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Landeshauptstadt: An unbekannter Stelle begraben

An Potsdamer Größen ohne intakte Grabstellen erinnert jetzt eine Gedenktafel an der Bornstedter Kirche

Er schuf den Atlas auf dem Alten Rathaus in Potsdam, auch die drei Grazien hoch oben auf der Kuppel des Neuen Palais im Schlosspark Sanssouci sind unter seinen Händen entstanden: Friedrich Jury, Spross einer Kupferschmiededynastie hatte einst seine Werkstatt in Potsdam. Im Jahre 1785 wurde Jury in Bornstedt begraben, womöglich im Gewölbe der damaligen Kirche. Wo seine Gebeine heute auf dem Bornstedter Friedhof ruhen, weiß man nicht. Seit dem vergangenen Samstag erinnert eine Tafel am Campanile der Kirche an Friedrich Jury und an elf weitere Menschen, die in Bornstedt begraben wurden, deren Ruhestätten auf dem Friedhof aber nicht mehr bekannt sind. Die auf diese Weise Geehrten haben einst Spuren in der Stadtgeschichte hinterlassen.

rbb-Moderatorin Tatjana Jury, eine Verwandte des Kupferschmiedemeisters Friedrich Jury, enthüllte am Samstag bei regnerischem Wetter, umringt von einer Menschentraube unter Schirmen, die Gedenktafel am Turm des Bornstedter Gotteshauses. Nach der feierlichen Tafelenthüllung berichtete die Fernsehmoderatorin – man war inzwischen in die trockene Kirche gegangen – so manches aus ihrer Familiengeschichte. Allein in einem einzigen Jahrhundert habe es in der Familie mindestens 18 Kupferschmiedemeister geben. Das handwerkliche Geschick lag den Jurys offenbar in den Genen. Emanuel Jury, ein Sohn des in Bornstedt begrabenen Friedrich Jury, schuf das berühmteste Viergespann der Deutschen, die weltbekannte Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin. Aufgrund der Kriegseinwirkungen im Zweiten Weltkrieg ist vom Original allerdings nur noch ein einziger Pferdekopf erhalten. Der Atlas auf dem Alten Rathaus in Potsdam, den einst Vater Friedrich Jury schuf, hatte übrigens schon einen aus Blei gegossenen Vorgänger gehabt. Die vergoldete Figur stürzte 1777 vom Dach – Jury erhielt den Auftrag für ein wesentlich leichteres, ebenfalls vergoldetes Duplikat aus Kupfer.

Auch der 1745 geborene Maler Franz Hillner ist auf der vom früheren Bornstedter Pfarrer Gottfried Kunzendorf initiierten Gedenktafel verzeichnet. Der 1808 verstorbene und in Bornstedt begrabene Hillner war Direktor der Berliner Akademie der Künste. Von ihm stammt das Gemälde „Brand der Nikolaikirche“, das sich heute im Potsdam Museum befindet. Am dritten September 1795 war das Gotteshaus am Alten Markt – damals noch im Stile des Barock erbaut – in Flammen aufgegangen. Bei Arbeiten am Dach der Kirche brach das Feuer aus. Hillner hat das Ereignis, gemalt in Öl, für die Nachwelt festgehalten. Der Kunstprofessor hatte einst auch eine Zeichenschule in Potsdam begründet, wie Hannes Wittenberg vom Potsdam Museum in seinem Vortrag am Samstag in der Bornstedter Kirche ausführte. Samuel Gerlach, im 18. Jahrhundert Rektor der Großen Stadtschule, findet sich ebenfalls auf der Bornstedter Gedenktafel. Laut dem Potsdamer Stadthistoriker Klaus Arlt hat Gerlach in seiner Schule nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt. Das Gebäude der Großen Stadtschule in der jetzigen Friedrich-Ebert-Straße ist bis heute erhalten geblieben. Gerlach widmete sich in mehreren Publikationen der Potsdamer Stadtgeschichte.

Ebenfalls auf der Gedenktafel findet sich Gottfried Friedrich Pepusch. Der im Jahre 1750 gestorbene Musiker war einst Oboenlehrer im Potsdamer Militärwaisenhaus. Ab etwa 1724, so Jürgen Kloosterhuis, Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, richtete Pepusch im Militärwaisenhaus eine Hoboisten- und Tambourschule ein, also eine Einrichtung für den Nachwuchs der Militärmusiker – die „Kita der Langen Kerls“, wie Kloosterhuis anmerkte. Von hier aus gingen Musiker nach ihrer Ausbildung an alle preußischen Regimenter.

Kloosterhuis erzählt die Anekdote – ob sie wahr ist, weiß man nicht – vom jungen Kronprinzen, dem späteren Friedrich dem Großen. Pepusch, der auch komponierte, soll einst für das Tabakskollegium von Friedrichs Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., ein „Schweine-Sextett“ für sechs Fagotte komponiert haben. Jeder Fagottist war in dem Stück quasi ein Schwein. Womöglich mussten die Musiker ihren Instrumenten ein gewisses Gegrunze und Gequieke entlocken. Eines Tages sollte Pepusch, so die Legende, das Stück auch vor der Rheinsberger Hofgesellschaft des jungen Friedrich aufführen – um sich und den von Friedrich verhassten Vater dort lächerlich zu machen. Doch Pepusch kehrte den Spieß um und zog den Flöte spielenden Kronprinzen mit ein: Er habe seinem „Schweine-Sextett“ flugs noch eine siebte Stimme hinzugefügt: ein Ferkelchen für Soloflöte.

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