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Landeshauptstadt: Acht-Ecken-Haus mit Alchimistenküche

Ungerbau in der Schwertfegerstraße 7 wurde denkmalgerecht restauriert / Ärztehaus ab heute geöffnet

Innenstadt - Das einzig erhaltene Haus der Altpotsdamer „Acht Ecken“ an der Schwertfegerstraße 7 ist nach aufwändiger Sanierung wieder zu einem Schmuckstück der Innenstadt geworden. Heute öffnen hier die Arztpraxen des Psychosomatikers Prof. Dr. Gerhard Danzer und der Kieferorthopädin Dr. Beate Lahr-Eigen, die das um 1770 von Georg Christian Unger errichtete Barockhaus gekauft haben. Außerdem wurden zwei Wohnungen in dem Bau eingerichtet.

Bauarbeiter, Kunsthandwerker und Restauratoren vornehmlich aus der Region haben die Fassade originalgerecht erneuert. Zum Eingang im Eckbogen führt eine halbrunde Freitreppe. Darüber liegt der durch ein Ziergitter abgeschlossene Balkon, den alte Fotos mit reichem Blumenschmuck zeigen. Er wird von Stuckelementen in Form eines Tuchgehänges und einer Girlande überwölbt. Die beiden Hausseiten erhielten im Sockel ihre Verkleidung mit Bossenquadern – rau belassenen Steinplatten – zurück. Erneuert wurden ebenso die Überbauten, die so genannte Verdachungen, über den Fenstern der Obergeschosse.

In den vergangenen Wochen konzentrierten sich die Arbeiten auf den Innenausbau. Der Estrich einer Renovierung aus den 1950er Jahren wurde gegen eine für den Barock typische Holzdielung ausgetauscht. Die Außenfenster wurden erhalten, das Treppenhaus erhielt wieder ein originalgerechtes Geländer, ebenso entsprechen der Stuckputz in den Räumen und die Farben dem Ungerschen Vorbild. „Die Potsdamer Denkmalpflege, vor allem Gebietsdenkmalpfleger Roland Zurkuhlen, hat vorbildlich mit uns zusammengearbeitet“, erklärt Architekt Mathias Milchmeyer. „Dadurch konnten alle Probleme geklärt werden, die sich zwischen denkmalgerechter Wiederherstellung und neuer Nutzung zwangsläufig ergeben.“ Als Beispiel nennt der Architekt das Dachflächenfenster der auf dem Boden ausgebauten Wohnung, das für die Belichtung, aber auch als zweiter Rettungsweg notwendig ist. Es wurde so angeordnet, dass es von der Straße aus nicht sichtbar ist. Während der Bauarbeiten wurden im Keller überraschend Gewölbe mit Rauchfang entdeckt, die von einem Vorgängerbau stammen und weit zurückreichen. Stadtarchäologin Gundula Christl vermutet, dass es sich dabei um die „Alchimistenküche“ einer Apotheke handeln könnte, die für diesen Bereich auf historischen Stadtplänen angegeben ist. Die uralten Gewölbe wollen die neuen Hauseigentümer als Weinkeller nutzen.

Als die Kreuzung der Schwertfeger- und der Friedrich-Ebert-Straße (damals Hohe Wegstraße) auf Geheiß König Friedrichs II. ab 1770 neu bebaut wurde, führte Baumeister Georg Christian Unger die zur Kreuzung weisenden Hausecken nicht rechtwinklig aus, sondern setzte sie bogenförmig zurück, so dass sie jeweils zwei Ecken bilden. Diese Form ist in der Stadtbaukunst des Barock europaweit äußerst selten, vielleicht sogar einmalig. Im Volksmund entstand die Bezeichnung „Acht Ecken“. Sie ist vielen Potsdamern noch heute geläufig, obwohl drei der vier Häuser aus dem Stadtbild verschwunden sind. Zwei fielen dem Bombenangriff vom 14. April 1945 zum Opfer, ihre Standorte werden heute von den Straßenbahngleisen der im Zusammenhang mit dem Neubau der Langen Brücke (1957 - 1961) veränderten Straßenführung überdeckt. Die noch erhaltenen Fassaden der Schwertfegerstraße 9 wurden abgebrochen.

Als einziges der Acht-Ecken-Häuser blieb die Schwertfegerstraße 7 stehen und wurde 1956/57 repariert. Sie nahm im Erdgeschoss einen Lebensmittelladen und nach der Wende kurzzeitig ein Stoffgeschäft auf. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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