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„Strumpfhosen-Gründer“ Frank Gruenert (2. v. r.) gibt seinen jungen Darstellern Regieanweisungen.

© Theo Heimann

Potsdam-Mittelmark: Von der Theaterbühne ins Schloss Bellevue

Der Leiter des Bad Belziger Jugendtheaters „Strumpfhose“ reist zum Empfang des Bundespräsidenten

Bad Belzig - Frank Grünert ist bei den Einwohnern von Bad Belzig bekannt wie ein bunter Hund. An manchen Abenden hat es der Schauspieler schon geschafft, 1000 der rund 11 000 Einwohner großen Kur- und Kreisstadt im Landkreis Potsdam-Mittelmark in eine seiner Theatervorstellungen zu locken, sagt er stolz. Mit dem Jugendtheater „Strumpfhose“ hat er eine kulturelle Institution in der Region geschaffen. Dafür wird er heute beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Christian Wulff im Schloss Bellevue in Berlin geehrt.

Grünert steht in einem großen alten Saal und gibt zehn Schülern Regieanweisungen. Die meisten sind in ihre Texte vertieft. Vieles ist in dem leer stehenden und renovierungsbedürftigen Haus in Bad Belzig, in dem sich einstmals die Aula der Geschwister-Scholl-Schule befand, provisorisch eingerichtet. Eine Bühne aus Holzbrettern wird von Scheinwerfern beleuchtet. Darauf stehen durchgesessene Ledersessel, Barhocker und an einer Wand baumelt eine Lichterkette. Die Jugendlichen sind Schüler des örtlichen Gymnasiums und kommen zweimal in der Woche hierher. Sie finden den gebürtigen Leipziger mit den blonden schulterlangen Haaren „extrem locker“. „Wenn Frank nicht gewesen wäre, hätte ich bis heute nichts mit Theater am Hut“, sagt ein 14-Jähriger. Er gehört nun schon seit vier Jahren zu der Gruppe.

Angefangen habe alles 1998. „Damals haben zwei Schülerinnen eine Schulsozialarbeiterin gefragt, ob eine Theatergruppe aufgebaut werden könne“, erzählt Grünert. Er selbst war gerade aus Berlin aufs Land gezogen und griff diesen Wunsch auf. Was zunächst als erweiterte Theater-AG in Schulräumen begann, wuchs nach und nach. Drei Truppen bestehend aus Grundschülern bis Studenten proben nun regelmäßig in dem Gebäude. Bis heute wurden 25 Stücke aufgeführt – von Schattenspielen in der Stadt mit Scheinwerfern auf der Straße bis zu italienischem Volkstheater.

Der Schauspieler, Kabarettist und Regisseur ist stolz auf das Geschaffene, zumal die Rahmenbedingungen nicht unbedingt ideal sind. „Hier regnet es rein, die Heizung funktioniert selten, die Toiletten kann man nicht benutzen, aber wir haben diesen Riesensaal und diese Räume – das ist so ein kleines Biotop“, sagt Grünert. Er wolle den Jugendlichen vor allem Freiraum geben, sich zu entfalten, und für kulturelles Angebot in der Region sorgen.

Die Jugendlichen beschäftigt in der heutigen Probe aber nicht nur Text und Ablauf der Szenen. Sie wollen aus Grünert Details herauslocken - über seinen Besuch beim Bundespräsidenten. Sie schmunzeln, als er zugibt, sich sogar eine „Stoffhose“ gekauft zu haben. Sonst sei er bislang auch zu besonderen Anlässen immer in Jeans gegangen „und damit durchgekommen“, sagt Grünert.

Er freue sich auf den Moment, wenn er zwei oder drei Minuten mit Christian Wulff sprechen dürfe. „Wenn man in die heiligen Hallen gelassen wird und vor ihn hintreten kann, das ist schon was Einmaliges, egal, wo man politisch steht.“ Die Einladung sehe er als Wertschätzung seiner Arbeit. „Das ist schon toll.“ An den aktuellen Diskussionen um Wulff will sich Grünert nicht beteiligen. Viel eher interessiere ihn der offizielle Ablauf im Schloss Bellevue. Das sei schon ein „gefundenes Fressen“ für einen Kabarettisten. Die geplante Zeremonie erinnere ihn an einen Mister-Bean-Film. „Wenn alles klappen muss, man sich zusammenreißt und ganz hundertprozentig sein will – und dann ausrutscht.“ Am Donnerstag, so hofft Grünert, wird ihm ein solcher Fauxpas nicht passieren.

Anna Ringle-Brändli

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