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Gutes Leben. Für Andreas Teuchert und Simone Holzwarth, die das „Fest des Guten Lebens“ in Werder organisieren, schwingt im deutschen Begriff Nachhaltigkeit oft zu sehr der Verzicht mit. Der Begriff „Buen vivir“ in Ecuador sei etwas, was Spaß mache.

© Andreas Klaer

Rücksicht: Nachhaltigkeit auf Ecuadorianisch

Das Uferwerk in Werder feiert ein „Fest des Guten Lebens“ – inspiriert vom Gerechtigkeitsprinzip indigener Andenvölker. Wie die Feier aussehen soll:

Werder - Buen vivir nennen es die Menschen in Lateinamerika: „Gutes Leben“. „Damit ist nicht gemeint, dass man sich in die Sonne legt und es sich gut gehen lässt“, sagt Andreas Teuchert vom Genossenschaftsprojekt Uferwerk, der das Konzept nach Werder holen möchte. „Sondern, dass man sich Gedanken über seine Umwelt macht und wirtschaftliche Abläufe zum Beispiel so gestaltet, dass sie niemanden benachteiligen.“ Um zu zeigen, wie das aussehen kann, organisieren Teuchert und ein Team von vier weiteren Anwohnern am morgigen Samstag von 14 bis 19 Uhr ein Nachbarschafts-Straßenfest auf der gesperrten Luisenstraße, dem Wendehammer und rund um die Klimawerkstatt. Das „Fest zum Tag des Guten Lebens“, wie sie es nennen.

In Ecuador ist das Prinzip „Zusammenleben in Vielfalt und Harmonie mit der Natur“ bereits in der Verfassung festgeschrieben. Es basiert auf der Weltanschauung indigener Andenvölker der Region. Grob fassen lässt sich die Idee, die hinter „Buen vivir“ steckt, mit dem deutschen Begriff Nachhaltigkeit.

Gutes Leben soll Spaß machen

Für Teuchert und die anderen Festorganisatoren greift dieses Wort aber zu kurz: „Wenn wir das Wort Nachhaltigkeit hören, schwingt da bei vielen immer gleich mit: Ich muss auf etwas verzichten, muss mich zurückhalten.“ Wenn die Menschen in Ecuador von gutem Leben sprächen, dann meinen sie damit aber etwas, das Spaß macht, so Teuchert. Gutes Essen müsse nicht fad schmecken oder überteuert sein. Und es brauche auch niemand gleich beschließen, von nun an nie wieder mit dem Auto zu fahren oder gar nichts mehr zu kaufen. „Das Ziel ist es vielmehr, sich Zusammenhänge bewusst zu machen und ein gleichermaßen genussvolles und rücksichtsvolles Leben zu führen.“

Im Werderaner Mehrgenerationen-Wohnprojekt Uferwerk, das sich seit eineinhalb Jahren rund um das einstige Schaltgerätewerk ansiedelt, erreichen die Bewohner dieses Ziel etwa, indem sie Dinge reparieren, statt sie neu anzuschaffen. Außerdem teilen sie Konsumgüter. So gibt es einen gemeinsamen Pool an Fahrzeugen, die die Bewohner bei Bedarf nutzen, und in einem gemeinsamen Tausch- und Schenkladen kann jeder ausrangierte Kleidungsstücke, Spielzeuge oder technische Geräten deponieren, damit andere sie verwenden können. Lebensmittel bestellen die Bewohner gemeinsam beim Großhändler, um Kosten und Transportwege zu sparen. Beim Fest am Samstag wollen die Uferwerk-Bewohner auch über ihre Kooperationsmodelle informieren.

Bundesweite Initiativen vor Ort

Daneben werden auch bundesweite Initiativen wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac, das Berliner Kollektiv Fairbindung, der Deutsche Naturschutzring und der Förderverein Wachstumswende sich an Ständen präsentieren. Andreas Teuchert arbeitet hauptberuflich als Filmemacher und kann für das Fest auf vielfältige Kontakte zurückgreifen, da er sich in bisherigen Produktionen bereits häufiger mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt hat.

Da viele Beteiligte sich ehrenamtlich für das Fest engagieren, werden die Kosten am Ende mit rund 5000 Euro voraussichtlich in einem überschaubaren Rahmen bleiben, erklärt Teuchert. Eine Teilförderung erhalten die Organisatoren dabei vom Brandenburgischen Landwirtschafts- und Umweltministerium. Den Rest hoffen sie über die Einnahmen an den Ständen decken zu können. Auch dort wollen sie auf Fairness setzen: So soll es gestaffelte Preise geben, die sich nach dem Einkommen des zahlenden Festbesuchers richten.

Zu ihrem ersten „Fest zum Tag des Guten Lebens“ rechnen die Organisatoren mit rund 300 Besuchern. Ob es in den kommenden Jahren weitere Feste geben wird, sei derzeit noch nicht klar. „Das ist jetzt erstmal ein Testlauf“, sagt Teuchert. „Aber wir würden uns natürlich freuen, wenn sich das Fest in der Region etabliert.“

Mehr Infos und Programm auf www.guteslebenfest.de

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