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Die Altlastensanierung in Krampnitz wird noch Jahre dauern.

© Andreas Klaer

Altlastensanierung in Krampnitz: Striptürme und Sirupinjektionen

Auf der ehemaligen Kaserne Krampnitz läuft die Altlastensanierung. Viele Hinterlassenschaften kann man sehen, andere sind unsichtbar – aber gefährlich.

Potsdam – Die Vorbereitungen für den Bau des neuen Stadtteils Krampnitz bringen nicht nur archäologische Funde zu Tage, sondern auch die ein oder andere Altlast. Diese stammen aus der Zeit der Nutzung des Areals als Kaserne bis Anfang der 1990er Jahre. Einer der Schwerpunkte dabei ist das frühere Gelände der Wäscherei im Nordwesten.

Krebserregendes Reinigungsmittel verunreinigt das Grundwasser 

Den Schaden kann man weder riechen noch sehen, denn er steckt im Boden. Mitte der 1980er Jahre hatte die sowjetische Armee auf dem Gelände eine chemische Reinigung in Betrieb genommen. Offenbar ist in dieser Zeit ein Tank geplatzt. In den Boden sickerten mehrere Tonnen Trichlorethen ein – in früheren Jahrzehnten ein gebräuchliches Reinigungsmittel beispielsweise in der Metallverarbeitung, das auch den hartnäckigsten Schutz beseitigte. Allerdings ist der Stoff auch narkotisierend und krebserregend.

Die Grundwasserreinigung dauert zehn Jahre und kostet 7,6 Millionen Euro.
Die Grundwasserreinigung dauert zehn Jahre und kostet 7,6 Millionen Euro.

© Andreas Klaer

Nun rückt man dem Gift seit etwa neun Monaten im Dauerbetrieb zu Leibe. Von etwa vier Tonnen Giftstoff im Untergrund wird ausgegangen. Die Grundwasserverunreinigung befindet sich auf einer Fläche von etwa vier Hektar ab einer Tiefe von fünf Metern unter der Oberfläche. Durch Voruntersuchungen an zahlreichen Messstellen hatte man das Gebiet der Verunreinigung eingrenzen können. Fast ein Viertel ist bis Ende Juni schon entfernt worden, wie es am Donnerstag bei einem Vor-Ort-Termin mit Potsdams Umweltbeigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) hieß.

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Über der Erde ist von der Sanierung nicht viel zu sehen. Kernstück ist ein 12,5 Meter tiefer Senkschacht mit drei Metern Durchmesser. Von diesem ausgehend verlaufen zwei Drainagerohre jeweils 60 Meter in entgegengesetzte Richtungen. Die Drainage fängt das belastete Grundwasser auf. Der Hauptteil der Apparate steckt in einem blauen Container. Dort wird das angesaugte Grundwasser nacheinander durch verschiedene Zylinder gepumpt – sogenannte Striptürme. Zunächst werden allerhand andere Stoffe wie Eisen oder Kalk aus dem Wasser geholt. Dann läuft das Wasser durch Filter. Darin wird die Oberfläche vergrößert, so dass sich der Schadstoff in der Luft verflüchtigt. Das Gas wird anschließend verbrannt. Die Abluft wird schließlich durch Aktivkohlefilter gereinigt. Das gereinigte Grundwasser wird anschließend wieder in den Untergrund eingeleitet.

Auf dem Kasernengelände gibt es auch noch viel Militärschrott.
Auf dem Kasernengelände gibt es auch noch viel Militärschrott.

© Andreas Klaer

Die geschätzten Gesamtkosten der Sanierung der Grundwasserverunreinigung „ehemalige Wäscherei“ belaufen sich auf circa 7,6 Millionen Euro. Bezahlt wird die Sanierung vom Land Brandenburg. Rund zehn Jahre soll die Reinigung insgesamt dauern. Was die Waschanlage nicht schafft, sollen Mikroorganismen erledigen. Parallel zur Drainage soll der natürliche Abbau gestärkt werden. Dazu soll ab Ende 2021 kontinuierlich Melasse über zwei bis drei Infiltrationsstränge in das Grundwasser eingespritzt werden. Dabei handele es sich um den Endsirup aus der Zuckerherstellung, hieß es. Er diene den natürlich im Boden vorkommenden Mikroorganismen als Nährstoff.

Das giftige Grundwasser hätte in den Krampnitzsee gelangen und das Trinkwasser bedrohen können

Langfristig hätte das Lösungsmittel einen größeren Schaden anrichten können: Nördlich an das Areal der ehemaligen Wäscherei schließt sich nämlich eine Senke an, durch die der Große Graben verläuft – ein Wasserlauf, der schließlich in den Krampnitzsee mündet. Wäre die giftige Brühe irgendwann in die Gewässer gelangt, hätte das dort Natur und auch das Trinkwasser bedrohen können. Eine Altlastensanierung wäre also ohnehin fällig gewesen. Durch die Baupläne für Krampnitz geht es nun etwas schneller.

Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (r.) in der Grundwasserreinigungsanlage.
Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (r.) in der Grundwasserreinigungsanlage.

© Andreas Klaer

Das Lösungsmittel ist jedoch nicht das einzige Problem. Obwohl schon seit mehreren Jahren aufgeräumt wird, liegt auch jetzt noch am Wegesrand allerlei Schrott aus militärischen Anlagen und Fahrzeugen herum. „Neben den Verunreinigungen im Bereich der ehemaligen Wäscherei haben wir weitere Schadstoffe, darunter über 450 Tonnen Asbestabfälle sowie im Boden verborgene Ölfässer und Tanks, lokalisieren und fachgerecht entsorgen können“, so Entwicklungsträgerchef Bert Nicke. Die Entwicklungsmaßnahme wirke sich aufgrund der Beseitigung von Altlasten damit bereits in diesem frühen Stadium positiv auf Natur und Umwelt aus.

Krampnitz ist die letzte und größte der insgesamt 24 ehemals militärisch von der Westgruppe der sowjetischen Truppen genutzten Liegenschaften in Potsdam. In der Stadt nahmen sie eine Gesamtfläche von mehr als 400 Hektar ein. Weitere große Flächen waren das Bornstedter Feld mit den Roten, Grauen und Weißen Kasernen, ebenso die Garde-Ulanen-Kaserne, der Schirrhof oder das Justizzentrum in der Jägerallee.

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