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Am zweiten Prozesstag steht das Umfeld des Angeklagten Silvio S. im Mittelpunkt.

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2. Prozesstag im Verfahren gegen Silvio S. in Potsdam: Richter appelliert erneut an mutmaßlichen Kindermörder

Im Verfahren gegen den mutmaßlichen Kindermörder Silvio S. in Potsdam kommen dieses Mal Menschen zu Wort, die den Angeklagten im Alltag erlebt haben. Auch sein ehemaliger Chef soll aussagen.

Potsdam - Im Prozess um den Tod der kleinen Jungen Elias (6) und Mohamed (4) steht an diesem Montag das Umfeld des mutmaßlichen Kindermörders Silvio S. im Mittelpunkt. Als Zeugen wurden am Landgericht Potsdam unter anderem der Arbeitgeber und ein Bekannter des Angeklagten erwartet. Auch Nachbarn aus seiner früheren Schrebergarten-Kolonie sollen aussagen.

Das Landgericht Potsdam appellierte erneut an den Angeklagten, sein Schweigen zu brechen. "Ich bitte Sie weiterhin, in sich zu gehen", sagte der Vorsitzende Richter Theodor Horstkötter am Montag zu Beginn des zweiten Prozesstages zum mutmaßlichen Kindermörder Silvio S. (33). Der Angeklagte hat bei der Polizei ein Geständnis abgelegt, jedoch im Prozess bislang geschwiegen.  Die Verteidigung habe eine mögliche Aussage signalisiert, sollte neues Bildmaterial von der Rechtsmedizin vorgelegt werden. 

Richter: Nur einer weiß, was passiert ist

Mit Blick auf manche offenen Fragen hatte der Richter bereits zum Auftakt des Verfahrens in der vergangenen Woche dem Angeklagten ins Gewissen geredet. Die Eltern der getöteten Kinder hätten einen Anspruch darauf, zu erfahren, was passiert ist. "Es gibt nur einen, der das weiß." Nach Angaben der Verteidigung wird sich Silvio S. möglicherweise später im Prozess noch äußern.

Kritisch äußerte sich Richter Horstkötter über einige Auswüchse der Berichterstattung. So sei offenbar während der Hauptverhandlung verbotenerweise ein Foto des Angeklagten geschossen und veröffentlicht worden. Sollte das noch einmal passieren, würden Laptops und Handys im Gerichtssaal nicht mehr zugelassen. Das Anfertigen von Bildern während eines Prozesses ist eine Straftat. Kritisch sei auch, dass in Livetickern von Online-Medien die Aussagen von Zeugen "eins zu eins" veröffentlicht würden. Zudem habe es in einem für Journalisten zur Verfügung stehenden Presseraum Sachbeschädigungen gegeben - etwa durch schwere Gegenstände auf Heizkörpern.

Zeugen aus Kleingartensparte sagen aus

Danach sagten die ehemaligen Garten-Nachbarn aus. Zunächst wurde der frühere Chef der Kleingartensparte in Luckenwalde vernommen, in der Silvio S. den Leichnam von Elias auf einem gepachteten Grundstück unter einem zugeschütteten Gartenteich vergraben hatte. Mehrfach habe sich der Angeklagte für seine Parzelle 27 nicht an vereinbarte Regeln gehalten, sagte Jürgen K. So sei das Gelände verwildert gewesen. Schriftlich habe man im Mai und Juli 2015 S. aufgefordert, das Gelände zu beräumen. Reagiert habe er auf die Beschwerden nicht. Ebenso habe es Streit gegeben, ob S. dort einen Wohnwagen oder Container aufstellen dürfe. Schon die Vorbesitzer hätten ihre Pacht nicht bezahlt. Wenn er zu einem seiner seltenen Besuche da war, habe sich S. sehr ruhig verhalten, sei nett gewesen. Einmal sei er im Sommer mit einem großen Karton gekommen. Eine Nachbarin habe ihm beim Tragen noch helfen wollen, erinnerte sich K.

Auch der direkte Gartennachbar, der seine Parzelle direkt neben Silvio S. hat, äußerte sich. Er habe nach eigenen Worten Schuldgefühle, weil er dem Mann eine Schaufel geschenkt hat. Im Sommer 2015 habe Silvio S. eines Tages mit seinen Händen, nur mit Handschuhen geschützt, die Erde durchwühlt. "Ich konnte das nicht sehen, dass er so arbeitete. Da habe ich ihm eine Schippe gegeben, die ich nicht mehr brauchte", sagte der 61-Jährige. Jetzt mache sich der Mann Vorwürfe, weil er dem Angeklagten die Arbeit erleichtert habe. 

Jugendfreund beschreibt Silvio S. als zurückhaltend und schüchtern

Zu den Zeugen am zweiten Prozesstag gehörte einer der ältesten Freunde von Silvio S.. "Ich habe mal von meiner Freundin erzählt. Von seiner Seite kam da gar nichts." S. habe nur einmal erzählt, dass er gern eine Freundin hätte. Er sei eine verschlossene Natur. "Emotional war da nichts zu erblicken." Es sei für ihn auch nicht ersichtlich gewesen, ob sein Freund traurig sei.

Der Angeklagte habe versucht, im Internet Frauen kennenzulernen. "Er fragte mich, was er so schreiben könnte. Nach dem "Hallo" kam da nichts." Der Jugendfreund schilderte den Angeklagten als zurückhaltend und schüchtern. Als Silvio S. einmal mit in die Disco gekommen sei, habe er nur ruhig in der Ecke gestanden. Seine Wohnungseinrichtung habe S. nach den Worten des Freundes offensichtlich nahezu komplett vom Vormieter übernommen, dort sei es schmutzig gewesen und es habe nach altem Mann gerochen.

Silvio S. wird vorgeworfen, im vergangenen Jahr nacheinander die beiden Jungen entführt und umgebracht zu haben. Der kleine Mohamed wurde laut Anklage von Silvio S. missbraucht. Die Leiche von Elias soll der 33-Jährige in seinem Kleingarten vergraben haben. Der Angeklagte hat bei der Polizei ein Geständnis abgelegt, schwieg am ersten Prozesstag in der vergangenen Woche aber zu den Vorwürfen. (dpa)

Weitere Informationen zum 2. Prozesstag lesen Sie in der Dienstagsausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten

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