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Abgefüllt und etikettiert. Eine Richtlinie des Landesministeriums will die Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten aus der Region fördern. Das Sanddorn-Unternehmen Christine Berger GmbH aus Werder (Havel) praktiziert regionale Wertschöpfung schon seit 20 Jahren. Die Marke Sandokan wird deutschlandweit verkauft.

© M. Thomas

Unbekannte Fördermittel: Aus der Mittelmark in die Welt

Das Brandenburger Landwirtschaftsministerium hält Fördergeld für lokale Lebensmittelvermarkter bereit – nur wissen die nichts davon.

Obstwein aus Werder (Havel), Rübchen aus Teltow und Spargel aus Beelitz: Einigen landwirtschaftlichen Produkten aus der Region hört man die Herkunft schon im Namen an. Sie sind über die Region hinaus bekannt. Doch Kunden achten auch bei weniger ortsspezifischen Produkten immer stärker darauf, woher sie kommen. Die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln aus Brandenburg ist seit Jahren höher als das Angebot. Das brandenburger Landwirtschaftsministerium hat es sich daher zum Ziel gesetzt, mehr regional erzeugte und vor allem verarbeitete Produkte in den Verkauf zu bringen. Dabei soll das in schönem Amtsdeutsch „Richtlinie Marktstrukturverbesserung“ genannte Investitions-Förderprogramm helfen, welches das Ministerium am Donnerstag vorstellte – zum zweiten Mal.

Denn gültig ist die Richtlinie bereits seit Januar. Allerdings gab es seitdem noch nicht einen Antrag auf Förderung. Das dürfte vor allem daran liegen, dass mögliche Empfänger nichts von der Richtlinie wissen. Weder bei der Werder Frucht GmbH, dem größten Vermarkter regionalen Obsts und Gemüses im Landkreis, noch beim Beelitzer Spargelverein wusste man auf Anfrage der PNN etwas von der möglichen Förderung, geschweige denn, ob sie relevant für das eigene Geschäft sein könnte.

Richtlinie des Landes wendet sich an Unternehmen der Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln

Die Richtlinie wendet sich nämlich nicht unbedingt an die Landwirte, sondern vielmehr an die Verarbeiter und Vermarkter der Produkte. So sollen etwa Erzeugergemeinschaften oder kleine Betriebe gefördert werden. Für Werder Frucht spielt die Förderung deswegen keine Rolle: Das Unternehmen überschreitet die Höchst-Mitarbeiterzahl von 50 Beschäftigten, die in der Richtlinie festgeschrieben ist. Auch für die einzelnen Obst- und Spargelbauern dürfte die Richtlinie keine Rolle spielen. Sie wendet sich explizit an Unternehmen der Verarbeitung und Vermarktung, „deren Tätigkeit sich nicht gleichzeitig auf die Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse bezieht“. Soll heißen: Wer anbaut und selbst verkauft wird nicht gefördert. Es sei denn, ein Landwirt tut sich mit anderen zusammen oder gründet zur Verarbeitung eine eigene Firma.

So ähnlich ist die Situation bei der Christine Berger GmbH in Werder. Die namensgebende Unternehmerin verarbeitet in ihrer Firma den Sanddorn, den ihr Ehemann anbaut zu Produkten, die deutschlandweit verkauft werden. Die Richtlinie ist fast wie für das Unternehmen gemacht, allerdings: „Wir haben 2011 gerade erst investiert“, erklärt Berger. Man müsste sich die Richtlinie genauer anschauen, um zu sehen, inwieweit sie für die Firma vielleicht trotzdem noch relevant sei. Grundsätzlich sei es immer begrüßenswert, wenn es Zuschüsse gebe. „Gerade für kleine Unternehmen, die mehr aufs Geld gucken müssen.“ Die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte sei wichtig, so bleibe das Geld in der Region.

Bis 2020 können Erzeugergemeinschaften und kleine Unternehmen Förderanträge stellen 

Das sieht Jens Schreinicke, Vorstandsvorsitzender des Kreisbauernverbands Potsdam-Mittelmark, genauso. Auch er hatte bis zur Nachfrage durch die PNN noch nichts von der Richtlinie und den damit verbundenen Fördermöglichkeiten gehört und ist sich auch nicht sicher, inwieweit diese relevant für die Bauern sein kann. Doch er stellt fest: „Alles was die Wertschöpfung im ländlichen Raum steigert ist nur zu begrüßen.“

Genau das will das Ministerium mit dem Förderprogramm erreichen. Bis zum 31. Dezember 2020 können Erzeugergemeinschaften und kleine Unternehmen Anträge für die Förderung stellen. Je nachdem wer und was gefördert wird, werden Investitionen in Lagerbauten, Verpackung, Etikettierung oder Vermarktung mit bis zu 50 Prozent bezuschusst. Eine Obergrenze für die tatsächliche Zuschuss-Summe gibt es laut Peter Schubert, seit Mai 2017 Referent beim zuständigen Referat 33 des Ministeriums, noch nicht. „Es ist genügend Geld im Topf“, sagte er bei der Infoveranstaltung am Donnerstag.

Bürokratie bei den Anträgen: Wird es noch eine Infoveranstaltung geben?

Um an dieses Geld zu kommen, müssen die Betriebe oder Gemeinschaften allerdings nachweisen, dass ihre Investition auf festen Füßen steht, die Finanzierung gesichert ist. Auch gibt es eine Reihe von „Förderausschlüssen“ und Maßstäben, von denen die Höhe des möglichen Förderbetrags abhängt. So wird beispielsweise nur die Maschine für das Waschen, Schälen und Schneiden der Kartoffel voll gefördert – möglicherweise jedoch nicht die Maschine, die sie zu Kartoffelsalat verarbeitet.

So kann für kleine Betriebe auch die Bürokratie zum Hindernis bei der Beantragung von Fördermitteln werden. Falls in einem halben Jahr noch immer keine Anträge für Förderung nach der „Richtlinie Marktstrukturverbesserung“ gestellt wurden, muss es vielleicht noch eine Informationsveranstaltung zur Antragsstellung geben.

Martin Anton

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