaft der Geschäfte und Supermärkte sei aber so zurückhaltend wie lange nicht, sagt Imke Eisenblätter vom Tafel-Verein.

© Andreas Klaer

Armut in Potsdam: Wo es Hilfe für Bedürftige gibt

Der Bedarf an Hilfsangeboten für Wohnungslose in Potsdam steigt an. Soziale Träger sehen auch den seit Jahren angespannten Immobilienmarkt als Grund. Wir geben einen Überblick, welche Hilfsangebote für den Winter geplant sind.

Im Sommer lässt es sich in Potsdam noch aushalten an der frischen Luft. Doch im Winter ist es sicherlich kein Vergnügen, unter Brücken schlafen zu müssen oder in den Vorräumen von Banken zu liegen. Bald werden die Temperaturen wieder in den frostigen Bereich fallen. Dann ist Hauptsaison für die Hilfseinrichtungen der Stadt wie Suppenküche, Obdachlosenheim und Tafel. Die Stadtverwaltung und soziale Träger bereiten sich aber schon jetzt auf die eisigen Monate vor. Ein Überblick zu den Hilfsangeboten in Potsdam.

Obdachlosigkeit in Potsdam

Eine genaue Zahl der Obdachlosen für Potsdam gibt es nicht. Auch eine landesweite Statistik im Bereich der Wohnungslosenhilfe existiert nicht. Allerdings sei ein wachsender Bedarf in den vergangenen Jahren festzustellen, teilte die Arbeiterwohlfahrt (Awo) am gestrigen Donnerstag auf PNN-Anfrage mit. Die Awo betreibt unter anderem das Obdachlosenheim in der Straße Am Lerchensteig in Nedlitz. Besonders spürbar sei die Zunahme aber im Landkreis Potsdam-Mittelmark, so ein Sprecher. Auch in der Landeshauptstadt seien wegen des angespannten Wohnungsmarktes mehr Menschen und deren Familien betroffen. Im vergangenen Jahr bezogen 1834 Potsdamer Grundsicherung im Alter. Insgesamt erhielten 4388 Potsdam soziale Leistungen, was einem Plus von 25,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Die Tafel in Potsdam

Bedürftige können sich bei den Tafel-Ausgabestellen in der Schopenhauerstraße und Drewitzer Straße Lebensmittel besorgen, die von Supermärkten gespendet werden. Aktuell sei die Spendenbereitschaft aber sehr gering, sagte Imke Eisenblätter von der Zugleich steige die Zahl der Kunden. 1200 Menschen – darunter viele Kinder – und damit deutlich mehr als im vergangenen Jahr würden wöchentlich versorgt. Ursache dafür sei, dass zunehmend mehr Geflüchtete Anspruch auf Hartz IV hätten. Voraussetzung für die Nutzung der Tafel ist eine Berechtigungskarte, die der Tafelverein ausgibt.

Die Suppenküche

Hilfe für Bedürftige bietet auch die Suppenküche der Volkssolidarität. Sie ist seit rund einem Jahr wieder an ihrem alten Standort auf dem Verwaltungscampus zu finden. Sie wird allerdings nicht so genutzt wie erwartet, sagte der Leiter Herbert König den PNN. So sei die Zahl der Besucher etwas zurückgegangen. Rund 35 Menschen – vor allem Senioren mit einer geringen Rente sowie Wohnungslose – würden täglich eine warme Mahlzeit einnehmen oder die Kleiderkammer aufsuchen. „Geflüchtete kommen eher selten“, so König. Für den Winter wird die Einrichtung länger geöffnet haben. Übernachten könne aber dort niemand, so König. Im Zweifel würden Obdachlose dann in das Heim der Arbeiterwohlfahrt gebracht. In dem Container-Neubau direkt hinter dem Rathaus finden rund 50 Menschen Platz.

Der Arzt- und Kältebus

Hier gibt es verschiedene Angebote in der Landeshauptstadt. So wird auch in diesem Jahr ein Arztbus des Klinikums „Ernst von Bergmann“ unterwegs sein, der ärztliche Nothilfe für Obdachlose anbietet. Die Projektgruppe Winternothilfe am Klinikum werde Anfang November entscheiden, an welchen Standorten der Bus zu finden sei, sagte Sprecherin Damaris Hunsmann den PNN. 2014 konnte der Arztbus 170 Obdachlosen helfen. Die Kosten für das Projekt von rund 25 000 Euro trägt das städtische Klinikum. Außerdem sind die Streetworker des Unternehmens Creative Sozialarbeit (Creso) mit einem Auto in der Stadt unterwegs und verteilten Tee an Obdachlose, wie eine Sprecherin sagte.

Das Obdachlosenheim

Aktuell gibt es in dem Heim Am Lerchensteig 95 Plätze, 92 davon sind derzeit belegt. Weitere zehn Betten stehen in der Notaufnahme bereit. Auch sie sind weitgehend belegt. Ob der Service ausreicht, konnte ein Sprecher der Awo nicht sagen. Ohne Statistiken sei es schwer, den Bedarf zu erkennen. Er verwies auf die Winternothilfe der Stadtverwaltung. Aktuell gebe es viele wohnungslose Flüchtlinge, so der Sprecher. Diese müssten im Zweifel aber wieder in Gemeinschaftsunterkünfte zurückkehren.

Was tun Stadt und Pro Potsdam?

Für die Stadtverwaltung habe die Unterstützung von Menschen ohne eigene Wohnung in der kalten Jahreszeit eine besondere Bedeutung und Dringlichkeit, wie ein Sprecher mitteilte. Um Menschen in Notlagen möglichst schnell und unkompliziert zu helfen, arbeite die Stadt wie in jedem Jahr mit mehreren Einrichtungen zusammen. Die Angebote seien untereinander vernetzt, damit Informationen über Notfälle schnell an die richtige Stelle gelangen.

Die stadteigene Bauholding Pro Potsdam hat nach Angaben von Sprecherin Anna Winkler außerdem für ihre rund 17 000 Wohnungen ein Sozialmanagement eingerichtet, um Wohnungslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen. Dennoch sei es in diesem Jahr bis September zu 45 Zwangsräumungen wegen Mietschulden gekommen.

Das Projekt 72 – Ambulante Wohnhilfe unterstützt Menschen, damit sie eine neue Wohnung bekommen oder ihre alte behalten könnten. Das Team kooperiert mit der Schuldnerberatung und dem Bergmann-Klinikum, so Winkler. Dabei trete das Klinikum als Hauptmieter auf, der eigentliche Mieter aber nur als Untermieter. Wenn er sich vertragstreu verhalte, könne er nach einem halben Jahr zum Hauptmieter werden, so Winkler.

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Stefan Engelbrecht

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