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Nicht jeden freut die Rückkehr der Wölfe nach Brandenburg.

© Symbolfoto: Sebastian Gollnow/dpa

Wölfe und Wildtiere: Eine Frage des Managements

Über den Umgang mit Wölfen, Bibern und Kormoranen wurde in Seddin kontrovers diskutiert.

Von Enrico Bellin

Seddiner See - Könnte ein bundesweites Wolfsmanagement die Konflikte zwischen Brandenburger Bauern und Naturschützern entschärfen? Und wie lassen sich Biber und Kormorane mit Land- und Teichwirtschaft vereinbaren? Das waren die Hauptthemen einer Diskussion am gestrigen Freitag, zu der die Europaabgeordnete Susanne Melior (SPD) in die Seddiner Heimvolkshochschule geladen hatte.

Vorbild Österreich und Schweiz?

In Österreich soll in den kommenden Wochen ein bundesweites Wolfsmanagementzentrum gegründet werden, wie Meliors sozialdemokratische EU-Abgeordnetenkollegin Karin Kadenbach aus dem dortigen Bundesland Niederösterreich erklärte. „Dieses Zentrum soll alle Kompetenzen zum Thema bündeln, damit etwa Entschädigungszahlungen schneller reguliert werden können“, so Kadenbach. Noch würden Details diskutiert, auch in Österreich würde die Debatte zwischen Tierschützern und Landwirten schnell emotional – und das bei deutlich weniger Wölfen. So sollen in Niederösterreich, das etwa zwei Drittel der Größe Brandenburgs hat, derzeit 22 Wölfe leben. In Brandenburg sind es hingegen 29 Rudel. Sollten Wölfe dem Menschen gefährlich werden oder trotz Zäunen und Herdenschutzhunden in einer bestimmten Region immer wieder Nutztiere reißen, dürfen sie in Niederösterreich getötet werden. Orientiert haben sich die Österreicher dabei am „Konzept Wolf“ des Nachbarlandes Schweiz. Zudem wird in Österreich Kadenbach zufolge auch über radikale Lösungen diskutiert: So stehe die Möglichkeit im Raum, in bestimmten Regionen künftig komplett auf Weidetierhaltung zu verzichten, um keine Konflikte mit Wölfen zu riskieren. Darüber werde in Österreich in den kommenden Wochen entschieden.

Bisher hat kein Wolf in Brandenburg Menschen bedroht

In Brandenburg indes wird noch immer an einem Wolfsmanagementplan gearbeitet. Zwar dürfen Wölfe laut Landeswolfsverordnung in Brandenburg ebenfalls getötet werden, wenn sie Menschen bedrohen oder zweimal auf gesicherte Weiden gehen, um Tiere zu töten. Doch trotz 140 Wolfsrissen allein im ersten Halbjahr 2018 ließ sich so ein Fall bisher nicht nachweisen.

Die Europaabgeordnete Susanne Melior (SPD) hatte zur Diskussion eingeladen.
Die Europaabgeordnete Susanne Melior (SPD) hatte zur Diskussion eingeladen.

© Manfred Thomas

Landesumweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) forderte am Freitag bundesweite Vorgaben, wann Wölfe getötet werden dürfen. „Die Akzeptanz für Artenschutz geht Stück für Stück verloren, wenn wir in bestimmten Fällen nicht eingreifen dürfen“, so der Minister. Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes, forderte schnellere Hilfszahlungen. Zudem sollte die Grenze, ab wann es Entschädigungen für gerissene Tier gibt, herabgesenkt werden.

Naturschutzbund BUND fordert Umstellung des Fördersystems

Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des Brandenburger BUND, forderte eine komplette Umstellung des bisherigen Förderungssystems für Landwirte. Statt einer Flächenprämie sollte es von der Europäischen Union künftig gezielte Förderung, etwa für Schutzmaßnahmen gegen Wölfe, geben. „Allein aus Europa werden jährlich 56 Milliarden Euro ausgeschüttet, darin steckt ein enormes Potential“, so Kruschat. Er warb auch dafür, den Schutz für den Biber zu erhalten, den der Landesbauernpräsident gerne lockern würde. Bisher dürfen die Nager nur getötet werden, wenn Umsiedlungsversuche erfolglos waren. „Dem Biber folgt die Biodiversität“, so Kruschat. So würden etwa in durch Biberdämme entstandenen Sümpfen Rotbauchunken, eine seltene Amphibienart, neue Lebensräume finden.

Teichwirte haben Probleme mit Kormoranen

Während Biber in ihren angestammten Gebieten bleiben, haben Brandenburgs Teichwirte vor allem Probleme mit den Kormoranen. Laut Lars Dettmann, Geschäftsführer des Landesfischereiverbandes, richten die Vögel jährlich einen Schaden zwischen 600 000 und 1,1 Millionen Euro an. Der Schaden verteile sich auf nur gut 20 Betriebe in Brandenburg, die jeweils nach EU-Recht maximal 30 000 Euro an Entschädigungen für Kormoranschäden innerhalb von drei Jahren erhalten dürften. „Wir brauchen einen europaweiten Managementplan, um die Population regulieren zu können“, so Dettmann.

Die Forderung nach dem Kormoranmanagement will EU-Abgeordnete Melior nun mit ins Europaparlament nehmen. Jedoch gibt es ein Problem: Das Parlament hat kein Initiativrecht. „Wir müssen die europäische Kommission so lange piesacken, bis wir das Thema auf die Tagesordnung bekommen“, so Melior. Sie sei erfreut, dass sich in der Diskussion gezeigt habe, dass niemand Wolf, Biber oder Kormoran ganz aus Brandenburg vertreiben wolle.

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