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Werder: Sparen, wo es geht

Sorgen in Werder: Kein Obstbauer weiß, wann es Geld vom Land für den Ernteausfall geben wird.

Werder (Havel) - Es war ein Jahr, das in schlechter Erinnerung bleiben wird: In der Nacht vom 20. April 2017 ruinierte der Spätfrost mit Temperaturen bis minus sieben Grad in Werder in nur wenigen Stunden einen Großteil der Jahresernte. Betroffen war auch die Obstbauernfamilie Wache. Bei Süßkirschen, Äpfeln und Aprikosen lagen die Verluste bei knapp 100 Prozent. Die Jahreseinnahmen betrugen weniger als die Hälfte der Einnahmen des Vorjahres. Der Frost katapultierte den kleinen Betrieb fast ins Aus.

Um über die Runden zu kommen, müssen die Obstbauern sparen, wo es geht. Die Tochter, die im Familienbetrieb mitarbeitet, musste im Herbst entlassen werden, erzählt Frank Wache. Zur Ernte wurden nur halb so viele Saisonkräfte wie sonst eingesetzt. Die Reparaturen der Traktoren sind bis auf Weiteres verschoben, die Abschläge der Stromkosten hat sich Wache stunden lassen. Auch den bereits gekauften Dünger, darf Obstbauer Wache ausnahmsweise später bezahlen.

Ein Ende der Durststrecke ist indes noch nicht in Sicht: Derzeit warten die Waches auf den Bescheid der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Von dort sollen Landwirte und Gartenbaubetriebe nachträglich Zuwendungen bekommen – als Ausgleich für die wirtschaftlichen Schäden des vergangenen Jahres. Zunächst war den Bauern mitgeteilt worden, dass sie die Entschädigung bis zum 31. Dezember 2017 beantragen könnten. Die Zuwendungsbescheide sollten dann spätestens im April vorliegen. Da nun jedoch im Brandenburger Landtag zunächst noch über den Nachtragshaushalt entschieden werden muss, sei die Antragsfrist bis zum 20. Februar dieses Jahres verlängert worden, wie Jens-Uwe Schade, Sprecher des Brandenburger Agrarministeriums auf PNN-Anfrage mitteilte. Wer wann wie viel Geld bekommen wird, ist noch nicht abzusehen.

Das Tragische: Die Situation der Obstbauerfamilie Wache ist kein Einzelfall. Auch der Werderaner Obstbauer Heiko Wels versucht, jede Investition hinauszuzögern. Auch er musste seinen Sohn zunächst entlassen. „Ab dem Frühjahr bin ich aber wieder auf seine Hilfe angewiesen“, sagt Wels. Die Winterarbeiten wie Bäume beschneiden und Zäune reparieren versuche er allein zu bewältigen. Doch das sei für eine Person kaum zu schaffen.

Sorgen bereitet dem Obstbauern, ob er seinen Kunden unter den aktuellen Bedingungen die gewohnten Mengen und die gewohnte Qualität liefern kann. Wenn er bis zum Frühjahr kein Geld von der ILB bekommen habe, werde er voraussichtlich einen Kredit aufnehmen müssen, so Wels. Und dann müsse eine Saison mit mindestens durchschnittlicher Ernte folgen. „Noch so ein Jahr überstehen wir auf keinen Fall.“

Um ihren Kunden weiterhin das gewohnte Sortiment bieten zu können, mussten viele Werderaner Obstbauern in der vergangenen Saison Ware zukaufen und somit einen weiteren Teil ihres deutlich reduzierten Einkommens investieren. „Das Schlimmste wäre ja, wenn die Stammkunden denken, sie kriegen bei uns nichts mehr und dann abwandern“, sagt Frank Wache. Durch die geringe Erntemenge auf dem heimischen Markt lagen zusätzlich die Verkaufspreise in der vergangenen Saison höher als sonst. „Leider hat das einige Kunden abgeschreckt“, sagt Heiko Wels. Trotz der bescheidenen Erntemenge habe er jetzt noch von einigen Obstsorten Restbestände übrig.

Für einen Werderaner Obstbauern immerhin könnte die Verlängerung der Antragsfrist auch etwas Positives bedeuten: Stefan Lindicke hat die Entschädigung der ILB bisher nicht beantragt. „Ich war noch auf dem Stand, dass wir nur bis Ende Dezember Zeit haben“, sagt der Werderaner. Mitte Dezember sei die Richtlinie veröffentlicht worden, von da an seien es nur noch rund zwei Wochen gewesen, um alle Daten für den Antrag zusammenzutragen. „Wir sollten die Erträge der letzten fünf Jahre angeben, das war in der kurzen Zeit für einen kleinen Betrieb wie unseren einfach nicht zu schaffen.“ Dass die Frist verlängert wurde, teilte Stefan Lindicke offenbar niemand mit. Ob sie es diesmal innerhalb weniger Tage schaffen, alles Nötige für den Antrag zusammenzutragen, konnten die Lindickes noch nicht sagen.

Mit den Zuwendungen für Landwirte, die durch extreme Witterungsverhältnisse geschädigt wurden, setzt das Brandenburger Umwelt- und Agrarministerium eine EU-Richtlinie um. Ähnliche Programme hat es in Brandenburg immer wieder gegeben. Zuletzt erhielten die Werderaner Obstbauern im Jahr 2011 Zuwendungen. Auch damals war die Ernte durch Frost stark dezimiert worden.

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