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Unabhängig vom Heizölpreis: Jens Schreinicke hält sein Haus jetzt mit Holz aus dem eigenen Wald warm.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Stücken heizt mit Holz

Elf Haushalte im Dorf haben umgerüstet. Das schont die Umwelt – und den Geldbeutel

Michendorf – Vor zwei Jahren zahlte man noch 68 Euro für 100 Liter Heizöl, im vergangenen Jahr waren es schon 85. Heute liegt der Preis bei mittlerweile 95 Euro – Tendenz steigend. Jens Schreinicke kümmert das alles nicht. „Wir haben doch schon in der Schule gelernt, dass das Öl irgendwann alle sein wird“, bemerkt er und legt einen Scheit Brennholz nach. Seinethalben kann der Winter kommen – die warme Stube kostet den Stückener so gut wie gar nichts mehr: Im Stall bullert jetzt ein Holzvergaser-Ofen. Statt Öl oder Gas wird hier Brennholz aus dem eigenen Wald verfeuert.

Das schont den Geldbeutel, bemerkt der Landwirt, und es kommt auch der Umwelt zugute. Denn die hochtechnisierte Anlage, die Schreinicke gestern erstmals angeheizt hat, verbrennt nicht nur das Holz, sondern auch die Gase, die dabei entstehen. So kann er nach einer Faustformel einem Kloben 90 Prozent seiner Energie entziehen. Zudem würde Holz viel sauberer verbrennen als Öl oder Gas und dabei nur so viel CO2 freisetzen, wie der Baum in seinem Leben aufgenommen hat. Unter der Klimabilanz steht hier also eine Null.

Der Trend setzt sich in Stücken allmählich durch: Insgesamt elf Familien haben hier schon auf Holzvergaser umgestellt. Das mag auch damit zusammenhängen, dass hier jeder Wald hat. „Elf Holzvergaser mit einer Durchschnittsleistung von 30 Kilowatt sparen pro Jahr 33 000 Liter Öl – und 88 Tonnen Kohlendioxid“, sagt Schreinicke stolz. Aber auch wer keinen eigenen Wald hat, könne so sparen: Der Preis für einen Kubikmeter Stapelholz liege derzeit bei 50 bis 80 Euro – und damit um einiges tiefer als der Preis für 150 Liter Heizöl. Das wäre laut Schreinicke die Vergleichsmenge. Die Kosten für eine solche Anlage liegen je nach Kapazität zwischen 3500 und 12 000 Euro. Aber es gibt auch Fördermittel vom Bund.

Das Prinzip der Holzvergasung ist nicht neu: Nach dem Krieg wurde es in Ermangelung von Treibstoff für Autos verwendet. Heute ist die Technik ausgefeilter – sowohl im Hinblick auf die Energiewerte als auch auf den Komfort. Die große Hitze, die beim zweiten Brennvorgang in Schreinickes Ofen entsteht, wandert in die beiden 2200-Liter- Pufferspeicher und wird von dort aus Stück für Stück auf die 350 Quadratmeter des Bauernhauses und seiner Nebengelasse geleitet. Wenn einmal geheizt wird, bleibe es über den ganzen Tag warm, sagt der Landwirt.

Die Schreinickes haben rund 20 Hektar Wald. An sechs Nachmittagen im Winter ziehen die Männer in der Familie mit Trecker und Kettensäge hinaus, um vor allem dürre, kranke oder trockene Bäume zu fällen, die dann ein Jahr trocknen müssen. Es ist auch ein Stück Waldpflege, das sie betreiben. Nachgepflanzt wird auch – nicht nur Kiefern, vor allem Mischwald.

Wer sich eine Holzvergaserheizung einbauen lässt, geht zurück zu den Wurzeln. Viele Hauseigentümer haben kurz nach der Wende ihren alten Öfen herausgerissen und auf Öl oder Gas umgestellt – um weder Kohlen noch Holz schleppen zu müssen. Heute, in Anbetracht der astronomischen Öl- und Gaspreise, würde sich so mancher die alte Technik zurückwünschen. Jens Schreinicke erinnert sich noch an die Worte seines Großvaters: „Junge, was machst du dir die Arbeit?“ Das war 1993, als er sich einen ersten kleinen Holzvergaser-Ofen für die Grundversorgung hatte einbauen lassen. Nachdem der Großvater dann das erste Mal die Rechnung für seine Gastankfüllung präsentiert bekam, interessierte auch er sich dafür.

Generell sind in dem 500-Einwohner-Dorf erneuerbare Energien ein Thema: Fünf Stückener Haushalte haben mittlerweile Photovoltaikanlagen auf den Dächern und produzieren unterm Strich knapp 250 Kilowatt Strom im Jahr. Eine davon hat Jens Schreinicke auf der kompletten Südseite seines Scheunendaches installieren lassen.

Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) begrüßt solche Initiativen – immerhin ist die Großgemeinde gerade dabei, ein Klimaschutzkonzept zu entwickeln. Auch die Holzvergaser würden hervorragend da reinpassen: „Man nutzt regionale Ressourcen, spart dadurch lange Lieferwege“, erklärt er. Außerdem werde die Luft sauberer – und der Wald am Ende bunter. Und dem Kanon unzähliger Bauernregeln haben die Stückener auch noch eine hinzugefügt: „Wird’s Öl zu teuer und der Winter kalt, holt man den Brennstoff aus dem Wald.“

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