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Eisige Zeiten für Obstbäume. Unter dem trockenen März und dem frostigen April haben vor allem die Apfel- und die Kirschblüte gelitten. In der ersten Juniwoche wird sich zeigen, wie stark die Schäden tatsächlich sind.

© Patrick Seeger/dpa

Werder (Havel): Frost hat Obsternte ruiniert

Verluste von bist zu 80 Prozent: Der Frost der vergangenen Nächte hat im Obstbaugebiet in Werder (Havel) große Schäden verursacht. Für einige Bauern ist das existenzbedrohend.

Werder (Havel) - So schlimm wie dieses Jahr seien die Frostschäden an seinen Kirschbäumen zuletzt gewesen als sein Großvater den Hof noch führte, sagt Heiko Wels. „Das muss 30, 40 Jahre her sein, da blieb von der Kirschernte mal nur eine Mütze voll übrig.“ Wels hofft, dass es diesmal doch nicht ganz so schlimm wird. „Wie das tatsächliche Ausmaß ist, werden wir erst in ein paar Wochen wissen.“

Für einige Obstbauern in Werder sei die Wetterlage existenzbedrohend

Genau genommen in der ersten Juniwoche, wie Thomas Bröcker vom Gartenbauverband Berlin-Brandenburg sagt. „Dann fallen die Blüten, die nicht befruchtet wurden, einfach von den Bäumen.“ Die Glindower Platte, auf der auch die Plantagen von Heiko Wels stehen, habe der Frost in diesem Jahr besonders hart getroffen, so Bröcker, der auch Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Gartenverband ist. Er rechnet wegen der kalten Temperaturen, die Anfang April in Werder auf bis zu -7 Grad sanken, mit rund 50 Prozent Ernteausfall bei den Werderaner Süßkirschen. Bei den Äpfeln seien die Schäden an den Blüten sogar noch größer: Voraussichtlich können die Obstbauern in diesem Jahr nur 20 bis 30 Prozent ihrer Früchte ernten. „Dadurch, dass der März sehr kalt und trocken war, konnte den gesamten Monat über keine Wärme im Boden gespeichert werden“, sagt Bröcker. Für einige Obstbauern sei die Wetterlage sogar existenzbedrohend.

So geht es etwa Jürgen Deutscher. Der 61-jährige Werderaner baut seit mehr als 25 Jahren Obst an. Er rechnet damit, dass er 2017 nur einen Bruchteil seines normalen Jahreseinkommens erwirtschaften wird. Als die Kälteperiode vor einigen Wochen anfing, versuchte er, seine Kirschbäume durch Untergrundberegnung und die Apfelbäume durch Kronenberegnung zu retten – jedoch ohne Erfolg. Beim letzten starken Frost 1998 hätten seine Frau und er den Verlust teilweise durch den Ertrag ihres Gemüseanbaus ausgleichen können. Inzwischen verkauft der Hof jedoch nur noch Obst. Wenn es dabei zu einem totalen Ernteausfall komme, müsste er den Betrieb vermutlich schließen, so Deutscher.

Bei den Süßkirschen reicht es höchstens für eine Kostprobe

„Das diesjährige Wetter ist für alle Obstbauern in Werder eine starke Belastung“, sagt Frank Wache, der dort ebenfalls einen Obsthof führt. Viele hätten versucht, mit Gebläseapparaten oder Heizlüftern die Schäden rechtzeitig einzudämmen. Solche Maßnahmen seien aber nur bei Temperaturen bis zu -3 Grad erfolgversprechend. Wache sieht für dieses Jahr einen vollen Ertragsausfall bei seinen Aprikosen voraus, bei den Süßkirschen werde es „höchstens für eine Kostprobe reichen“. Auch Pflaume und Birne hatten früh erste Blüten getrieben, die nun zum Teil erfroren sind. Bei den Erdbeeren habe sich Frostschutzfolie zwar in vielen Fällen als nützlich erwiesen. Bei ein paar Arten seien die Blüten jedoch bereits so lang gewesen, dass sie beim Frosteinbruch aus der Folie herausschauten.

Vorbereiten könnten sich Obstbauern auf ungünstige Wetterbedingungen in der Regel nicht, sagt Thomas Bröcker. „Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern gibt es in Deutschland keine Versicherung, die Landwirte gegen Ernteausfälle schützt.“ Bei der letzten größeren Frostperiode 2011 hatte das Land Brandenburg die geschädigten Bauern letztendlich finanziell unterstützt. Ein Anspruch auf Zuwendungen bestehe allerdings nicht, hieß es in der damals veröffentlichten Richtlinie. Sie stehe unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Haushaltsmittel.

Obstbauern hoffen auf sonniges Wetter zum Baumblütenfest

Engpässe bei der Obstbelieferung seien trotz der Einbußen in diesem Jahr immerhin nicht zu befürchten, sagt Thomas Bröcker. „In den vergangenen Jahren gab es jeweils ein Überangebot an Ware“, sagt der Experte. Viele Großbetriebe hätten darum nach wie vor reichlich Obst auf Lager.

Die Werderaner Obstbauern hoffen nun darauf, dass das Wetter zumindest zum Baumblütenfest sonnig statt frostig wird. Der Ertrag aus dem Verkauf der Obstweine decke in der Regel gut zwei Monatseinkommen ab, sagt Deutscher. Gut fände er, wenn das ganze Jahr über Baumblütenfest wäre. 

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