zum Hauptinhalt
Entdeckerinnen. Afghanische Schülerinnen gewannen bei einem Wettbewerb in den USA einen Preis. Nun wollen sie ihr Projekt in Potsdam bei einer Software-Konferenz zeigen.

©  promo

Landeshauptstadt: Afghanische Roboter

Sechs Schülerinnen aus Afghanistan haben bei einem Roboterwettbewerb in den USA einen Preis gewonnen – im November kommen sie dank Crowdfunding zu einer Konferenz nach Potsdam

Die Geschichte klingt ein bisschen märchenhaft: Sechs afghanische Mädchen, die selbst Roboter entwickeln, bauen und damit einen Preis bei einem internationalen Wettbewerb in den USA gewinnen. Nun wollen die Organisatoren einer internationalen Software-Konferenz in Potsdam, der „Agile Testing Days“, die 14- bis 16-jährigen Schülerinnen aus Herat Mitte November nach Potsdam holen, damit sie ihre Geschichte dort erzählen können. Dafür wurde eigens online eine Crowdfunding-Kampagne eingerichtet. 8500 Euro wurden bereits eingesammelt, viele der Spender sind Teilnehmer der Konferenz aus aller Welt. 15 000 Euro sollen es werden. Falls die Summe durch Spenden nicht zusammenkommt, will der Organisator der Konferenz, die Firma Trendig Technology Services aus Berlin, den Rest drauflegen, wie Pressesprecherin Jana Noack bestätigte.

„Die Mädchen sind schon sehr aufgeregt. Für sie ist es etwas ganz Besonderes, nach Deutschland zu reisen“, erklärt Roya Mahboob. Sie ist afghanische Unternehmerin und betreut das Team. In einem Skype-Gespräch erzählt sie, wie die jungen Afghaninnen zu den Robotern kamen. „Ein amerikanischer Kollege sprach mich an, ob ich nicht mit einem Team aus Afghanistan an dem Roboterwettbewerb in Washington teilnehmen möchte.“ Zunächst war die 30-Jährige etwas ratlos, aber ihr Ehrgeiz war geweckt. Die Unternehmerin, die 2013 vom „Time Magazine“ zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt gezählt wurde, engagiert sich schon seit Jahren mit ihrem „Digital Citizen Fund“ dafür, afghanische Schulen mit Internet und Computern auszustatten und insbesondere Mädchen IT-Kenntnisse zu vermitteln.

Auf dieses bestehende Netzwerk griff sie zurück, um Teilnehmerinnen für ein Roboter-Team zu finden. Sie bewarb das Projekt auf Facebook, kontaktierte Schulen, zunächst ohne Erfolg. „Zuerst wurde ich nicht wirklich ernst genommen“, so Roya Mahboob. „Am schwierigsten war es, die Familien zu überzeugen.“ Viele Eltern hätten nicht verstanden, warum Mädchen überhaupt Technologiewissen erwerben sollen, und dann auch noch eine Reise in die Vereinigten Staaten? „Dabei ist es so wichtig, gerade Frauen die Möglichkeit zu geben, diese Technologien zu nutzen, auch für ihre berufliche Zukunft“, so Mahboob. Sie ließ nicht locker und fand genug junge Afghaninnen, deren Familien auch mitzogen. „Aber ich musste sie beständig motiviert halten“, berichtet sie.

Die Mädchen bekamen monatelang Unterricht, es ging um Computer, Material, sie probierten aus, entwarfen Roboter und bauten sie. Immer wieder gab es Probleme, Stromausfälle, den muslimischen Fastenmonat Ramadan, der genau in die heiße Vorbereitungsphase für die „International Robotics Competition“ fiel.

Dann drohte die Teilnahme am Wettbewerb in den USA auch noch am Visum zu scheitern. Zweimal wurde den Mädchen das US-Visum verwehrt. Wohl aus Angst, dass sie die Gelegenheit nutzen könnten, um Asyl zu beantragen. Der Fall ging durch die amerikanische Presse, letztendlich, so ein Bericht der CNN, habe Präsident Donald Trump persönlich eingegriffen und den Mädchen die Einreise genehmigt. Mit 157 Jugendteams aus ebenso vielen Ländern der ganzen Welt standen sie im Wettbewerb. Sie mussten einen Roboter bauen, der verschmutztes Wasser reinigt. Mit einem zweiten Preis für „Mutige Leistung“ in der Tasche kehrten sie nach Hause zurück.

Schon während des Visum-Streits wurde der amerikanische Unternehmer Keith Klain, Teilnehmer der Potsdamer Software-Tester-Konferenz, auf die Sache aufmerksam. Er wollte die Mädchen nach Deutschland holen, damit sie und Roya Mehboob hier über ihre Erfahrungen berichten können. Klain war es auch, der das Crowdfunding einrichtete. Vor ihm und den anderen 600 Teilnehmern der „Agile Testing Days“ vom 13. bis 17. November in Potsdam – Programmierer, Entwickler, Tester aus 40 Ländern – wird Mahboob von ihrem Projekt berichten. Sie soll auch über ihr Engagement für Frauen in der Technologie-Welt sprechen. Die Schülerinnen sollen, berichtet Trendig-Sprecherin Jana Noack, auch Partnerschulen in Potsdam kennenlernen.

Für Roya Mahboob weckt der anstehende Besuch in Potsdam auch Erinnerungen: Sie verbrachte ein Auslandssemester an der TU Berlin, kennt also Deutschland und die Region Berlin-Brandenburg. „Ich habe sehr viele Erinnerungen an mein Studium, das war meine erste Auslandsreise überhaupt“, sagt Mahboob. Die Familien der Mädchen zu überzeugen, nach Deutschland zu reisen, war wesentlich unkomplizierter als bei der ersten Reise, so Mahboob. „Sie vertrauen uns heute und haben auch gesehen, was daraus alles entstehen kann.“

www.gofundme.com/m/afghan-

girls-robotics-team-to-atd

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false